5. Kapitel
Er wusste, es war
lächerlich, doch Neveo konnte nicht anders, er stand am Kamin, klammerte sich
mit aller Macht an Percy und weinte. Schon wieder. Dabei hatte der Rotschopf ihm
immer wieder versprochen, sogar geschworen, zurückzukommen. Er hatte es sogar
geschworen, aber er hatte Angst. Er war Niemand, zu dem man zurückkommen wollte,
das wusste er. Er war klein, hässlich, schwach und dauernd, seit er hier war,
krank. Dazu hatte es ihm das letzte Mal nach kurzer Zeit richtig weh getan,
allein zu sein und mit dieser Gefährtensache kam er auch nicht wirklich klar.
Wenn Percy zurückkam, dann doch sicher auch nur deswegen, nicht, weil er es
wollte, oder? Seit diesem ersten Mal hatte der Rotschopf ihn nicht mehr geküsst,
er war zwar immer da gewesen, hatte mit ihm gelesen, ihm einiges über den ihm
fremden Vater erzählt, darüber, dass nun die Kinder hier waren, aber mehr nicht.
Ruhig strich Percy über die
Seiten des Jüngeren, der sich mit verzweifelter Gewalt an ihn klammerte und ja,
er war versucht, das Experiment abzubrechen, doch entgegen aller Vernunft hier
zu bleiben. Aber das würde nichts helfen, es wäre ein Nachgeben in falscher
Sache. Snape, der auf solche Kinder, auf Kinder und Jungendliche mit
Misshandlungen spezialisiert war, hatte gesagt, dass es viel wichtiger war zu
zeigen, dass man die Wahrheit sagte, dass man zwar ging, aber zurückkommen
würde, nur das würde langsam wirkliches Vertrauen aufbauen. Er musste gehen,
schon um seinem verstörten Gefährten zu zeigen, dass er wirklich wieder
zurückkommen würde. „Kleiner“, sprach er ruhig, hob den Kopf des Jüngeren an.
„Neveo, ich komme zurück, ich bin nur arbeiten“, erinnerte der Rotschopf. „Ich
bin heut Nachmittag wieder da.“ Mit den Worten und auch, wenn es ihm schwer
fiel, löste er die verkrampften Finger von seinem Oberteil. „Und du bist nicht
allein, du kennst Snape, nicht wahr? Er wird mit dir etwas lernen, dich hier
rumführen, in die Bücherei oder den Garten. Du genießt jetzt einen ruhigen Tag
und ich werde mich mit dem Minister und anderen Idioten rumschlagen, ja?“, er
lächelte etwas, küsste Neveo auf die Stirn, strich dessen Tränen weg. „Bis
später…“ Damit beeilte Percy sich, in den Kamin zu verschwinden. Er wusste,
Snape würde sich um seinen Kleinen kümmern.
Das tat der auch, er trat
sofort zu den Beiden, packte P… Riddle, bevor der erneut hinter Weasley her
flüchten konnte, um die Taille, zog ihn zu sich selbst. „Ruhig“, befahl er
knapp, als der Jüngere versuchte, gegen ihn anzukämpfen, um dem Rotschopf zu
folgen. „Er hat gesagt, er kommt zurück. Du wirst hier bleiben, junger Mann“,
sprach er, den Kleinen bewusst duzend, um eine Hemmschwelle zu beseitigen, die
auch in der Schule immer zwischen ihnen gestanden hatte.
Hilflos streckte Neveo die
Hände in Richtung Kamin aus, doch die dünnen Finger um seine Mitte
hielten ihn effektiv zurück. Percy war weg und er war hier, gefangen im
menschlichen Körper, in dem er kaum mehr als eine Last sehen konnte. Er wollte
nichts weiter, als in seinen Leopardenkörper flüchten, doch er konnte nicht, er
war schon vom Betteln erschöpft, er hatte den gesamten Morgen eine Stunde lang,
versucht, Percy die Erlaubnis abzuringen, bei ihm bleiben zu dürfen. Erfolglos
offensichtlich. Er war abgeschoben worden, ausgerechnet zu Snape.
Kurz massierte Severus sich
das Nasenbein, sich fragend, warum Tom zum Henker diesen Job ihm aufgedrückt
hatte, denn auch, dass er den Jungen kannte, machte überhaupt keinen
Unterschied. Er war nicht, wen der Kleine wollte, er wusste, auch, wenn der
Bengel zuckte und zitterte, er wollte dessen Nähe sicher lieber als die seines
verhassten Tränkeprofessors. Aber Tom hatte lustigerweise panische Angst vor der
Angst des Jungen. Also blieb das Unangenehme ein Mal mehr an seiner Person
hängen.
Nach diesem Anfall von
Selbstmitleid packte Severus den immer noch geschwächten Jungen, hob ihn hoch
und setzte ihn auf den Sessel, der dem Kamin am nächsten war. „Beruhige dich!“,
befahl er knapp, wartete, bis der Sohn seines Geliebten tatsächlich wieder etwas
stiller wurde, ihn nun mit verquollenen, rot verweinten Augen ansah. Er nahm ein
Tuch aus seiner Tasche, gab es dem Jungen, der auf eigenen Wunsch hin so genannt
wurde, wie er von seinem Gefährten im weitesten Sinne getauft worden war. „Er
kommt wieder“, erklärte er erneut knapp. „Nicht Jeder lügt.“ Ein einziger Blick
zeigte auch, dass er das Lernen wohl getrost vergessen konnte, im Moment war
Neveo kaum mehr als ein fremdelndes Kind, das sich bei jedem Geräusch nach der
aus den Augen verlorenen Mutter umsah. „Was machst du gern?“, fragte er
schließlich. Lernen war nun ein illusorisches Unternehmen. Er konnte froh sein,
wenn er den ehemaligen Potter überhaupt dazu bekommen würde, was Anderes zu tun,
als wartend in die Flammen zu starren.
Neveo wollte nur, dass der
Andere zurückkam, er wollte sich losreißen, aber er war nun mal zu schwach, er
konnte sich nicht wehren, als der Tränkemeister ihn hochhob, ihn auf den Sessel
setzte, den normalerweise immer Percy in Beschlag nahm, abends. Früher hatte er
dann zu dessen Füßen gelegen, in letzter Zeit hatte er dann auf dessen Schoß
oder an dessen Beinen gesessen und gelesen. Oder eben in die Flammen gestarrt.
Er wollte nichts tun, sich nicht unterhalten, nur, dass Percy zurückkam.
„Junge!“, sprach Severus,
nun etwas lauter. „Ich will wissen, was du gern tust, entweder du sagst es mir
oder ich bestimme, was wir tun. Trankzutaten zubereiten“, begann er aufzuzählen.
„Kessel schrubben, Ställe ausmisten…“
„Ich…! Backen“, flüsterte
Neveo schließlich. Er wusste, das klang lächerlich aber das war neben Kochen das
Einzige von seinen Aufgaben gewesen, die ihm Spaß gemacht hatten. Er hatte den
Geruch der Zutaten geliebt, wie das Gebäck dann im Ofen aufgegangen war. Und er
wusste, das was er gemacht hatte, musste gut gewesen sein, denn sein Onkel hatte
ihn oft nächtelang backen lassen, um zu Weihnachten Kekse oder zu Ostern Lämmer
mit zur Arbeit zu nehmen, um sie da zu verteilen. Nicht zu vergessen, dass es
eine der wenigen Gelegenheiten gewesen war, heimlich etwas zu naschen, ohne
erwischt zu werden, wenn seine Tante nicht gerade die gesamte Zeit hinter ihm
gestanden hatte. Denn ganz ehrlich, das Letzte, was er jetzt ertragen würde, war
der Geruch nach irgendwelchen Gedärmen, die er ausspülen musste, damit dann eine
Trankzutat daraus wurde. Das hatte er mehr als ein Mal tun müssen.
„Backen?“, fragte Severus
verwirrt. Er hatte mit so was wie Fliegen gerechnet. Oder mit dummen Spielen,
von denen er sogar einige vorbereitet hatte, die ihm Lucius gegeben hatte. Nie,
niemals im Leben hätte er mit so was gerechnet. „Ist das dein Ernst?“ Der Junge,
der nicht einen Trank hin bekam, ohne ihn vollkommen zu vermasseln, was noch
seltsamer war, bedachte man, wie begabt Tom und angeblich auch dessen Frau in
diesem Fach gewesen waren, wollte backen?
Neveo starrte auf den
Tränkemeister, nickte. Was hatte der Mann erwartet, das er sagen würde? Er
versuchte, sich selbst in den Griff zu bekommen, aufzuhören, zu schluchzen, doch
es fiel ihm schwer. Immer wieder benutzte er das Stofftaschentuch, um die nassen
Spuren seiner jämmerlichen Schwäche verschwinden zu lassen.
„Dann eben backen“,
murmelte Severus, der für die Küche nur wenig übrig hatte. Oh, er aß gern, er
war sogar sehr pingelig, wie Tom immer wieder sagte, ihn aufzog, weil er dem
Essen der Elfen nur wenig abgewinnen konnte, doch auch wenn er eine Art
Tränkegenie war, das Kochen und Backen war nicht seine Sache. Seine Gerichte
schmeckten nie, wie sie es eigentlich, laut der Zutatenzusammenstellung,
sollten. Ja, selbst die Hauselfen waren leider besser als er. „Komm, ich zeige
dir die Küche.“
Ohne Widerstand ließ Neveo
sich an der Hand nehmen, wie ein Kind und sich durch die Gänge führen, in denen
er sich noch immer nicht auskannte, froh, dass Niemand ihn sah, weil er sich
noch immer nicht ganz im Griff hatte, immer wieder entkamen ihm Tränen, wenn er
daran dachte, dass Percy weg war.
Rasch lief Severus durch
die Gänge, er wollte den Jungen erst mal einfach nur beschäftigen, damit der die
Heulerei aufhörte, die einfach lächerlich war und wegen der er ihn eigentlich
anschreien würde, würde er nicht wissen, wie viel der Sohn seines Geliebten
durchgemacht hatte. Nun, es war kaum zu glauben, dass der Kleine, den er an der
Hand führte, wie einen Dreijährigen, tatsächlich fünfzehn und rein rechtlich
sogar schon verheiratet war. Er sah kaum aus, wie zwölf. Er konnte selbst nicht
fassen, dass er all die Zeichen nicht schon viel früher gesehen hatte, doch das
ließ sich nun auch nicht mehr ändern.
In der Küche angekommen,
stand Severus erst mal vor achtzehn vollkommen entsetzten Hauselfen, die ihr
Revier verteidigen wollten, schließlich aber doch grummelnd einen Platz mit Ofen
für den Sohn ihres Herrn frei machten und ihm das Dessert überließen, ihm
schließlich die Zutaten hinstellten, die der immer noch schwer atmende Junge
hervorhaspelte. Auch die Menge, die er anfertigen sollte, schien ihn nicht zu
schrecken und was er machen wollte, was Severus auch nicht wirklich klar, nur,
dass es sehr, sehr viel Schokolade enthalten musste. Aber wenigstens versiegten
die Tränen.
Ein wenig entsetzt war
Neveo schon, als er erfuhr, wie viele Kinder im Moment hier waren und wie viele
Personen insgesamt. Das waren so viele! Doch Muffins gingen schnell, schmeckten
erfahrungsgemäß Allen und es machte Spaß, sie zu machen, da man verschiedene
Sorten machen konnte. Mit Blaubeeren, mit Cranberries, mit weißer Schokolade und
schwarzem Teich, mit weißem Teich und schwarzer Schokolade, mit
Lebensmittelfarben gefärbt, mit Schokoüberzug und bunten Streuseln. Das war als
Kind seine Art gewesen, zu malen und er hatte es gemocht. Torten hatte er
geliebt, selbst, wenn er sie für Dudley hatte machen müssen, dann hatte er sogar
Farbe zum Schreiben bekommen und Smarties und all die anderen Sachen, die er das
ein oder andere Mal heimlich in den Mund zu schieben geschafft hatte. Aber das
Wichtigste war, dass es ihn wohl von dem Gefühl ablenken würde, allein gelassen
worden zu sein und von den Schmerzen, die nun wieder begannen, auch, wenn sie
noch nur ein unangenehmes Ziehen waren.
Stumm sah Severus zu, wie
der Junge begann, Dutzende von Eiern in einen großen Topf aufzuschlagen. Um
überhaupt wirklich da ran zu kommen, hatte er sich sogar auf einen Stuhl
gestellt, so, als wäre das nichts Ungewöhnliches. Und langsam kam ihm ein
weiterer Verdacht. Was, wenn der Junge gesagt hatte, er wollte backen, weil er
keine Ahnung hatte, wie man spielte?! Er hatte den Jungen, abgesehen von
Quiddich oder einem Kartenspiel nie spielen, sondern immer nur lernen oder
kämpfen sehen. Was, wenn er einfach nie gespielt hatte? Als sie den Jungen
geheilt hatten, hatten sie auch schwere Verbrennungen an der Hand versorgt, die
verdächtig ausgesehen hatten, wie eine Herdplatte. „Seit wann musstest du für
die Dursleys kochen?“, fragte Severus, äußerlich vollkommen ruhig. Er sah, wie
der Kleine zuckte, doch der Junge hatte sich schnell wieder im Griff, arbeitete
sich weiter durch die Palette vor sich. Er konnte nicht so dumm sein, wie er
immer tat, denn offensichtlich rechnete er gerade im Kopf durch, was er für sein
Rezept mehr brauchte, als für eine normale Menge von was auch immer.
Tatsächlich zuckte Neveo
zusammen, als er den Namen der Leute hörte, bei denen er so lange hatte leben
müssen, angeblich, weil das seine letzten und einzigen Blutsverwandten gewesen
wären. Er fragte sich nur, warum Snape das interessierte und warum der Mann ihn
auf ein Mal duzte, so anders war, zwar immer noch scharf und bestimmend, auf der
anderen aber unheimlich nett, der Tränkemeister hatte ihm ein gutes Taschentuch
aus Stoff gegeben, ihn geheilt und jetzt… ließ er ihn backen, statt ihn zu
zwingen, Frösche zu entledigen. Etwas, das er hasste. „Seit ich… mit dem Kopf
bis zum Herd gereicht hab“, gab er schließlich nach einer langen Weile zurück,
nicht merkend, wie eine einzelne Träne in die Eiermasse fiel. „Ich glaub, ich
war knapp fünf oder so, ich weiß es nicht“, fügte er schließlich an. Denn er
hatte ja auch lang nicht gewusst, dass er überhaupt einen Geburtstag hatte. Das
war ihm erst klar gewesen, als er gesagt bekommen hatte, dass sein Name eben
nicht Freak war.
Severus war froh, dass der
Junge mit dem Rücken zu ihm stand, so nicht sah, wie entsetzt er über diese
Aussage war, denn ein Kind, das mit dem Kopf bis zu den Herdschaltern reichte,
war meist etwa drei Jahre, bedachte man, wie man den Jungen hatte hungern
lassen, war er vielleicht etwas über vier gewesen. Wie konnte man ein so kleines
Kind an den Herd stellen?!
„Du musstest schon so früh
kochen?“, fragte er, noch weniger verstehend, warum der Junge gerade backen
wollte, wenn das doch Erinnerungen an seine schlimmste Zeit im Leben sein
mussten.
„War besser, als… die
Putzmittel“, antwortete Neveo, ohne es selbst zu merken, zu sehr war er damit
beschäftigt, die richtige Menge Zucker zu den Eiern zu geben. Er rieb sich
entschieden mit dem Oberarm über die Augen, wollte so die letzten Tränen
verschwinden lassen, während er an seine ersten Erinnerungen dachte. An das
Brennen der scharfen Putzmittel auf seiner Handinnenfläche, der Gestank von dem
Alkohol und seinen schmerzenden Knien, auf denen er geschrubbt hatte. Oh, auch
Kochen hatte weh getan, jedes Mal, wenn ihm der Kochlöffel oder eine Pfanne über
den Schädel geschlagen worden war, bis er bewusstlos geworden war, weil er
angeblich den Speck verbrannt oder zu hell gelassen, so gutes Essen verschwendet
habe, aber nachdem er etwa sechs geworden war, war das sehr selten geworden.
„Putzmittel?“, hakte
Severus nach, froh, dass sein Patient offensichtlich vollkommen abgelenkt war
und gar nicht merkte, was er so erzählte. Ja, er wusste, Tom hatte Befragungen
an diesen unmöglichen Leuten durchgeführt, doch er hatte nie gelesen, was da
stand, auch, weil er nie Privatsphäre so verletzen würde. Außerdem bekam er so
die wirklich interessante Sicht die des verletzten, kleinen Kindes, das immer
noch in dem zu dünnen Jugendlichen war, der gerade den Zucker mit den Eiern
verrührte.
„Haben gebrannt“, gab Neveo
zurück, ohne groß nachzudenken, während er auch die Butter, leicht angewärmt, in
seine Masse tat, anschließend Mehl rein siebte. Bei der Masse wollte er keine
Klumpen ausschlagen müssen, das war eklig. „Beim Putzen.“ Oh, er erinnerte sich
daran, wie er den Boden geschrubbt hatte, dauernd. Das hatte er ja auch immer in
den Ferien machen müssen, manchmal mit seiner eigenen Decke, die dann nass und
eklig gewesen war. Dazu war ihm von dem Geruch des Putzmittels immer schlecht
geworden. Da war die Arbeit am Herd doch viel schöner gewesen, auch, wenn es
schlimm gewesen war, zu wissen, dass er von all den Dingen, die er hatte machen
müssen, nie etwas bekommen hatte.
„Also hast du immer
geputzt“, stellte der Tränkemeister ein weiteres Mal klar, sah nur, wie der
Junge nickte, während er die riesige Menge Teig in mehrere Schüsseln goss. „Sie
haben aus dir ihre eigene, persönliche Hauselfe gemacht.“
„Hauselfen werden besser
behandelt“, gab Neveo schließlich zu. Er wusste, die in Hogwarts hatten eigene,
kleine Zimmer und richtige Betten, sie wurden nicht wirklich geschlagen und sie
wurden durchaus gelobt. Er blickte über seine Zutaten, begann dann, flüssige
Schokolade in einen der Töpfe zu gießen und zu verrühren, bis der Teig dunkel
war, dann tat er die Splitter der hellen Schokolade dazu, rührte erneut und goss
die Masse in Förmchen, die er dann in den Ofen packte. Er wusste, die Mischung
war gut gelungen, schließlich, er war nicht bei den Dursleys, erinnerte er sich,
steckte er seinen Finger in den fast leeren Topf, kratzte etwas Teig aus der
Schüssel und leckte seinen Finger dann genüsslich ab. So herrlich süß, für ihn
noch immer ein Luxus und er konnte es doch nicht verhindern, einen vorsichtigen
Blick über die Schulter zu werfen, um sich zu vergewissern, wirklich nicht
geschlagen zu werden.
Etwas, das Severus nicht
entging. Er wusste, die Probleme mit den Jungen gingen tief, sehr tief. Es
konnte lang dauern, bis er seine Vergangenheit wirklich hinter sich gelassen
haben würde und es war definitiv zu früh, ihn mit zu vielen anderen Kindern
zusammen zu bringen, die Anderen würden ihn einfach verschrecken. Was die Frage
aufwarf, wie der Kleine es geschafft hatte, in Hogwarts eine so perfekte Maske
zu halten. Selbst wenn Pomphrey und Dumbledore den Jungen gequält hatten, nicht
mal Minerva, die zwar streng aber doch recht fair war, hatte etwas mitbekommen.
Seine Kollegin arbeitete nun hier, war immer noch vollkommen schockiert über all
die Wahrheiten, die sie ja zum Teil aus dem Mund von Black und Lupin gehört
hatte.
Er fragte nicht weiter,
beobachtete einfach nur, wie der Junge, der immer noch auf dem Stuhl stand,
scheinbar wahllos Zutaten ohne Maß oder Waage zusammen warf, immer wieder
abstieg, um den Ofen zu leeren und neue Bleche rein zu schieben, während die
Ecke erfüllt war von dem köstlichen Duft, den die verschiedenfarbige Ware abgab.
Doch auch dann schien der Junge nicht zufrieden, er schmolz Schokolade, rührte
Zucker zu einer Masse zusammen, begann, einen Teil der Muffins, wie Severus nun
feststellte, noch zusätzlich zu verzieren.
Stundenlang, wie Severus
nach einem Blick auf die Uhr feststellte. Sie waren hier seit vier Stunden und
nach der ersten hatte der Junge kein Wort mehr gesprochen. Irgendwann stand
Severus auf, half beim Glasieren und Verzieren, wo nicht wirklich was schief
laufen konnte, nahm dann einen der Muffins und biss hinein, hungrig von all den
köstlichen Düften, nur um stöhnend die Augen zu schließen, während der Geschmack
auf seiner Zunge regelrecht explodierte. Das… das war…! Götter, das war…! Das
war köstlich! Das war außergewöhnlich! Das war… kein Muffin, das war ein
Gedicht! Der Teig war leicht und luftig, die Heidelbeeren in dem, den er
erwischt hatte, saftig, nicht zu süß. Das war besser, als die Köstlichkeiten in
der magischen Confisserie der kulinarischen Träume, wo er sonst immer bestellte!
Neveo wusste nicht, wie
viel Zeit vergangen war, doch schließlich war er fertig, müde und erschöpft,
außerdem tat ihm seine Brust nun doch wirklich weh, er wollte Percy zurück und
jedes Mal wenn er sich bewegte, war er kurz vorm Heulen! Doch er beherrschte
sich, blickte über den vollkommen vollgestellten Tisch, um den sich auch die
Hauselfen versammelt hatten, ungläubig, mit aufgerissenen Augen. nicht zu
vergessen Snape, der selbst mit einem Muffin in der Hand da stand und Diesen mit
so viel Genuss aß, dass es ihm fast unheimlich war.
Es dauerte eine ganze
Weile, bis Severus merkte, dass er angestarrt wurde. Er sah auf, ließ sich sogar
zu einem Lächeln hinreißen. „Das ist köstlich“, erklärte er. „Du bist ein
unglaubliches Talent. Ich würde sagen, du machst zwei Körbe fertig, den einen
bringen wir zu deinem Vater, den Anderen kannst du Weasley mitbringen, sie
werden es beide zu schätzen wissen, das ist besser, als aus jeder Konditorei.“
Er machte auch den Hauselfen ein Zeichen, die begannen, die Muffins zu sammeln,
um sie wohl, der Uhrzeit nach, auch direkt auf den Tisch zu bringen. Er nahm
zwei kleinere Körbe, gab sie dem Jungen, der brav, wie ihm gesagt wurde,
verschiedene Muffins hinein legte, ihn dann groß ansah.
„Komm“, nickte Severus,
legte dem Jüngeren die Hand in den Rücken und dirigierte ihn so aus der Küche.
„Das gibst du deinem Vater persönlich und… hiergeblieben!“, unterband er den
vollkommen sinnlosen Fluchtversuch. „Er würde sich freuen, wenn du es ihm
gibst.“
„Ich… bitte, ich…!“, Neveo
wollte nur noch weg, nicht zu dem Mann, den er so fürchtete und der ihn doch
eigentlich gar nicht wirklich mochte!
„Kleiner, er ist dein Vater
und er mag dich. Ich weiß, du hast Angst, dass es nicht so ist, aber so ist es
nun mal. Er würde Alles tun, damit du nicht mehr dauernd zurückzuckst. Er will
dich beschützen, darum war er heut Morgen selbst nicht da, dabei wollte er es,
aber er wollte auch nicht, dass du Angst hast, darum hat er mich geschickt, weil
er weiß, dass du mir, aus welchem Grund auch immer, vertraust.“
Neveo zuckte zusammen, doch
die Worte hinterließen einen gewissen Eindruck. Es stimmte. Der Mann hatte ihm
bei den Schmerzen geholfen und ihm bis jetzt nichts getan. Er ließ sich
schließlich weiter in die Richtung drängen, in die der Ältere ihn dirigierte.
Der Mann klopfte, erst zwei Mal, dann noch drei Mal in schneller Folge.
Erleichtert, dass der Junge
sich weiter schieben ließ, führte er Diesen bis zu Toms Büro, wo er schnell sein
Klopfzeichen gab, jeder General hatte sein Eigenes, damit der Lord immer gleich
wusste, ob er sich mit einem Idioten rumschlagen musste, oder ob es wirklich
wichtig war. Daher öffnete sich die Tür, er trat ein, lächelte, als der Ältere
sichtlich besorgt aufsah.
„Severus, was…?“, setzte
Tom an, der besorgt war, als er das Klopfzeichen hörte, denn immerhin war sein
Sohn bei seinem Geliebten und das noch für Stunden, warum also war er hier?
Immerhin ertrug sein Kind seine Nähe nicht, ohne panische Angstattacken zu
bekommen!
„Nichts Schlimmes“, gab
Severus sofort zurück. „Ich habe nur entdeckt, dass dein Sohn kann, wo deine
Frau und du immer kläglich versagt haben, ich denke, ich habe sein wirkliches
Talent gefunden. Doch, ich bin mir ziemlich sicher.“
„Aha?“, fragte der Lord, im
Normalfall hätte er jetzt was Zynisches gesagt, doch er sah, dass der Junge
schon wieder am Zittern war. Warum hatte Sev ihn hierher geschleppt, wenn er es
doch nicht wollte? Das machte es nur noch schwerer.
„Neveo hat was für dich“,
erklärte Severus, wissend, dass Tom von selbst nicht kommen würde, auf sein
eigenes Anraten hin. Er nahm dem Jungen einen der beiden Körbe ab, beugte sich
zu Diesem. „Dieser Mann ist dein Vater, er ist selbst fast umgekippt, um deine
Schmerzen auf sich zu nehmen, damit du nicht leiden musst, er würde Alles für
dich tun, wenn du nur ein Mal lächeln würdest, ohne Angst im Gesicht. Geh zu
ihm, gib ihm den Korb. Du willst eine Familie, einen Vater. Du hast Beides, du
musst es nur endlich zulassen.“
Neveo wollte widersprechen,
sagen, dass man ihn als Sohn sicher nicht haben wollte, so wenig wie als
Gefährten oder sonst was, doch da war eben auch dieser Wunsch, diese Hoffnung,
von Irgendwem gewollt zu werden. Er starrte auf den Mann mit den blutroten
Augen, der ihn abwartend, neugierig und offen ansah. Das war nicht der Blick,
mit dem Vernon ihn bedacht hatte, nicht die Verachtung von Petunia oder die Häme
von Dudley, es war… etwas Anderes. Er sah zu Snape, der ihm kurz zunickte, ihm
einen kleinen Stoß versetzte, so, dass er sich, ohne es bewusst zu tun, in
Bewegung setzte, die drei Schritte, bis er vor Voldemort stand. Hastig riss er
das eine Körbchen vor sich, fast wie ein Schutzschild, bevor er den Arm
ausstreckte, es dem Anderen hinhielt, der das vermutlich gar nicht wollte. Ein
dunkler Lord, der Muffins aß…?
Tom beobachtete den Jungen,
der ihm schließlich einen abgedeckten Korb unter die Nase hielt, aus dem es
verführerisch duftete. Er lächelte, nahm den Korb, hob die Serviette hoch – und
staunte. Darunter verbargen sich Muffins! Mindestens vier oder fünf verschiedene
Sorten! „Du hast gebacken?“, fragte er überrascht, nahm einen dunklen
Schokomuffin mit hellen Schokostücken darin, roch daran und konnte gar nicht
anders, als rein zu beißen! Oh…! Oh, das war der Himmel! Das… das war besser,
als die Sachen, die Sev immer anschleppte! Ja, sein Lover war nicht der Einzige
mit einem Hang zu Süßem, nur war er nicht ganz so wählerisch. „Merlin, ist das
gut“, brachte Tom schließlich heraus, sah seinen Sohn an, der ängstlich zitternd
vor ihm stand, als erwarte er Schläge statt einem ernst gemeinten Lob.
Severus grinste, trat
wieder hinter den Jungen, damit der die Gelegenheit nicht nutzen würde, um außer
Reichweite zu flüchten. „Er ist ein Genie, nicht wahr?“, fragte er, legte seine
Hand auf Neveos Schulter. „Er mag Backen“, fügte er an, runzelte aber dann die
Stirn, als er das Wasser in dessen Augen sah. „Hast du Schmerzen?“, fragt er
ruhig, was auch Toms Aufmerksamkeit vom Backwerk weg holte.
„Kleiner?“, fragte nun auch
Tom, hob seine Hand, er sah das Zucken, doch dieses Mal ließ er sich nicht
abhalten. Er war froh über seine Abstammung aus der direkten Linie von
Slytherin, die es ihm ermöglichte, das ganz einfach festzustellen, legte sie
schließlich auf die bleiche Wange. Was er merkte, war, wie kalt sein Sohn sich
anfühlte und außerdem war da noch mehr, er begann, ein starkes, sehr
unangenehmes Ziehen im Brustkorb zu spüren, eines, das nach einigen Stunden
sicher höllisch weh tun würde. Er sah auch, wie sein Sohn sich unter seiner
Berührung etwas entspannte, aber auch, wie er zu weinen begann, ohne ein Wort,
die Tränen begannen einfach zu rollen, als wäre er mit einer einfachen Geste der
Zuneigung überfordert.
Rasch hob Tom seinen Sohn
hoch, brachte ihn zum Sofa und legte ihn auf die weichen Polster, setzte sich an
den Rand, tupfte mit einem Taschentuch die Tränen weg, achtete darauf, den
Jungen weiterhin zu berühren, um dessen Schmerzen zu mindern, die nun auch für
ihn recht ungemütlich wurden. Sicher, nicht zu vergleichen mit der Heilung als
man dem Kind alle Knochen hatte brechen müssen, aber es war nicht sehr angenehm.
Neveo verstand nicht, der
Lord berührte ihn, fasste ihn an, hob ihn irgendwann hoch. Er spürte, wie kaputt
er war, seine Brust tat ihm weh und er vermisste Percy! Irgendwann ließen seine
Schmerzen nach, doch ihm war immer noch so kalt, daran änderte nicht mal die
Decke mit dem Wärmezauber etwas. Doch irgendwann nahm seine Erschöpfung
Überhand, er schlief einfach ein.
„Er hat Schmerzen, er muss
sie schon seit einer Weile haben, im gesamten Brustbereich und er fühlt sich
sehr, sehr kalt an“, stellte Tom leise fest, er besprach eine Decke mit einem
Wärmezauber, legte sie über die Erste, doch er konnte sich schon denken, dass
das nichts ändern würde.
„Und was meinst du, ist die
Ursache?“, fragte Severus ruhig, allein der Tonfall seines Geliebten sagte ihm,
dass der etwas vermutete. Der Tränkemeister stellte den zweiten Muffinkorb neben
das Sofa. Er hatte von den Schmerzen nicht mal was gemerkt, gedacht, die Tränen
waren nur wegen der Trennung, aber scheinbar war es doch mehr.
„Die Trennung, ich denke,
es ist zu früh für meinen Sohn und Percy, wirklich getrennt zu sein, zumindest
für einen ganzen Arbeitstag, dazu noch seine Angst, dass Leute nicht
zurückkommen oder ihn nicht mögen“, erklärte Tom. „Vielleicht hat mein Sohn
seinen Gefährten einfach viel zu früh gefunden.“ Sicher, er hatte seine Mirèe
noch eher gefunden, doch sie hatten auch nicht lang gewartet, um die Bindung zu
vollenden, was hier definitiv noch nicht geschehen war. Außerdem hatte er seine
Geliebte damals sofort zu sich genommen, sie waren jahrelang gar nicht getrennt
gewesen. „Was, wenn ihm diese
Trennung wirklich körperliche Schmerzen zufügt?“, fragte er seinen Geliebten.
„Was tun wir dann? Er ist zu schwach, um an Morphen in den nächsten Wochen auch
nur zu denken und Percy kann ihn auch nicht mit ins Ministerium nehmen! Das wäre
viel zu gefährlich!“
Severus seufzte leise,
blickte auf den immer mal wieder zusammenzuckenden Jungen. Das war wirklich ein
Problem. „Kann Weasley erst mal halbtags arbeiten?“, fragte er. „Einen halben
Tag, also etwa bis jetzt, könnte Neveo durchhalten, vielleicht wird es besser,
wenn er selbst wieder stärker wird und wenn er anfängt, zu glauben, dass man zu
ihm zurückkommt. Wir könnten mit Weasley absprechen, dass er einfach jeden Tag
um die zehn Minuten später zurückkommt, bis wir bei einer normalen Zeit
angekommen sind.“ Sicher, er war dagegen, nachzugeben, aber das hier war wohl
was Anderes, denn er sah, wie auch Toms Gesicht sich regelmäßig verzog, jedes
Mal, wenn er den Jungen, der sehr unruhig schlief, wieder berührte. „Soll ich
ihn rufen?“
Tom nickte. „Tu das“, bat
er, blickte dann zu seinem Sohn, der ihm tatsächlich Muffins gebracht hatte.
Hervorragende Muffins. Es tat ihm so weh zu wissen, wie der Kleine so ein guter
Bäcker geworden war, doch er konnte nicht leugnen, dass sein Sohn ein Genie am
Herd sein musste. Er berührte den jungen Prinzen erneut, strich über dessen
Wange und zwang sich, tief durchzuatmen, als der unangenehme Schmerz ihn erneut
überrollte. Vielleicht sollte er doch noch mal einige Bücher durchsuchen, aber
das, was Sev vorgeschlagen hatte, klang wirklich vernünftig.
Gerade, als er eine weitere
Strähne aus dem schmalen Gesicht gewischt hatte, sah er eine weitere Hand, die
sich auf die Schulter seines Sohnes legte, sah auf. „Das ist schnell gegangen“,
stellte Tom überrascht fest. „Kann es sein, dass du auf einen Ruf gewartet hast,
mein General?“, fragte er.
Percy zuckte mit der
Schulter, er setzte sich, sah, wie Neveo sich sofort an ihn kuschelte. „Ich habe
gefürchtet, dass er sich nicht beruhigt“, gab der Rotschopf zu, er hatte sogar
schon mit Fudge gesprochen, der ja auch zum inneren Zirkel gehörte. Der hatte
daher nichts gesagt, als er nach seinem Arm gegriffen hatte und einfach
verschwunden war. Und ganz ehrlich – Percy hatte schon eher damit gerechnet,
zurückgerufen zu werden. „Was ist passiert?“, fragte er schließlich, fuhr die
Tränenspur auf der kalten Haut nach.
„Er hat versucht, sich
abzulenken“, erklärte schließlich Severus. „Und er hatte sich beruhigt, aber
jetzt hat er Schmerzen und er ist wohl auch immer kälter geworden“, erklärte der
Tränkemeister.
„Ich denke, das war eine
Reaktion darauf, dass du nicht da warst, mein General“, fügte Tom ruhig an. Oh,
er war noch immer nicht begeistert, sein kostbares, so lang verlorenes Kind im
Grunde gleich weiter geben zu müssen, doch er wusste auch, dass Percys Zuneigung
ehrlich war. „Ich fürchte, vorerst kannst du wohl nur halbtags arbeiten, danach
werden seine Schmerzen wirklich heftig. Severus hat vorgeschlagen, jeden Tag
zehn Minuten länger weg zu bleiben, um Neveo an die Trennung zu gewöhnen.“ Er
würde sicher nicht vorschlagen, eine Bindung zu vollenden, er wusste nicht, ob
sein Sohn dazu schon bereit war. Der Junge war nicht wie er selbst.
Percy runzelte die Stirn,
er würde tun was immer notwendig war, um den Kleinen vor Schmerzen zu bewahren
und einen halben Tag arbeiten würde sicher auch helfen, es war besser, als gar
nicht zu erscheinen. Er beugte sich zu seinem Geführten, küsste ihn auf die
Stirn und beobachtete, wie der die Augen schließlich ein Stück weit öffnete,
nicht weit, aber etwas, bevor sie ganz aufgerissen wurden. „He, mein Kleiner“,
sprach er leise, lächelte, als er den verwirrten Blick sah, sammelte den Jungen
in seine Arme.
„Percy!“, rief Neveo,
starrte auf den Älteren, er konnte nicht glauben, dass der Andere da war. „Ist…
ist es Abend?“ Warum fühlte er sich dann, als habe er nicht geschlafen?! Nun,
zumindest tat seine Brust nicht mehr weh und nun, wo er auf den Schoß des
Älteren gehoben wurde, wurde ihm auch wieder warm, selbst ohne die Decke.
„Nein“, gab Percy zurück.
„Es ist Mittag. Ich bin etwas eher heim gekommen, weil ich gehört hab, dass es
dir nicht gut geht. Ich sehe, du hast mit deinem Vater gesprochen?“
Kurz huschte Neveos Blick
zu dem Mann, der hinter Percy stand, Voldemort lächelte ihn sogar an, dann
nickte er. Nun, er hatte nicht gesprochen, aber er war da gewesen und
offensichtlich lebte er noch.
„Na dann… und was hast du
gemacht?“, fragte der Rotschopf, strich über Neveos Seite. „Hier riecht es echt
gut. Hat Snape wieder ne neue Confisserie gefunden?“
„Äh, nein“, lachte Tom,
griff wieder zu seinem angebissenen Muffin, gab auch Severus ein Stück. „Das,
mein General, hat mein Sohn gebacken und der Korb, der da steht, ist wohl dein
Anteil, denn meiner steht am Schreibtisch.“
Überrascht sah Percy zu dem
Jungen in seinen Armen, hob dann die Servierte an und musterte die Gebäckstücke.
Er nahm eines, brach ein Stück ab und steckte es in den Mund, lachte dann. „Und
Molly Weasley behauptet, die Beste zu sein! Pah! Das hier… das ist viel
besser!“, es schmeckte nicht halb so fett, wie das Zeug, das die Frau, die ihn
zur Welt gebracht hatte, immer auf den Tisch brachte. Es war besser.
„Selbst Severus fand es
hervorragend und… he! Das ist meiner!“
„Gewesen“, gab Severus nur
zurück, aß genüsslich auch diesen Muffin auf. Tom hatte seine Gelegenheit gehabt
und sie nicht genutzt. Nun war er am Zug.
Gut, hätte Percy noch
Zweifel an den Gerüchten gehabt, nun waren sie verloschen. Die hatten so was von
was miteinander! Sonst hätte der Tränkemeister diesen Stunt im Leben nicht
überlebt! Aber erst mal hatte er was Anderes zu tun, sein Kleiner musste wieder
warm werden und gegessen hatte er sicher auch noch nichts.
Unruhig stand Draco vor
seinem Lord, den Blick gesenkt, froh, dass nicht nur sein Vater hinter ihm
stand, sondern dass auch Onkel Sev und seine Tante Bella da waren. Es war für
ihn das erste Mal in Gegenwart des so mächtigen und einflussreichen Mannes zu
stehen, nur zu bald der uneingeschränkte Herrscher der magischen Welt sein
würde, die sich durch ihren Versuch der Demokratie fast selbst kaputt gemacht
hatte. Die meisten Zauberer waren noch viel zu rückständig, um mit so einer
Freiheit sinnvoll umgehen zu können, da war die eingeschränkte Monarchie, auf
die ihr Lord aufbauen wollte, einfach die beste Lösung, ein Weg, ihre Welt
wieder zu einen.
Gelassen musterte Tom den
vor ihm stehenden Jungen, den er selbst zu einem der neuen, engen Gefährten um
seinen Sohn bestimmen wollte. Nun, vorübergehend und nur, wenn der Kleine es
dann wirklich wollte, es war am Ende dessen eigene Entscheidung, er wollte
seinem kleinen Prinzen nur zeigen, dass er Freunde finden konnte. Draco war eine
natürliche Wahl, als Sohn seines eigenen Vertrauten.
Der junge Mann hatte sich
von seinen Verletzungen gut erholt, er war elegant blass, ohne krank zu wirken,
trug einfache, gute Kleidung und war ein ganzes Stück größer, als Neveo selbst.
Draco konnte, zusammen mit den Zwillingen, die inzwischen auch an ihn persönlich
heran getreten waren, so etwas wie die Leibwächter des Jungen werden, der die
Gewalt so verabscheute und sich immer wenn Percy gerade nicht da war, in der
Küche verschanzte.
Etwas, das inzwischen
lustige Auswüchse annahm, schon seit zwei Wochen, seit die Muffins auf dem Tisch
aufgetaucht waren, versuchten seine Getreuen des inneren Kreises
herauszubekommen, woher er die Köstlichkeiten bezog, die Kuchen, Torten und
Kekse, die sie seither gekostet hatten. Der Fudge, das Buttergebäck. Doch er
schwieg. Es war Neveos Sache, das zu sagen oder mehr aus seinem unglaublichen
Talent zu machen. Er würde sich nicht einmischen, war schon froh über die
Entwicklung, die sein Sohn seit diesen vierzehn Tagen gemacht hatte.
Immer, wenn Percy ging,
holte Severus seinen Sohn ab, brachte ihn in die Küche, wo er mal mehr und mal
weniger buk, in der Zeit schien er sogar über das zu reden, was die Dursleys mit
ihm gemacht hatten, was ihn mitnahm, anschließend wurden ihm die Ergebnisse
präsentiert und Neveo begann endlich, auf seine Fragen auch zu antworten, er
zuckte noch immer, wenn Tom sich zu schnell bewegte, aber er zitterte nicht mehr
unentwegt.
Das einzige Problem war,
dass das mit Percys Abwesenheit nicht besser wurde, die Schmerzen kamen immer,
laut seines Geliebten, begannen sie wohl etwa drei Stunden nach der Trennung und
wurden dann schlimmer, spätestens gegen zwei Uhr nachmittags musste sein roter
General dann wieder da sein, sonst begann sein Sohn wirklich zu weinen und er
war dann schon eiskalt. Er wusste nicht, warum es so war, Sev meinte, es war
trotzdem noch Angst und seine Vergangenheit, Tom ging davon aus, dass es mehr
war, der Bund, der geschlossen werden wollte, aber es war sinnlos, Jemanden zu
Sex zu drängen. Noch schienen ja schon richtige Küsse eher eine Ausnahme zu
sein.
Egal, Tom zwang seine
Blicke zurück zu Malfoy Junior. Sie hatten Neveo noch etwas Zeit geben wollen,
Zauber konnte der Junge auch noch nicht nutzen, seine Magie hatte sich kaum auf
ein Fünftel hoch erholt, doch er konnte nicht nur backen, er musste auch etwas
lernen und heute sollte der Unterricht in Theorie beginnen. Vorerst zwei Stunden
vormittags und zwei mit Percy am Nachmittag. „Junger Draco, es freuet mich, dich
das erste Mal persönlich zu sehen.“
„Die Ehre ist ganz
meinerseits“, gab Draco zurück, froh, nach einer auffällig langen Musterung
endlich angesprochen worden zu sein. Er war sich langsam dumm vorgekommen.
Amüsiert betrachtete Tom
den Jungen, doch dann riss er sich zusammen. „Du weißt, was für eine Aufgabe dir
hier anvertraut wird?“, fragte er, nun sehr geschäftsmäßig. Hier ging es um das
Leben seines Sohnes und es gab kaum etwas Kostbareres für ihn. Nun, Sev konnte
sich zumindest selbst verteidigen.
„Ja, mein Lord“, entgegnete
Draco. „Ich werde Alles tun, um dem gerecht zu werden und den Prinzen zu
schützen. Ihm ein guter Freund und Vertrauter sein, wie mein Vater es für Euch
ist.“
„Das bleibt abzuwarten“,
gab Tom ruhig zurück. „Es wäre auf jeden Fall wünschenswert.“ Er sah zu Lucius,
dann nickte er. „Ihr habt heute eine Stunde Unterricht, erst bei Severus, dann
bei deinem Vater, anschließend wird mein Sohn vermutlich in die Küche wollen, er
mag nicht mit den anderen Kindern essen, er hat hier nur zwei Freunde, die du
nicht zu beleidigen hast. Er hat genug durch gemacht, er hat nur vier Leute,
denen er traut. Ich wünsche, dass es mehr werden. Du wirst die Anderen
vermutlich nachher beim Essen kennenlernen, mein Sohn isst bei mir und mit dem
inneren Kreis, du wirst ihn um ein Uhr im kleinen Esszimmer abliefern.“ Denn
dann war auch die Grenze dessen erreicht, was sein Kind ertrug. Er aß auch nur,
wenn Percy da war, weil ihm sonst schlecht wurde. Ja, am ersten Tag hatten sie
den Mann um elf Uhr dreißig zurückholen müssen und auch jetzt, nach zwei Wochen,
hatten sie es nicht geschafft, die Zeit weiter als etwa ein Uhr auszudehnen.
„Gut“, nickte Tom knapp,
sah zu Severus. „Dann würde ich sagen, beginnen wir den Tag. Bella, Lucius,
Barty. Ihr bleibt. Severus, ich wünsche viel Spaß.“
Draco wusste, er war
entlassen worden, sein Onkel dirigierte ihn aus dem Arbeitszimmer, die Gänge
entlang. „Onkel Sev…“
„Ja?“, fragte Severus
knapp.
„Wie… ist der Prinz so?“,
fragte Draco.
„Anders, als du es denkst.
Vergiss nicht, er hat viel hinter sich und ich weiß, du magst seine Freunde
nicht, aber du wirst dich zurückhalten – ich tue es auch.“
Autsch, das klang nicht
gut. Das wurde Draco sofort klar. „Meinst du, er mag mich überhaupt?“, immerhin
hatte er seinem Vater und seinem Lord versprochen, dem Jungen ein Freund zu
sein!
„Er ist schüchtern, er hat
selbst Angst vor dir, würde ich mal denken, er ist sich seiner Macht nicht
bewusst. Sei nett zu ihm und er wird freundlich zu dir sein. Ich muss dir wohl
nicht sagen, was das für eine Gelegenheit ist.“ Auch, wenn Severus es nie
zugeben würde, er wollte nach den letzten Wochen, wo er den Jungen betreut und
ihm zugehört hatte, nicht, dass er verletzt wurde. Weder von Tom noch von Percy
oder einem Anderen. Der Kleine hatte mehr als genug mitgemacht. Und ich
persönlich werde dich verantwortlich machen, wenn du ihm weh tust.“
„Das habe ich sicher nicht
vor.“
„Gut“, gab Severus zurück,
lief schnell zu einer Tür in einem ganz anderen Flügel, klopfte zwei Mal knapp.
„Ich hole den Prinzen, du wartest hier.“ Er bezweifelte, dass sein Schützling
wollte, dass Draco seinen allmorgendlichen Zusammenbruch mitbekommen würde.
Wie jeden Morgen zuckte
Neveo zusammen, als er das Klopfen hörte, er wusste nur zu gut, was das
bedeutete, sah zu Percy, immer in der Hoffnung, dass Dieser vielleicht doch
nicht gehen würde. Er hasste es, jeden Morgen flossen erneut Tränen, ob er es
wollte oder nicht. Er wusste, Percy würde wirklich zurückkommen, doch es tat
einfach weh! Natürlich, Snape lenkte ihn ab, er durfte eigentlich meist tun, was
immer er wollte, na ja, heut sollte er lernen, aber Alle waren erschreckend nett
zu ihm. „Ich…“
„Oh, Kleiner“, seufzte
Percy, den dieser morgendliche Kraftakt auch mitnahm. Er strich über die Wange
seines Gefährten. „Du weißt, dass ich gehen muss…“ Er arbeitete im Moment auch
an Wochenenden, da er ja immer nur einen halben Tag da war. „Es ist für deinen
Dad“, erinnerte er seinen Kleinen, lächelte.
Neveo sah den Anderen an,
während seine Lippen zu zittern begannen. Er wusste, Snape würde rein kommen,
doch er klammerte sich an Percy. „Ich mag nicht, wenn du gehst…“
„Ich weiß“, seufzte Percy,
der wusste, dass sie eine andere Lösung finden mussten, eine, die den Jungen
nicht so mitnehmen würde. Er umarmte Diesen, hob dessen Kopf, lächelte und
streifte mit seinen Lippen die des Kleinen, genoss das kurze Kribbeln. Doch dann
trat er zurück, während Snape, wie immer in den letzten Tagen, seinen Gefährten
zu sich zog, so, dass der sich nicht an ihn klammern würde. Er hatte sich
angewöhnt, schnell zu verschwinden. Es war leichter für sie beide.
Neveo wollte nicht, dass
Percy ging, er versuchte, wie immer, einen Schritt hinterher zu gehen, doch er
merkte, wie der Arm des Tränkemeisters ihn festhielt. Sofort schossen ihm wieder
die Tränen in die Augen, er wusste, es war albern, doch es tat weh, richtig weh
in der Brust, jeden Morgen wieder!
„Ruhig“, sprach Severus
leise auf den Jungen ein, hielt ihn, spürte, wie der Sohn seines Geliebten, wie
jeden Morgen, heftig zuckte, während Weasley durch die Flammen ging. Inzwischen
wusste er, dass es vermutlich körperliche Schmerzen waren, die dazu führten,
doch sie wurden meist nach etwa fünf Minuten besser. Er brachte Neveo zum
Sessel, setzte ihn hinein und wartete. Er wischte die Tränen weg, seufzte etwas.
„Ich habe Draco mitgebracht“, kündigte er an, was er schon seit Tagen immer
wieder erwähnt hatte.
Neveo zuckte nur noch
weiter zusammen. Er wollte nicht! Nicht so gesehen werden, so schwach. Nicht von
Jemandem, der ohnehin nichts wusste und den er sonst immer nur aus der Ferne
gesehen hatte, abgesehen von dem ein oder anderen Zusammenstoß in Hogwarts. Er
sollte heut auch lernen, doch er wusste nicht, wie das gehen sollte. Bisher
hatte er die Abwesenheit des Rotschopfes immer überstanden, indem er sich durch
Backen abgelenkt hatte, da er sich immer konzentrieren musste, aber beim Lernen
war das anders, vor Allem, da er nun zeigen sollte, was er wirklich konnte,
warum auch immer Snape gemerkt hatte, dass er seine Durchschnittlichkeit in der
Schule gespielt haben musste. Der Unterricht war keine Herausforderung, lenkte
sicher nicht von den Schmerzen ab, vor Allem, da er weder einen Zauberstab
hatte, noch Magie einsetzen durfte. Warum erholte sich seine Magie nur so
langsam? Würde das schneller gehen, könnte er, wie zu Beginn, mit Percy
mitgehen! Warum gönnte sein eigener Körper ihm das nicht?! Ja, mehr als ein Mal
hätte er am liebsten einfach so gemorpht, doch allein die Vorstellung an den
enttäuschten Blick des Rotschopfes hielt ihn immer wieder davon ab.
Severus beobachtete die
Gefühle, die über das gequälte Gesicht huschten. Er seufzte etwas, doch er ließ
dem Jungen etwas Zeit, bevor er Diesen an der Schulter nahm. „Komm“, bat er.
„Wir werden uns erst mal mit einigen Ritualen beschäftigen, danach wird Lucius
euch übernehmen.“
Unwillig stand Neveo auf,
kämpfte gegen den Schmerz an. Er ließ sich vor die Tür führen, blieb dann aber
erst mal stehen.
„Guten Morgen, Prinz“,
brachte Draco seinen einstudierten Satz heraus, bevor er den Jungen musterte –
und sich erst mal fragte, wie dieser vollkommen fertig wirkende Junge ihn hatte
retten können. Ja, man sah ihm die Folter an. Deutlich. Er wirkte, als habe er
gerade geweint.
Neveo wollte antworten,
sagen, dass er nicht Prinz genannt werden wollte, wo sein Vater doch kaum mit
ihm sprach und er Diesen meist nur ein Mal am Tag beim Mittagessen sah, doch er
brachte, wie so oft wenn er vor Fremden stand oder vor Leuten, deren Reaktion er
fürchtete, kein Wort heraus, es war, wie jeden Tag, wenn er versuchte, seinem
Vater beim ersten Anlauf auf eine Frage zu antworten. Also nickte er
schließlich, weil es wohl unhöflich war, gar nicht zu reagieren, sah bettelnd zu
Snape. Und der reagierte.
„Kommt Jungs“, rettete
Severus den Jungen, der mal wieder keine Worte fand, führte Beide erst mal in
einen bequemen, hellen Raum, in dem es eine Tafel und viel Licht gab. Tom hatte
ihn extra für seinen Sohn eingerichtet. „Setzt euch.“
Neveo tat wie ihm geheißen,
zwang sich, so ruhig wie möglich zu atmen. Es tat weh. Es tat richtig weh. Mehr
als sonst, wenn er sich mit Backen ablenken konnte. Auch die Tatsache, dass er
den Stoff schon kannte, selbst heimlich nachts gelernt hatte, wenn er wieder
nicht hatte schlafen können, machte es nicht leichter. Es lenkte ihn gar nicht
ab! Dazu noch Dracos dauernde Seitenblicke auf ihn, die voller… Besorgnis…?...
zu sein schienen. Sah er wirklich so beschissen aus, wie er sich gerade fühlte?
Er merkte, wie die Hand, die nach der Feder griff, zitterte.
„Onkel Sev“, merkte Draco
irgendwann an, er hörte nur mit einem Ohr zu, für ihn war das nur Wiederholung,
er hatte Runik im Gegensatz zu dem Anderen immer belegt gehabt, da die
Runenkunde für Blutmagie nun mal nötig war. Also hatte er die Zeit genutzt, den
anderen Jungen zu beobachten, der fast die gesamte Zeit zu zittern schien.
Warum? Wegen ihm? Nein, das glaubte er nicht, immerhin verbrachte der Prinz die
Zeit damit, ihn zu ignorieren oder so ähnlich. Er sah einfach schrecklich aus,
es schien ihm nicht gut zu gehen.
Aus dem Konzept gebracht
sah Severus auf – und runzelte die Stirn. Er hob seinen Zauberstab, sprach
schnell mehrere Zauber und stockte. Kein Wunder, dass die Magie des Jungen sich
nur so schlecht aufbaute! Gerade jetzt spielte sein magischer Kern praktisch
verrückt! Neveo war bleich, jetzt schon so kalt, wie sonst erst gegen ein Uhr
mittags. Warum? Was war heut anders, als sonst? Er nickte Draco zu, machte ihm
ein Zeichen, aufzustehen, ging zu Neveo. „Hast du Schmerzen?“, fragte er den
Kleinen, hob dessen Kinn an und wusste die Antwort, als er die Tränen in den
blauen Augen schimmern sah. Nein, so hatte das keinen Sinn. „Draco, lauf zu
Lucius und sag ihm, er soll Weasley hierher holen, er weiß dann bescheid!“ Dann
hob er den Jüngeren, der sich nicht bewegte, auf die Arme, brachte ihn zu Tom,
der ihn sehr irritiert ansah, weil er einfach rein gegangen war, wo er noch
mitten in einer Besprechung war – die genauso schnell ihr Ende fand, als er
dessen Sohn auf das Sofa legte.
„Raus! Alle außer Zaibni
raus“, befahl Tom kalt, als ihm klar wurde, warum er, kaum, dass die Besprechung
begonnen hatte, gestört wurde. Dabei hatte er klären wollen, wie sie nun
vorgehen sollten, wer wann vorschlagen sollte, das vor zweihundert Jahren
abgeschaffte Königtum als eingeschränkte Monarchie wieder einzusetzen, da es
nach dessen Abschaffung nur Probleme gegeben hatte.
Die Leute setzten sich
sehr, sehr schnell in Bewegung, schon, um ihm Platz zu machen, als er hinter
seinem Schreibtisch zum Sofa vor stürzte, die Hand seines Jungen nahm und von
einer Welle von Schmerzen überspült wurde. „Severus, was…?“
„Ich habe keine Ahnung, es
war wie immer, bis vor zehn Minuten. Er hat zu zittern begonnen und
offensichtlich Schmerzen gehabt. Na ja, er hat schon vorher weniger reagiert“,
fasste Severus nach einem kurzen Moment zusammen. „So, als hätte es ihn heut
noch mehr mitgenommen, als sonst, als Weasley gegangen ist. Draco weiß gar
nicht, was ihn getroffen hat.“
Tom schüttelte genervt den
Kopf. „Das kann doch so nicht weitergehen!“
„Du wolltest nachsehen, ob
du eine Erklärung findest, in den Parselbüchern aus der Bibliothek der Ahnen“,
konterte Severus, nicht minder angefressen, während er besorgt beobachtete, wie
die Magie fluktuierte.
„Ich hatte…. Ich…!“,
verdammt! Tom hatte das schlicht vergessen! Er hatte so viel Anderes zu Tun
gehabt, aber das zu sagen, schien ihm einfach falsch. „Ich habe es einfach
vergessen“, gab er schließlich zu.
Severus beschloss, sich
jeden Kommentars vorerst zu enthalten, er deckte den Jungen zu, sah dann zu
Zaibini. Ausgerechnet heute, wo Weasley noch erwähnt hatte, dass er heute wegen
einiger Belange des Ministers schwer zu erreichen sein würde. Lucius würde seine
helle Freude hab…. Was? Er starrte auf das blonde Mädchen, das auf ein Mal
einfach im Raum stand. Lovegood, Ravenclaw, die neue Hellseherin des dunklen
Ordens, wenn ihr gerade mal so danach war, definitiv eine Freundin von Neveo.
„Was…!?“
Luna sagte nichts, sie ging
an den Anderen vorbei, direkt auf den Lord zu, gab ihm ein dickes Buch, das sie
am Morgen geholt hatte. Sie hatte eigentlich nur die Nase davon voll gehabt,
dass man ihren Freund dauernd so quälte, statt Diesem die Nähe zu lassen, die er
brauchte, doch dass sie ihn so fand, hatte sie auch nicht erwartet. „Lord“,
sprach sie ruhig. „Die Antwort, die Ihr dringend zu brauchen scheint.“
Tom wollte das Mädchen erst
mal rauswerfen und die Idioten bestrafen, die sie überhaupt rein gelassen
hatten, doch dann packte er das Buch und stockte. Es war in Parsel geschrieben
und eine Familienchronik, die er bisher noch nicht in der Hand gehalten hatte.
Als er wieder aufsah, um irgendwas zu dem Mädchen zu sagen, sah er nur noch, wie
sie den Raum bereits wieder verließ. Ja, das Kind war ihm unheimlich, doch sie
war auch zweifellos praktisch, wenn sie es sein wollte und sie war eine der
wenigen Freundinnen, die sein Sohn hatte.
„Nun?“, fragte Severus
entnervt. „Ist das da brauchbar oder nicht?!“
Rasch schlug Tom das Buch
auf, das mit einem grellbunten Marker sogar noch eine Seite zeigte, er überflog
den Text, seufzte und ließ sich fallen. War ja klar gewesen, dass Alles
komplizierter werden musste! Es war ein Alptraum!
„Nun?!“, verlangte Severus
zu wissen. „Dein Sohn hat Schmerzen! Nur, falls dir das irgendwie entgangen sein
sollte!“
„Ich fürchte….“
„Was?!“, fragte Severus,
nun doch langsam aggressiv.
„Ich fürchte“, wiederholte
Tom, ohne auf den Ausbruch des Anderen groß einzugehen, „Das wir es waren, die
dem Jungen das Leben schwer gemacht haben.“
„Tom…“, zischte Severus,
nicht darauf achtend, dass eigentlich noch Andere im Raum waren, aufgebracht und
genervt.
„Durch das Bissmal hat
Percy den Jungen, der ohnehin zu früh durch sein magisches Erbe gegangen ist, an
sich gebunden. Seine Magie hält die von Neveo stabil“, erklärte Tom schließlich,
sich wünschend, dass nicht immer alles so kompliziert sein müsste. „Die
Schmerzen die er hat, werden vielleicht durch seine Unsicherheit und seine
Ängste vergrößert, aber sie werden ausgelöst, weil sein magischer Kern mit dem
von Percy fest verbunden ist, selbst, ohne den letzten Schritt im Bund gegangen
zu sein.“
Severus, der schon länger
so etwas vermutet hatte, seufzte, starrte auf den Sohn seines Geliebten, der
sich in sich selbst zusammengerollt hatte und nichts um sich herum wahrzunehmen
schien. „Warum ist es dann heut so schlimm?“
„Er war weniger abgelenkt
als sonst?“, schlug Tom vor, der nun auch verstand, warum die Magie seines
Kindes sich nicht erholen wollte. Kein Wunder, wenn sie jedes Mal instabil
wurde, wenn sein roter General zur Arbeit ging. Darum hatte er die Zeit als
Leopard auch so gut verkraftet, durch die Nähe hatte sich seine Magie, wenn auch
angeschlagen, doch mehr beruhigt, als hier.
„Wir haben etwas begonnen,
was für den Jungen vollkommen neu war! Er hatte das Fach Runik in der Schule
noch nie!“, knurrte Severus.
„Es ist gut“, sprach Tom
leise, legte das Buch vorerst ab, kniete sich zu seinem Sohn, nahm dessen
Gesicht zwischen seine Hände und ließ zu, dass der Schmerz des Jüngeren ihn
überrollte. „Vielleicht waren die dauernden Trennungen inzwischen auch schlicht
zu viel…“
„Und was willst du dagegen
tun?!“, fragte Severus lauernd, während er Greg mit einer knappen Handbewegung
entließ. Der Mann konnte ihnen hier kaum helfen.
„Ich habe keine Ahnung“,
gab Tom zu. „Ich muss mit Percy in Ruhe reden, wir werden uns etwas einfallen
lassen. Im Notfall werde ich die Pläne etwas vorziehen, dann hat sich das
Problem ohnehin erledigt. Immerhin haben wir gerade sehr freie Bahn, wo der Alte
flüchten musste.“ Und auch, wenn er es nur ungern in Betracht zog, doch er
konnte seinen Sohn auch nutzen, um eben den wieder aus seinem Versteck
vorzulocken. Denn wenn der Mann seinen Sohn sehen würde, der Diesem ja entkommen
war und so dessen Ende eingeläutet hatte, würde er raus kommen und sei es nur
für so was Profanes wie Rache. Er strich über Neveos Stirn. „Wo zum Henker
bleibt dieser wiegenräubernde Idiot?!“
„Das sagt der Richtige“,
murmelte Severus. „Wie alt war deine Frau, als du das erste Mal mit ihr
geschlafen hast? Und muss ich erwähnen, dass ich nicht mal halb so alt bin, wie
du?“ Der Tränkemeister erhob sich, schloss kurz die Augen und trat dann zu dem
Buch, das Lovegood gebracht hatte, ohne auch nur Irgendwas zu verstehen. Die
Schrift hatte latente Ähnlichkeit zur arabischen Kalligraphie, doch lesen konnte
er es natürlich nicht.
Erneut musste Tom sich
beherrschen, um den Jüngeren nicht anzufauchen, schon allein, weil der Recht
hatte, doch er gab zu, er konnte nicht gut mit Druck umgehen und wenn nicht
gleich…!
„Was ist los?!“, fragte in
dem Moment eine gehetzte Stimme. Percy war, von keinem Geringeren als Lucius
Malfoy, am Kragen aus einer Sitzung mit den Außenministern anderer magischer
Länder gezerrt und hierher gebracht worden, ohne einen einzigen Kommentar oder
eine Erklärung. Gut, er ahnte, dass es was mit Neveo zu Tun hatte, doch was war
nun schon wieder geschehen?! Er trat zum Lord – und stockte. Sein Kleiner lag da
auf dem Sofa, zitternd und bibbernd, nach kaum zwei Stunden allein und
offensichtlich nicht mehr ansprechbar. „Was ist passiert?!“, verlangte Percy zu
wissen, froh, dass sein Lord ihn zu dem Jungen ließ, so, dass er Diesen, der so
kalt war, wie er aussah, hochnehmen und in die Arme schließen konnte.
„Neveos Magie ist instabil,
scheinbar jedes Mal, wenn ihr getrennt seid, heute ist es, aus einem uns noch
nicht so ganz klaren Grund, zum Zusammenbruch gekommen“, fasste Severus
zusammen, nun wieder ruhiger. „Seine Magie scheint im Moment von Ihrer abhängig
zu sein, Weasley, Sie können ihn erst mal nicht allein lassen. Das ist das
Einzige, was uns im Moment wirklich klar ist.“
Percy sagte nichts, er
konnte das nicht fassen. Seit wann wussten die Beiden das?! Er hielt seinen
Gefährten, froh, dass der langsam etwas wärmer wurde. Und ruhiger. „Und seit
wann…?!“
„Seit etwa einer halben
Stunde“, gab Severus sofort zurück, wissend, worauf der Rotschopf hinauswollte.
„Der Lord hätte sicher nicht mit seinem eigenen Kind experimentiert, wenn er das
vorher schon gewusst hätte!“, nahm er seinen Geliebten sofort in Schutz. Niemand
ging den Mann an außer ihm! Nur, dass das erst mal feststand.
Percy wollte zu einer
Erwiderung ansetzen, doch die Tatsache, dass die Finger des Jüngeren sich nun in
sein Hemd verkrallten, hielt ihn davon ab. Er blickte an sich herab, zwang sich,
zu lächeln, strich über Neveos Seite. „Mein Kleiner“, sprach er leise. „ich
weiß, es geht dir nicht gut, es wird gleich besser“, versprach er, drückte, ohne
es selbst zu bemerken, etwas von seiner Magie nach Außen, was dazu beitrug, den
Jüngeren wirklich zu beruhigen. „Ich bin da“, fügte er an, wartete eine Weile,
bis die blauen Augen sich endlich auf ihn richteten.
Neveo wusste nicht, wie
lang es dauerte, er merkte, die Schmerzen ließen irgendwann nach, doch er fühlte
sich, wie an diesem ersten Tag, wie in einer Starre, nicht fähig, sich zu rühren
oder mitzubekommen, was die Anderen redeten, es war so kalt! Und es wurde
einfach nicht besser! Erst nach gefühlten Stunden spürte er wieder etwas Wärme,
nach einigen weiteren Momenten brachte er seine Finger dazu, sich in den
Untergrund zu verkrallen, von dem die herrliche Wärme kam. War es schon Abend?
Er wusste es nicht, aber er hoffte es wirklich. Es schien auch so zu sein, denn
er spürte, wie vertraute Arme ihn hochhoben, nun nahm er auch den Geruch des
Rotschopfes wahr, der ihn sicher trug, zurück in die Zimmer, in denen sie
wohnten.
Doch auch, als die Augen
sich auf Percy richteten, schienen sie ihn kaum oder nur am Rande wahr zu
nehmen. „Ich bringe ihn ins Bett zurück“, erklärte Percy schließlich. „So macht
das keinen Sinn, er muss zur Ruhe kommen!“ Was war nur mit seinem Gefährten los?
Warum war er gerade heute so zusammengebrochen und waren seine Schmerzen immer
so schlimm, kurz bevor er kam? Götter, was sollte er nur künftig tun?! Er stand
auf, Neveo hochhebend.
Seufzend sah Tom auf seinen
vollkommen erschlagenen Sohn, nickte dann. „Ich komme in zwei Stunden, wenn es
Zeit zum Essen ist, ich hoffe, dass mir in der Zeit was eingefallen sein wird.
Eine Trennung kommt offensichtlich nicht in Frage, nicht, wenn er so leidet…“
„Dann bis später“, gab
Percy zurück, trat durch die Tür und lief zurück in seine Zimmer, setzte sich
da, mit dem Jüngeren auf dem Schoß, in seinen Sessel. So nah am Feuer war es
auch warm und sein Kleiner konnte in seinen Armen dösen, er wollte nicht, dass
der Junge dauernd im Bett lag! „Kleiner, verstehst du mich?“, fragte Percy
schließlich nach fast einer halben Stunde, als er merkte, dass die blauen Augen
langsam wieder klarer wurden.
Ja! Es musste Mittag sein,
Percy war wieder da! Neveo wusste nicht, wie lang es dauerte, doch schließlich
wichen die Schmerzen und zurück blieb die inzwischen vertraute Trägheit, die es
ihm erst mal schwer machte, sich zu rühren, doch da war auch das Gefühl von
Ruhe. Er sah auf, lächelte etwas. „Müde“, murmelte er. „Ist Mittag?“
„Nein“, antwortete Percy,
froh, seinen kleinen Gefährten wieder ansprechbar zu finden. „Du hattest einen
heftigen Anfall, Lucius hat mich zurückgerufen und…“
„Ich… tut… tut mir leid,
ich… wollte doch nicht stören, du hattest…!“
„Nev, du hast mich nicht
gestört, es ging dir nicht gut, ich wäre gekommen, egal, was ich getan hätte!“,
verhinderte Percy sofort den Rest des Ausbruches. Er strich über die Wange des
Jüngeren. „Und jetzt sagst du mir, was heute anders war, als in den letzten
Tagen, dass es heut so schnell so schlimm geworden ist.“
„Ich… ich weiß nicht“,
murmelte Neveo, ließ sich an die breite Brust sacken und schloss die Augen.
„Snape, er… hat die Grundlagen von Runik wiederholt, ich… hatte nichts zu tun,
es… es war langweilig, ich… konnt nichts machen, ich… kann das doch Alles, ich
hab… immer gelernt und gelesen, wenn ich… in den letzten Jahren nicht schlafen
konnte. Sonst, beim Backen, da… muss ich aufpassen, wann welche Zutat in den
Topf muss, dass nichts anbrennt, lauter so Sachen, aber das… kannte ich doch
alles, ich konnt mich nicht konzentrieren und … es hat weh getan, ich konnt es
nicht wegdrücken, wie sonst…“, gab Neveo zu, versuchte zu erklären, was heute
anders gewesen war. Er hatte stark sein wollen, auch, weil Draco da gewesen war
und er sich nicht hatte lächerlich machen wollen, doch das war wohl ordentlich
in die Hose gegangen, er hatte sich selbst aussehen lassen, wie ein jämmerlicher
Schwächling.
Percy sagte nichts, er
strich nur über die Seite seines Gefährten. Er hatte also immer wirklich
Schmerzen gehabt, die geschwankt waren, die er selbst verdrängt hatte und die
heut nur durch einen Zufall rausgekommen waren. Die Information über das Wissen
seines Kleinen verdrängte er, erst mal musste er zusehen, was er machte wegen
der Schmerzen, wie sie das regeln konnten. Anschließend würde er die
gespeicherte Information wieder abrufen und entsprechend behandeln. „Nie
wieder“, versprach er schließlich. „Ich will nicht, dass du noch mal solche
Schmerzen hast, wir finden einen anderen Weg.“
Neveo sagte nichts, er
glaubte nicht, dass es was Anderes gab, außer eben, dass er bei Percy bleiben
konnte, was aber nicht gewollt war. Also würde er weiter mit diesen Schmerzen
leben, bis sie von selbst verschwinden würden. „Kann… ich etwas schlafen?“,
fragte er schließlich. Er fühlte sich jedes Mal so erschöpft…
„Natürlich“, antwortete
Percy, er strich dem Jüngeren durch die Haare, rief sich mit etwas Magie ein
Buch. „Ein Stündchen oder so auf jeden Fall.“
Lucius rieb sich den Kopf,
musterte Cornelius. Sie waren wieder allein, die Botschafter aus dem vereinten
Italien, wie sich die magischen Gemeinschaften dort nannten, waren gerade wieder
gegangen. Es war harte Arbeit, mit diesen Leuten auch nur zu reden, sie waren
arrogant, besserwisserisch und zum Teil schlicht dumm. Doch sie waren auch, wenn
man sie richtig nutzen würde, gut zu gebrauchen, denn sie lebten, ähnlich wie
die russische magische Gemeinde und die orientalische, in einem monarchischen
System, in dem es keinen Minister gab, der Alle vertrat, das war der Job ihres
Lords, Königs, Padre. So gab es Stabilität, denn ein Minister musste nicht an
seine Wiederwahl denken. Der König war ein Erbamt auf Lebenszeit, der regierende
König bestimmte seinen Nachfolger unter seinen Verwandten oder auch seinen
Vertrauten. Er wählte in der Regel den politisch fähigsten oder die. Eine
intelligente Zauberin konnte auch ein Reich leiten.
Das war es, was sie für
England auch wollten. Tom stammte aus der Linie, die einst im magischen England
den Thron gestellt hatte, die Linie Slytherins. Leute, die mit Intelligenz und
Weitsicht regiert und Minister eingesetzt hatten, die den Rat des Volkes zu
nutzen verstanden hatten. Der schlechte Ruf der Schlangen war erst vor etwa
hundert Jahren aufgekommen, durch Gerüchte Anderer. Sie, der dunkle Orden,
wollten genau das. Die Abschaffung des Ministersystems, das das magische England
zu einer der rückständigsten Gemeinschaften gemacht hatte, in der es dauernd
Kriege gab und die sich selbst immer aggressiver dezimierte, selbst innerhalb
von Familien.
Doch um diese Art der
konstitutionellen Monarchie wieder einsetzen zu können, brauchten sie eine
Mehrhait im Wizgamont oder den Beweis, dass es so besser war. Nun, dank
Dumbledores Dummheit war rausgekommen, dass der Alte sich selbst zu einem
Monarchen hatte machen wollen, nur nicht zu einem, der gebunden war an Leute,
die vom Volk gewählt wurden, sondern einen, der absolute Macht erstrebte.
Menschen hatten gesehen, wie weit der Irre gegangen war und noch gegangen wäre,
hätten sie nicht eingegriffen, sie hatten zu spüren bekommen, dass die
Zerrissenheit im Ministerium die Handlungsfähigkeit zunichte gemacht und sie
fast ihre Kinder gekostet hatte. Sie waren nun bereit für den nächsten Schritt,
doch bevor Tom in Erscheinung treten konnte, musste klar sein, dass das Ausland
die offensichtliche Schwäche im Land nicht nutzen würde, um selbst mächtiger und
einflussreicher zu werden.
Darum mussten sie immer
wieder Botschafter täuschen, wobei es wahrlich schwerer war, mit den Franzosen
umzugehen, als mit diesen Idioten, die ihnen schon zu Füßen gelegen hatten, als
sie die Kekse gegessen hatten, die der junge Prinz gebacken hatte und die Lucius
sich eigentlich heimlich eingesteckt hatte. Nun, dieses Opfer war strategisch
gut platziert gewesen. Die Liebe der Italiener schien durch den Magen zu gehen,
vorzugsweise mit Süßkram. Was aber nichts daran änderte, dass Lucius nach
solchen Treffen jedes Mal brutalst Kopfweh hatte.
Warum er diesen Job ja auch
nur zu gern damals an Percy abgetreten hatte. Wer hatte auch damit rechnen
können, dass der Prinz gerade heute einen Zusammenbruch haben musste? Es hatte
wohl was mit seiner Vorerkrankung zu Tun, sein Sohn hatte was von
unkontrollierbarem Zittern, blauen Lippen und Schmerzen erzählt. Gute Gründe,
Weasley frei zu stellen und selbst dessen Job zu machen. Besser, als im
Nachhinein Toms Zorn zu ertragen, der mit den Schmerzen seines Kindes nicht
umgehen konnte, da er nicht wusste, wie er helfen sollte. Nun, wenn Draco krank
war, ging es ihm meist nicht viel besser. Es war vermutlich immer etwas
schlimmer, wenn man nur einen Nachfolger hatte.
„Erfahre ich jetzt, was
eigentlich los war?“, fragte Cornelius, nachdem er einige Momente gewartet
hatte. Durch die Hilfe von einflussreichen Leuten wie Lucius war er auf seinen
Platz gekommen, er spielte oft den Dummen, um die Bevölkerung zu beruhigen, doch
er war genauso ein Todesser des inneren Kreises und wartete nur darauf, dass
sein Lord endlich seinen Platz einnehmen würde, zusammen mit seinem Sohn, von
dem er wie alle im inneren Zirkel gerade erst erfahren hatte. Allerdings war er
wenig begeistert gewesen, wie sehr sein Lord ausgerechnet Percy Weasley in
Beschlag genommen hatte, denn der junge Mann war ein politisches Genie, er
bereitete sich akribisch vor, kannte die Schwächen von jedem einzelnen
Botschafter, bevor der auch nur Fuß auf die Insel gesetzt hatte, wusste, wie man
Menschen köderte, ohne auch nur den Eindruck von Schiebung, Erpressung oder
Bestechung aufkommen zu lassen. Ein politisches Genie, das ihm heut gefehlt
hatte, denn der Rotschopf hätte es schneller hin bekommen, als Lucius und er
zusammen. „Warum brauchte der Lord gerade heute meinen besten Politiker?“
Lucius machte ein sehr
seltsames Geräusch, riss sich aber dann am Riemen. „Unser Lord wäre zweifelsfrei
froh gewesen, ihn nicht rufen zu müssen, leider war das nicht möglich.
Cornelius, du weißt von der Bindung zwischen unserem Prinzen und Weasley?“
Kurz hob Cornelius die
Augenbraue. „Eine Verlobung, soweit ich weiß. Nun, Weasley kommt aus einer guten
Familie und er ist ein hervorragender Politiker, aber ich habe ihn immer für
sehr dominant eingeschätzt. Hätte nicht gedacht, dass er sich einem Anderen
unterwerfen würde.
„Der Prinz… du weißt, dass
er in den Händen des Lichts war, du warst da, als der Lord den inneren Zirkel
eingeweiht hat. Ich denke, der Junge hat viel durchgemacht und er muss stark
sein, denn er hat die Folter der Brathühner geistig klar überlebt, aber sein
Körper ist noch etwas schwach und ich denke nicht, dass er gerade in den ersten
Jahren ohne eine starke, hilfreiche Hand auskommen wird. Auf jeden Fall hat die
Verlobung ihm damals wohl das Leben gerettet und er ist schon jetzt ziemlich
stark an Weasley gebunden, so stark offensichtlich, dass man ihm, wenn es ihm
schlecht geht, am besten helfen kann, wenn man Weasley holt.“ Genauer ging
Lucius lieber nicht auf die Sache ein. Nicht, weil er Cornelius nicht traute,
sondern weil er die Privatsphäre des Prinzen schützen wollte.
Gut, das war keine Antwort,
das war Lucius‘ elegante Art, im Grunde nichts zu sagen. So, wie der Blonde
sonst immer Botschafter hinhielt, ihnen Glauben machte, etwas gesagt zu haben,
nur damit ihnen dann auf dem Rückweg klar wurde, dass sie so schlau waren, wie
vor ihrer Ankunft. Natürlich wusste er von dem Prinz und dessen Martyrium. Der
Lord hatte nie Genaues erwähnt, doch er empfand es als ein Wunder, so lang im
Lager des Feindes zu überleben, das allein sprach für außergewöhnliche
Willensstärke. Klar, dass der Körper nicht so unbeschadet sein konnte, schon
gar, wenn es eben ein Fünfzehnjähriger war. Nur, wie war dessen Wohlergehen von
Weasley abhängig? Nun, er wusste es besser, als Fragen zu stellen, wo er
offensichtlich keine Antwort erhalten sollte. Also ließ er es auf sich beruhen.
„In drei Tagen wird das Wizgamont unter meiner Führung zusammentreten“, merkte
er daher an. „Die Einladungen sollten inzwischen raus gegangen sein. Ich will
die Möglichkeit ins Gespräch bringen, wieder die Linie Slytherin zu erwecken, da
unser Lord es war, der die Kinder gerettet hat. Die meisten Mitglieder haben
Kinder oder Enkel, die durch den dunklen Orden gerettet worden sind. Außerdem
sehen sie, wie sehr ihre sinnlosen Debatten, die Dumbledore ja immer so
erfolgreich ausgelöst hat, sie alle gelähmt hat.“
Lucius nickte. Es war eine
gute Gelegenheit und vor Allem konnte eine schnelle Entscheidung auch dem
Prinzen und dem Lord das Leben erheblich erleichtern. „Es wäre vorteilhaft, wenn
unser Lord auftreten würde, nicht wahr?“, fragte er ruhig.
„Natürlich. Vor Allem, wenn
sein Sohn noch an seiner Seite wäre, damit die Leute verstehen, warum und wie er
einmal zum Mörder werden konnte. Leben noch Leute aus dem Orden, die unter
Veritas befragt werden können? Leute, die wir nicht erst fangen müssen?“ Er
dachte an Molly Weasley, sie wäre genau die Falsche, egal, wie hoch sie im Orden
stand, sie würde die Mutter raus kehren und Niemand sie belangen.
„Erstaunlicherweise. Über
die Sorgen wegen des Prinzen ist die Hinrichtung von Lupin und Black wohl
vorerst in Vergessenheit geraten. Sie leben beide noch und könnten dem Wizgamont
die Beiden liefern. Mörder, Hintertreiber, Kinderquäler. Natürlich müssten die
Fragen limitiert werden, da sie ja auch den Prinzen betreffen, aber generell
sehe ich kein Problem.“
Cornelius nickte. Das war
eine gute Nachricht. „Das hört sich wirklich gut an“, stimmte er dem Blonden zu.
„Die Mitglieder werden, denke ich, sehr zufrieden sein. Sie werden am zweiten
Tag sicher Zeugen befragen wollen und am Dritten den Lord selbst, über seine
Absichten.“
„Ich werde ihn
informieren“, versprach Lucius. „Ich hoffe, ich schaffe das vor morgen, aber vor
heut Nacht habe ich wohl keine Chance, bedenkt man, dass der Prinz heut nicht im
besten Zustand gewesen ist.“
„Tu das“, nickte Cornelius.
„Dann werde ich mal wieder den Dummen spielen und mich beim Essen sehen lassen.
Meine Frau wartet schon auf mich und ich habe Hunger. Aber sag mal – wo bekomm
ich diese tollen Kekse her?“
„Das… ist mein Geheimnis“,
grinste Lucius, bevor er aufstand und sich auf den Weg zurück machte. Er wollte
den jungen Neveo nicht verraten, denn er wusste nicht, ob es gut war, dass Leute
wussten, dass der potentielle Nachfolger ihres Lords lieber am Herd als in der
Öffentlichkeit stand.
Percy war nicht sehr
überrascht, als es schließlich klopfte. Neveo schlief recht friedlich seit etwa
einer Stunde, er würde ihn bald wecken müssen, aber erst mal hoffte er selbst
auf ein paar Antworten oder intelligente Vorschläge zum Sachverhalt. Er hörte
auch, wie die Tür sich öffnete, legte sein Buch beiseite, Neveo noch immer im
Arm. Er hatte den Jüngeren in eine Decke gewickelt, da er immer noch recht kalt
zu sein schien, aber in der letzten Stunde war es besser geworden. „Lord“,
sprach Percy, machte so den Anderen, der an ihm vorbei ins Schlafzimmer laufen
wollte, auf sich aufmerksam, darauf achtend, leise zu sein.
Erschrocken fuhr Tom herum,
er hatte seinen General sicher nicht in einem Sessel am Kamin erwartet, doch da
saß der Mann, seinen Sohn, der in eine Decke eingewickelt war, auf dem Schoß.
Der Jüngere schlief offensichtlich, war wieder ruhig. Er wirkte gesünder, als
vorher. Zumindest das. „Neveo hat sich beruhigt?“, stellte er daher fest.
Percy nickte einfach nur,
wartete, bis auch der Lord sich gesetzt hatte. „Er hatte schreckliche Schmerzen
und fast eine halbe Stunde gebraucht, um wieder klar denken zu können und zu
reagieren und auch da muss er noch Probleme gehabt haben und er war wie immer
vollkommen erschöpft. Er schläft ja auch jetzt.“
Tom schüttelte den Kopf, er
hätte Alles getan, um es seinem Sohn einfacher zu machen, doch das hätte
vorausgesetzt, dass der ihnen die Wahrheit gesagt, nein, überhaupt mit ihnen
geredet hätte. „Ich weiß einfach nicht, warum er uns das nicht gesagt hat! Was
dachte er denn, dass passieren würde?!“ Er hatte sich inzwischen natürlich
weiter in das Buch eingelesen und wusste, dass sie dem Jungen mit der Trennung
wirklich geschadet hatten, doch wie zum Henker hätten sie das wissen müssen?!
„Wir wüssten ohne den Zusammenbruch bis heut nicht, was wirklich vorgeht“,
seufzte Tom. „Und ich habe noch immer keine Ahnung, warum es so weit gekommen
ist, warum ausgerechnet heute, warum jetzt?“
„Weil er nicht abgelenkt
war“, antwortete Percy. „Sein manisches, vieles Backen, es hat ihn gezwungen,
sich auf etwas vollkommen zu konzentrieren. Er hat gesagt, dadurch hat er es
geschafft, alles Andere zu verdrängen.“
Kurz verdunkelte sich Toms
Blick. „Diese Ziege, die Frau, von der mein Sohn dachte, sie sei seine Tante,
sie hat ihn geschlagen, wenn er was verbrannt hat, wenn etwas nicht perfekt war.
Ein Mal hat sie seine Hand auf den Herd gedrückt, daher kommt die Verbrennung
auf der linken Handfläche, ein anderes Mal, als mein Sohn vor Schmerzen nicht
mehr stehen konnte, umgekippt ist und so den Speck verbrannt hat, wurde er
verprügelt und wochenlang in den Schrank gesperrt, der jahrelang sein Zimmer
gewesen sein muss. Daher ist er so auf Essen und auf Perfektion fixiert, nehme
ich an. Das erklärt, warum er sich da so ablenken konnte. Aber hätte er heut
nicht auch was Neues lernen sollen? Ich versteh das nicht! So einfach ist Runik
wirklich nicht!“
Was bei Percy eine andere
Information wieder vor holte. „Neveo hat mir gesagt, dass er immer, wenn er
nicht schlafen konnte, was wohl oft gewesen sein muss, heimlich in die Bücherei
gegangen ist, um zu lesen und zu lernen. Ich denke, er kann weit mehr, als wir
auch nur ahnen. Er hat sich heut schlicht gelangweilt, war nicht abgelenkt und
so konnte sein Schmerz vielleicht das erste Mal wirklich vortreten“, schloss
Percy.
„Das… ist ein Alptraum“,
stellte Tom, nicht das erste Mal, leise fest. Es tat so weh, dass sein eigenes
Kind ihm kaum vertraute, es ja auch, bedachte man die Vergangenheit, kaum
konnte, doch er hasste es, das Letzte, was er von Mirée hatte, so leiden zu
sehen.
„Was wollt Ihr dagegen
tun?“, fragte Percy nun sehr direkt. „Ich möchte ihn nicht allein lassen, aber
ich weiß auch nicht, wie ich meinen momentanen Job erfüllen soll, wenn ich Neveo
mitnehme. Dann wäre er der Öffentlichkeit zu stark ausgesetzt. Gerade jetzt ist
es wichtig…“
„Es gibt nichts
wichtigeres, als Neveos Gesundheit“, konterte Tom knapp. „Lucius wird dich
vorerst vertreten und den Andeutungen nach, die er mir geschickt hat, könnte
sich in den nächsten beiden Wochen vieles drastisch ändern. Das Wizgamont tritt
zusammen und ich soll Lupin und Black noch am Leben lassen.“ Dass er die Beiden
in den letzten Wochen schlicht vergessen hatte, erwähnte er nicht mal.
Überrascht hob Percy die
Augenbraue, doch er war auch wirklich erleichtert, wobei er das nur zeigte,
indem er Neveo etwas näher an sich drückte. Gut zu wissen, dass sein Lord
wirklich war, wie er ihn immer eingeschätzt hatte. Er stellte seinen Sohn über
alles Andere. „Gut“, nickte er. „Ich will aber auf dem Laufenden bleiben, mich
mit Lucius und Cornelius absprechen.“
„Natürlich, etwas Anderes
habe ich von dir nicht erwartet, mein roter General“, gab Tom zurück, konnte
sich das Grinsen nicht verkneifen, als sein Sohn grummelnd nach dem Finger
schlug und ihn auswich, als Percy begann, über dessen Augen zu streichen,
sicher, um ihn zu wecken, immerhin gab es gleich Mittagessen und noch immer war
der Junge bedenklich dünn, schien einfach nichts anzusetzen, was aber auch
durchaus mit dem Problem zusammenhängen konnte, dass seine Magie so stark
schwankte. „Wollt ihr hier essen oder bei uns?“
Kurz überlegte Percy,
zuckte dann aber die Schultern. „Hier in den Räumen fühlt Nev sich am ruhigsten.
Aber Ihr könntet hier essen.“ Er wollte seinem Gefährten helfen, eine bessere
Beziehung zu seinem Vater aufzubauen und seinem Lord, seinen Sohn kennen zu
lernen, dazu war eine Umgebung am besten, in dem sich der Schwächere sicher
fühlte.
Tom nickte, sah zu seinem
Sohn, der nun doch blinzelte. Der Junge schien auch nach dem Schlafen noch müde
zu sein, wie auch die letzten Tage und Wochen. Sie alle hatten seiner Heilung
und Genesung eigentlich nur im Weg gestanden, ohne es zu merken. „Wacher?“,
fragte er, lächelte, als der Jüngere nach einer ganzen Weile schließlich nickte,
ohne aber Anstalten zu machen, sich aus der Decke oder von seinem Platz zu
bequemen.
Nur ungern ließ Neveo zu,
dass sein Bewusstsein an die Oberfläche trat, er war noch immer erschöpft, aber
ihm war angenehm warm und er hörte unter sich den ruhigen Herzschlag von Percy,
der ihn nachts auch oft in den Schlaf begleitete. Also sah er auf, direkt in die
Augen des Anderen, der ihm verkündete, dass das Mittagessen wartete. Er seufzte,
schloss noch mal die Lider, sah auf – und erblickte seinen Vater. Was machte der
hier? Die Anwesenheit des Rotäugigen war für ihn immer noch so eine Sache. Der
Wunsch nach Anerkennung und die Angst…
Ruhig schälte Percy seinen
Gefährten schließlich aus der Decke. „Dann mach dich frisch, wir bereiten den
Tisch vor.“ Er wartete, bis der Jüngere weg tapste, sah dann zum Lord. „Wie
genau wird es dann weitergehen?“
„Nun, mein roter General“,
gab Tom zurück, während auch er aufstand, sich streckte und zum Kamin trat, wo
ein Foto gerahmt stand, das sein Sohn wohl noch nicht entdeckt haben dürfte. Es
zeigte Neveo als Leopard, eingerollt auf dem Kissen in seinem Büro. „Du wirst
meinen Sohn begleiten. Ich muss auch dem äußeren Zirkel jetzt langsam seine
Existenz verkünden – und eure… Verbindung.“ Ja, das war noch immer so ein Punkt,
der ihm nicht schmeckte, aber wie gesagt, es war geschehen und dagegen
anzukämpfen, würde am Ende wieder nur einen Verletzen. „Gleichzeitig werde ich
dich offiziell vor Allem als seinen Leibwächter einsetzen, so, dass kaum Fragen
aufkommen werden über deine dauernde Anwesenheit. Sobald die Sache im
Ministerium geklärt ist, wird Neveo auch öfter in der Öffentlichkeit erscheinen
müssen, ich will, dass du ihm Etikette und Politik beibringst. Er muss sich auf
öffentlichem Parkett bewegen können und…“
„Lord“, wandte Percy leise
ein, er hasste es, den Anderen unterbrechen zu müssen, doch er mochte die
Richtung, in die das Ganze gerade ging, gar nicht. „Lord, ich… ich denke, Euer
Sohn ist nicht wirklich in Politik interessiert und er fürchtet die
Öffentlichkeit. Ich will euch nicht zu nahe treten, aber… ich glaube nicht, dass
er als Nachfolger gut geeignet ist. Es würde ihn nur unter Druck setzen…“
Kurz war Tom versucht, den
Anderen wirklich zu bestrafen. Er hasste es, wenn man ihm ins Wort fiel. Doch
hätte Percy einen Laut von sich gegeben, wäre sein Kind gekommen, hätte das
gesehen und sich zweifellos noch mehr vor ihm gefürchtet. Dumm, ganz dumm. Zudem
war das, was Percy sagte ja auch wahr. „Das ist mir auch klar“, knirschte er.
„Ich will auch nicht, dass du ihn zu meinem Nachfolger ausbildest, du Hornochse!
Ich will, dass er weiß, wie er sich in der Öffentlichkeit verhalten muss, um in
Ruhe gelassen zu werden! Dass er, wenn es mal an der Zeit ist, vermutlich nicht
mein Nachfolger sein wird, bedenkt man, dass er sich am liebsten hinter einem
Backofen verschanzt, ist mir durchaus bewusst! Das ändert nichts daran, dass
Neveo öffentliche Pflichten haben wird!“ Oh, ihm war klar, dass sein
wahrscheinlichster Nachfolger am Ende der Rotschopf sein würde, doch Neveo würde
trotzdem im Zentrum der Öffentlichkeit stehen.
Oh. Nun, Percy hätte nicht
von dem Schlimmsten ausgehen dürfen, doch wie gesagt, er hatte Prioritäten,
auch, wenn einige seiner Geschwister und auch seine Eltern ihm ja immer was
Anderes unterstellt hatten. „Es tut mir Leid“, sprach er leise. „Ich mache mir
einfach nur Sorgen.“
Das holte Tom aus seiner
Wut. Eigentlich konnte er dankbar sein, dass sein General zuerst an das dachte,
was sein Gefährte sagen oder nicht ertragen würde, statt an seine Vorteile, denn
nicht ein Mal war in den letzten Wochen ein Anspruch gefallen, den der Rotschopf
durchaus hätte offiziell stellen können. Er nickte knapp, erkannte die
Entschuldigung damit vorerst an. Vor Allem, da er nicht wollte, dass Probleme
zwischen ihnen am Ende auf Neveos Rücken ausgetragen würden, der war schon kaum
breit genug für das, was ihm noch bevorstehen würde. „Gehen wir zum Esstisch.“
Müde betrachtete Neveo sich
selbst im Spiegel, er hatte sich noch immer nicht an dieses neue Gesicht
gewöhnt. Er hatte vorher schon manchmal ausgesehen, wie ein Mädchen, jetzt war
es, mit den großen, blauen Augen, den langen Wimpern und den höheren
Wangenknochen noch schlimmer geworden, dazu fand er ja selbst, dass er zu dürr
war und obwohl er ständig naschte, gutes Essen bekam und überall Süßigkeiten
fand, schien er einfach nichts anzusetzen. Kein Wunder, dass Percy ihn, seit
diesem ersten Mal, nicht mehr wirklich geküsst hatte. Nun, was erwartete er
schon? Er spritzte sich Wasser ins Gesicht, trocknete sich wieder ab. Und jetzt
hatte er schon wieder Leute enttäuscht, seine Schwäche gezeigt. Wäre ihm das in
Hogwarts passiert, hätte er nicht mal das erste verdammte Schuljahr überlebt!
Doch dann zwang Neveo sich dazu, zu lächeln. Wenn er nicht gleich wieder
rauskommen würde, würde Percy sich nur Sorgen machen, oder schlimmer, sein Vater
würde hier drin auftauchen. Es war dumm, doch er hatte Angst, mit dem Mann
allein zu sein, warum genau wusste er nicht, doch es war so. Also trat Neveo aus
dem Zimmer, lief ins Wohnzimmer, wo der Tisch gedeckt war. Die beiden Männer
saßen schon, redeten leise, vermutlich wieder über Politik, ein Thema, für das
er sich einfach nicht zu erwärmen vermochte, Tom hielt in seiner Hand einen
Kelch, den er leicht schwenkte.
„Ah“, lächelte Percy,
deutete auf den Platz neben ihm und gegenüber seines Lords, strich dem Jüngeren
kurz über die Arme und legte einige Schnitten Pizza auf dessen Teller, sein
Gefährte hatte wohl noch nicht mal gesehen, was es da gab, der Rotschopf hatte
die entsetzten Elfen darum gebeten, dieses Essen bei einem renommierten,
italienischen Restaurant aus der Muggelwelt zu beschaffen. Seine Brüder hatten
ihm gesagt, dass Neveo das mal erwähnt hatte, zusehen zu müssen, wie sein fetter
Cousin das Zeug in sich rein gestopft hatte und er zusehen musste.
Neveo genoss die kurze
Berührung, er sah, wie sein Teller verschwand, dann wiederkam, doch er stockte,
als er das roch, er kannte den Geruch, das… das… das war…! „Pizza?!“
„Die Hauselfen waren sauer,
weil ich sie geschickt habe, um Muggelessen zu kaufen, aber ja, ich dachte, das
ist mal was Anderes“, erklärte Percy, lächelte, als er dieses Strahlen sah. Und
wie der Jüngere sofort zuschlug, sich durch drei der Sorten probierte, voller
Genuss im Gesicht, voller Begeisterung.
Überrascht beobachtete Tom
den Jungen, er hatte noch nie gesehen, dass der so viel gegessen hatte, er sah
selbst etwas misstrauisch auf die dreieckigen Stücke, nahm eines davon und biss
sehr vorsichtig hinein, überrascht, dass es gar nicht so schlimm, sondern ganz
erträglich schmeckte. Etwas, das dazu führte, dass sein General leise lachte und
selbst in sein Stück biss.
Neveo wusste nicht, wie
viel er gegessen hatte, von dem Essen, das er immer nur gerochen hatte und von
dem er nie hatte nehmen dürfen, doch er fühlte sich sehr, sehr aufgebläht. Ein
wenig hilflos sah er zu Percy, der ihn sichtlich amüsiert angrinste. „Was… ist
jetzt?“, fragte er schließlich.
„Nun, ich dachte, wir sehen
mal, was du wirklich weißt“, erklärte der Rotschopf seinem Gefährten. „Ich würde
gern wissen, wie gut du in der Schule bist, was du kannst, damit wir dir was
beibringen können, was neu ist. Grundlagen der schwarzen Magie, Blutrituale oder
so, Runik gehobene Arithmetik.“
Automatisch wurde Neveo
feuerrot. Wie sollte er das jetzt sagen? Ohne, dass es klang, als würde er seine
Nase irgendwo in den Wolken haben. „Ich… hab viele Bücher gelesen“, erklärte er
leise. „Und… ich hab heimlich selbst Traumlostrank und Heiltränke gemacht, ist…
eigentlich wie Kochen, wenn einem Niemand was in den Kessel schmeißt oder wenn
ich nicht so tun müsste, als würd ich es nicht verstehen.“
Tom wusste, er sah sehr
dumm aus, denn sein Kiefer war soeben auf dem Tisch aufgeschlagen. Selbst jetzt
noch musste er sich anhören, dass sein Sohn, trotz des Talents seiner Eltern,
jeden Trank zu verpfuschen verstanden hatte und jetzt das! Nun, Tränke konnte
man testen, ohne, dass der Junge Magie einsetzen musste, Dasselbe galt für
Herbologie, theoretische Magie, Latein, Runik und andere Dinge.
„Ich denke… wir sollten das
wirklich testen“, stimmte auch Percy zu, der wenig überrascht war, er wusste,
sein Kleiner war nicht dumm. „Wir werden Tests für dich erarbeiten und dann
deine Stunden anpassen. Außerdem fürchte ich, musst du Sachen wie magische
Etikette lernen“, fügte er hinzu. „Und den Aufbau unserer Welt, denn das wird
euch ja nie beigebracht, in dieser grausamen Schule. Ich hätte das alles auch
nie gewusst, hätte ich mir das Wissen nicht selbst angelesen.“
Neveo wusste, sein Gesicht
sah enttäuscht aus. Zurecht. Er mochte keine Politik, er verstand nicht, wie die
magische Welt funktionierte, doch er war sich auch nicht sicher, es wissen zu
wollen. Er wollte einfach nur seine Ruhe! „Kann… ich nachher in die Küche?“,
fragte er nur leise.
Percy seufzte, er hob das
Kinn des Jüngeren. „Du magst nicht, nicht wahr? Aber dein Vater spielt künftig
eine wichtige Rolle und es ist für dich auch wichtig, die Welt in der du leben
wirst, zu verstehen. Aber ich verspreche dir, wir machen nur, was nötig ist,
damit du dich nicht blamierst, wie früher, nur, weil man dir nichts erklärt hat.
Und ja, für heut lassen wir es gut sein. Ich gehe nachher mit dir runter, ich
denke, ich würde gern mal sehen, wie du da unten zauberst.“
„Und mach doch bitte genug
für Sev und Lucius“, grinste Tom. „Die Beiden sind süchtig nach den Sachen, die
du da unten ausknobelst.“
Nun wurde Neveo wirklich
rot. War das so was wie ein Lob gewesen? Eine Anerkennung, obwohl es nichts mit
den Dingen zu Tun hatte, die sein Vater mochte? Doch er nickte natürlich, sah
dann auf. Vielleicht war Tom doch nicht so unheimlich, gerade jetzt sah er eher
aus, wie… Cedric, wenn der was Lustiges gedacht hatte, selbst die dunkelroten
Augen machten ihm so keine Angst mehr.
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