3. Kapitel

„Luna! Was machst du denn hier?!“, fragte Neville überrascht. Es war sehr früh am Morgen, kurz vor dem Zeitpunkt, wenn die Blüten im dritten Treibhaus sich öffnen würden. Er liebte dieses Schauspiel, war deswegen häufig da, half auch Madame Sprout aus, indem er hier das Gießen und oft das Düngen übernahm, bevor es in der Halle auch nur das Frühstück gab. Und seit Harry nicht mehr Harry war, sah er keinen Grund, im Schlafraum zu bleiben. Er hielt die beißenden Kommentare nicht mehr aus. Die Stimmung im Turm war geladen mit Spannungen, ein Funke und Alles würde ihm da um die Ohren fliegen. Er zog es vor, dann nicht vor Ort zu sein, wenn er ehrlich war.

Das blonde Mädchen sah mit ihren wie immer leicht bewölkten Augen auf, lächelte den Neuankömmling an. „Neville. Ich wusste, dass du kommen würdest“, erklärte sie. Seit den Ferien war es sehr schwer, mit Leuten zu reden, die nicht aus dem eigenen Haus waren. Die Feindschaften waren inzwischen wirklich lächerlich geworden, die Slytherins waren bestenfalls Ausgestoßene, daran änderte auch Snape nichts, der Mann wurde auch von den Lehrern gemieden, nicht, dass das dem sonderlich aufzufallen schien.

„Du wolltest mit mir reden?“, fragte Neville, der seine Kanne abstellte und sich zu der Jüngeren setzte. „Was gibt es?“

„Es geht um ihn“, erklärte Luna ruhig, lächelte etwas. Sie hatte Harry nie Harry genannt, sondern meistens Flocke. „Ich hab heut Nacht von ihm geträumt.“

„Harry benimmt sich furchtbar“, murmelte Neville, der richtig enttäuscht gewesen war.

„Der Junge, der hier ist, ist nicht Flocke“, erklärte Luna ruhig. „Flocke hat es endlich geschafft, sich vom Wind davon tragen zu lassen“, erklärte Luna, mit einem Runzeln auf der Stirn. Warum sah Neville nicht, was so offensichtlich war? „Hier in deinem Schlafsaal ist nicht unser Flocke, nur Jemand, der gern mehr wäre als er ist.“

„Was…?“, flüsterte Neville verdattert, bevor ihm die Kleinigkeiten durch den Kopf gingen, die ihm aufgefallen waren. Harrys plötzliches Angeben, die Art, wie er Geld um sich warf, was er früher nie getan hatte, wie er Leute verletzte, wie er erwartete, von Allen hofiert zu werden, er wollte sogar, dass Andere seine Ausaufgaben machen und dauernd nahm er Tränke! Tränke! Polysaft! „Wo… wo ist dann der echte Harry?!“

Wieder lachte Luna leise. „Harry hat es nur sehr kurz gegeben, er war ein sehr krankes, kleines Kind, Flocke ist sicher, vielleicht das erste Mal in seinem Leben.“

„Manchmal verstehe ich dich nicht“, stellte Neville fest, doch er fühlte sich ruhiger, nun, da er wusste, dass nicht Harry ihn so angeschnauzt hatte und der Junge irgendwo war, wo ihm nichts geschehen konnte.

Luna zuckte mit den Schultern. „Ich darf nicht zeigen, dass der Vorhang sich für mich lichtet, sonst werde ich das Schicksal meiner Mutter teilen“, gab sie ruhig zurück. „Ich wusste schon immer mehr, auch über Flocke, doch es ihm damals zu sagen hätte ihn zerstört. Das konnte ich nicht tun. Also habe ich geschwiegen und die Komische gespielt. Du warst der Einzige, der sich nie hat täuschen lassen, Nev. Und du magst Flocke, darum habe ich es dir sagen wollen.“

„Danke“, gab Neville ruhig zurück. „Ich… glaub, ich fühl mich besser, als seit Wochen“, stellte er fest, schloss die Augen. Denn auf ein Mal wusste er, wer der angebliche Harry sein musste, er hätte es wirklich eher erkennen sollen. Ron Weasley, der endlich mal selbst der Held, statt der Sidekick sein konnte. Weasley hatte ihn nie gemocht, ließ es ihn nun deutlich spüren, unter Anderem damit, dass Niemand mit ihm zu reden hatte, wenn er weiterhin in den guten Karten des Helden der Zauberwelt stehen wollte.

„Warte“, bat Luna, als sie sah, dass Neville aufstand. „Das ist nicht der einzige Grund, warum ich hier auf dich gewartet habe!“

„Was?“, fragte Neville, setzte sich wieder hin. „Du bist ja vollkommen aufgelöst.“

„Ich… morgen… ist Hogsmaedewochenende, nicht wahr?“§

„Ja, das weiß ich.“

„Ich… ich weiß, wenn ich zurückkomme, wird Dumbledore auf mich warten, er will, dass ich für ihn arbeite, wenn ich das nicht tue, was ich nicht vorhabe, dann… will er mich umbringen, es wird aussehen, wie ein Unfall. Ich werde nicht zurückkommen und du… solltest es auch nicht tun, denn du wirst der Nächste sein. Flocke würde das nicht wollen, er wartet auf uns, bei ihm sind wir sicher, bitte, komm mit mir, nur zusammen können wir unbemerkt so weit kommen, sie werden denken, wir wären irgendwo in einer Ecke und… würden Unanständiges tun.“

„Ich…? Warum ich?“, fragte Neville verwirrt. „Ich bin vollkommen unbedeutend.“

„Das bist du nicht“, konterte Luna. „Du bist ein Erdelementar, du bist eine Waffe, wie Flocke es ist. Deine Großmutter kann sich kaum um dich kümmern, sie wird vermutlich nicht mal merken, wenn du fehlst, mein Vater… weiß schon Bescheid, er würde uns morgen abholen und mit uns zu einem Platz gehen, von dem wir an einen sicheren Ort kommen.“

„Hast…. Du das gesehen?“, fragte Neville leise, es alles nicht fassen könnend.

Luna nickte. „An Flockes Seite sind wir sicher. Dann werden wir endlich erfahren, was wirklich vorgeht und wir können entscheiden, was wir tun werden. Bitte… begleite mich, ohne dich kann ich nicht gehen.“

Neville lächelte etwas. „Du weißt, dass ich mitkommen werde“, gab er nur zurück. Er wusste, seine Großmutter sah nur ihren eigenen Sohn, hielt ihn für schwach und seine Faszination für Pflanzen für lächerlich, da er ein Reinblut war, sie würde ihn nicht vermissen, sie lebte ohnehin schon seit mehr als einem Jahr fast nur noch in ihrer Phantasiewelt. „Ich hoffe, es geht Harry gut.“

„In ein paar Tagen werden wir uns davon überzeugen können“, gab Luna zurück, stand auf, half dem Anderen und nahm stumm die zweite Gießkanne.

 

 

Es war früh am nächsten Morgen, als Percy wieder aufwachte, nicht zwangsläufig wach, aber merkend, dass es seine übliche Aufstehzeit war. Gegen sieben Uhr morgens. Die Zeit, in der er sich duschen, anziehen und fertig machen musste, um zur Arbeit zu gehen. Er seufzte, hielt die Augen geschlossen. Er hatte wirklich keine Lust, sich wieder mit den Idioten im Ministerium herumzuschlagen, die den Minister meist umgaben. Aber er musste, der Mann verließ sich auf ihn und…

Stopp!

Heute nicht! Heute musste er einen Tag krank machen! Er konnte unmöglich zur Arbeit gehen, nicht bevor er heut einige Dinge geklärt hatte! Er bewegte seine Hand etwas, spürte den Anderen unter den Fingern. Sein kleiner Gefährte. In seinem menschlichen Körper. Das brachte Percy dazu, die Augen zu öffnen, er blickte zu dem Kleineren, von dem man nicht viel mehr sah, als die vom Schlaf wirren, dunklen Haare. Allerdings spürte der Rotschopf auch, dass der Andere sich immer noch an seinem Hemd festkrallte. Was ihm wieder diese verweinte, zittrige Stimme in Erinnerung rief, die ihn angebettelt hatte, nicht zu gehen, im Glauben, allein gelassen zu werden. Dazu kam, dass der Kleine nicht wusste, dass er nicht Harry, sondern ein ganz Anderer war. Und Percy musste es ihm erklären, gleich nach einem kleinen Frühstück, denn dann musste er auch zu Tom und Diesem sagen, dass der so verzweifelt gesuchte Sohn die gesamte Zeit seit dessen Verschwinden absolut sicher gewesen war, nur um sich dann zweifelsfrei bedrohen zu lassen, weil er den Anderen ja schon gezeichnet hatte. Er fegte vorsichtig die Haare beiseite, bis er den Hals des Jüngeren sah, es dauerte auch nicht lang bis er, genau am Ansatz des Halses, die Bissspuren sah, er führ leicht darüber, was dazu führte, dass der Kleine sich tiefer in seine Arme kuschelte, ohne auch nur Spuren von Erwachen zu zeigen.

Gerade, als Percy seinen Bruder mit einem Zauber aus dem Bett werfen wollte, öffnete sich die Schlafzimmertür von selbst, er runzelte die Stirn, denn es war nicht George, der da stand, sondern… „Fred, ich dachte, du bist im Regenwald“, stellte er irritiert fest.

Fred lächelte einfach, trat leise ein und schloss die Tür hinter sich. Auf seinen Armen hatte er zwei kleine Stapel, ein Mal Kleidung von Percy, die sie hier gehabt hatten, der Andere waren Sachen, die George und ihm zu klein waren, gut, sie würden Harry immer noch zu groß sein, aber nicht so sehr, wie die Dinge von Percy. „Ich bin heut Nacht zurückgekommen, weil alle meine Beutel voll waren, trotz Erweiterungszauber. Und dann hab ich Georgie vollkommen besoffen im Wohnzimmer gefunden, er hat mir erzählt, was passiert ist“, führte er aus. „Ich hab heut Nacht auch nach euch beiden gesehen.“

Percy seufzte, er richtete sich etwas auf, darauf achtend, den Kleineren nicht loszulassen, da der sofort zuckte. „Weißt du, warum er so eine Angst davor hatte, mir die Wahrheit zu sagen?“ Er hatte immer gedacht, Neveo klar gemacht zu haben, dass ihm egal war, wer unter dem Fell steckte. „George meinte, du wüsstest das besser und es ist ja selten, aber das hab ich ihm unbesehen geglaubt.“

Leise seufzend setzte Fred sich auf die Matratze, streckte seine Hand in Richtung seines kleinen Freundes aus, zog sich aber wieder zurück, als er Percys warnenden Blick sah. „Weil außer George, mir, Neville und ein, zwei Anderen nie Jemand für ihn da war, wenn es brenzlig wurde. Sie haben außer seiner Narbe nie was gesehen, seine Schmerzen, seine Angst, seine Fast-Abhängigkeit vom Traumlostrank, seine Alpträume. Es war den Leuten egal, sie haben nur Harrys Maske gesehen. Und dann… kam Cedric, der Harry helfen wollte und dann war Cedric tot. Harry hält sich selbst für abstoßend. Ich hab ihn mal beim Duschen gesehen, weil ich nachts wach geworden bin und Jemanden im Bad gehört hab. Ich bin der Einzige, der es weiß, aber… er hat schreckliche Narben. Narben, für die er sich schämt. Selbst unsere Mutter hat nie was unternommen, um ihn zu helfen und wenn sie dachte, Niemand sieht hin, hat sie Harry angesehen, als wäre er was Giftiges.“

„Also weiß sie es“, stellte Percy hart fest, der es nun bereute, die Frau damals nicht gefangen genommen zu haben.“

„Sie weiß was?“, fragte Fred verwirrt.

Percy schüttelte den Kopf. „Ich muss es ihm nachher sagen, dann könnt ihr zuhören“, gab er knapp zurück. „Kannst du was zu Essen auf den Tisch bringen, deinen Bruder wecken, ihn ausnüchtern und in ein, zwei Stunden im Wohnzimmer sein? Ach ja, und sag bitte an meinem Arbeitsplatz, dass ich heut krank bin und erst nächste Woche zurückkommen werde.“

Gut, egal, was da kam, es musste wohl heftig sein, bedachte man, dass Percy sich gerade ganze zwei Tage frei nahm! Also nickte er und zog sich wieder zurück.

Percy wartete, bis der Andere wieder draußen war, sah dann in seine Arme, wo sein Kleiner noch schlief, aber immer unruhiger wurde. Er strich mit dem Finger über die Wange, die noch immer die Spuren der Tränen der vergangenen Nacht zeigte, wartete, bis die Augen schließlich endlich aufflatterten. „Guten Morgen, Neveo“, sprach er leise, nicht bereit, den Jungen beim Namen eines Toten zu nennen.

Er fühlte sich besser, stellte Harry fest, er fühlte sich sogar warm, nicht so kalt, wie die letzten beiden Tage. Es dauerte, bis schließlich auch wieder der Rest zu ihm zurückkam, wie er gebettelt hatte, dass Percy tatsächlich nicht gegangen war. Nun merkte er erst, dass er gehalten wurde, eigentlich nicht mehr lag, sondern eher saß. Vielleicht sollte er doch endlich die Augen öffnen, sehen, ob er das nur geträumt hatte, nur, um es zu wissen. Er zwang sich, die Lider etwas zu heben, stockte aber dann, als er die ruhige, tiefe Stimme über sich hörte. „P..P…“

„Ja, ich bin es“, gab Percy ruhig zurück, er setzte den Jüngeren so, dass er dessen Gesicht zu sich heben konnte. „Ich bin nicht gegangen, wie ich es versprochen habe“, erklärte er, lächelte etwas und strich, wie nebenbei, über das Bissmal, merkte, wie sein Kleiner sich sofort etwas weiter entspannte, lächelte etwas breiter.

Oh Gott! Was… was sollte Harry denn jetzt tun? Wie sollte er sich verhalten? Er… er hatte doch keine Ahnung! Immerhin war Percy bei den Todessern und er war Harry-blody-fucking-Potter!

Percy seufzte leise, als er sah, wie der Jüngere sich verschloss, offensichtlich nicht in der Lage, mit dieser Situation umzugehen. Er strich über dessen Haare, hob den gesenkten Kopf wieder an. „Komm“, bat er. „Du musst aufstehen, Fred hat dir ein paar Klamotten raus gesucht, du trägst immer noch deine Schuluniform. Geh ins Bad und dusch dich, danach frühstücken wir und anschließend werde ich mit dir reden und du kannst mir jede Frage stellen, die du willst, aber Kleiner…. Bitte versuch nicht, zu morphen. Du warst zu lang in deiner zweiten Gestalt, das hat dich sehr, sehr viel Magie gekostet. Ich will nicht, dass du krank wirst. Versprichst du mir das?“ Er sah auf das Halsband, das der Jüngere immer noch trug, überlegte sich, es abzumachen, entschied sich aber ganz egoistisch erst mal dagegen, da er es toll fand, dass Neveo seinen Namen um den Hals trug.

Froh, eine einfache, wenn auch komische Anweisung bekommen zu haben, nickte Harry, er ließ sich aufrichten, doch es fiel ihm unheimlich schwer, den Älteren loszulassen, er sah sich immer wieder gehetzt um, als der ihn, mit dem Stapel Kleidung, ins Bad brachte, konnte sich dann doch nicht zurückhalten und griff nach dessen Ärmel.

„Kleiner“, beruhigte Percy den Jungen, der erneut nach ihm gegriffen hatte. „Es ist gut, ich bin da und ich werde da sein, wenn du wieder aus der Dusche kommst“, versprach er, nahm das Gesicht des Jüngeren zwischen seine Hände. „Ich habe es dir schon oft genug gesagt, du bist mein kleiner Neveo und es ist mir egal, was sonst ist. Ich wollte es nur wissen, um dich schützen zu können und jetzt weiß ich, wen ich umbringen muss, wenn er auftaucht.“ Er lächelte etwas. „Du bist immer noch ganz verweint. Geh, wasch dich, ich helfe Fred beim Frühstück.“ Er wartete, bis der Kleine schließlich endlich ins Bad ging, die Tür aber offen ließ und in voller Kleidung in die Dusche stieg, bevor er begann, sich auszuziehen.

Percy schüttelte den Kopf, ging schnell zurück ins Zimmer, sprach einen Reinigungszauber und wechselte seine Kleidung, bevor er raus ging und Fred half, den Tisch zu decken. Er konnte George in der Küche werkeln hören. Nun, beim Brot schneiden, Butter raus stellen und Wurst auf einem Teller anrichten konnte ja nicht viel geschehen.

„Perc?“, fragte Fred, hob eine Augenbraue. „Was ist?“

„Ich mache mir Sorgen. Ich hab von Anfang an angenommen, dass er gefoltert wurde, aber… nicht, dass man ihn derart gebrochen hat“, stellte er leise fest, setzte sich schließlich auf den Stuhl, den er meist für sich beanspruchte.

„Uns hat ja Niemand geglaubt“, knurrte in dem Moment George, der den Teller mit Wurst und Käse weit heftiger abstellte, als nötig gewesen wäre.

Percy beschloss, das zu ignorieren, starrte auf den Tisch, während er zeitgleich auf das Wasser im anderen Raum hörte. „Ich hoffe nur, ich kann das wieder in Ordnung bringen“, stellte er ruhig fest. Er war auf der einen Seite froh, dass sein Kleiner nicht so hyperaktiv war, wie er vorgespielt hatte, doch so gebrochen wollte er Diesen auch nicht sehen.

„Ich habe größtes Vertrauen in dich, großer Bruder“, lächelte Fred, stellte eine Tasse starken Kaffee vor den Anderen und eine mit dampfender heißer Schokolade auf den Platz neben Diesem, während er sich selbst einfach Tee eingoss.

Percy antwortete nicht, er wartete einfach nur, die Sinne auf das Wasser gerichtet. Als es schließlich aufhörte, zu fließen, stand er auf, stellte die Tasse, von der er kaum genippt hatte, ab und lief den Gang zum Bad, wartete dort.

Nur zögerlich stieg Harry in die Dusche und erst, als er von der milchigen Tür verdeckt war, begann er, die Uniform, die er tatsächlich immer noch trug, langsam auszuziehen, wobei er schon wieder fror. Hastig warf er die Kleidungsstücke über die Tür, stellte das Wasser auf warm und genoss es, sich das erste Mal seit längerer Zeit zu duschen, verdrängte in dem Moment die anderen Gedanken, zumindest so lang, bis er wieder aus der Duschkabine raus war, eng in ein Handtuch gewickelt und sich abrubbelnd. Er wusste nur zu gut von seinen Narben. Niemand konnte ihn haben wollen, nicht so und ja, er wollte nur wieder zu Neveo werden, aber er hatte versprochen, es nicht zu versuchen. Also griff er stattdessen nach der Wäsche, die er nie zuvor gesehen hatte, zog sie an. Der Pullover war viel zu weit, aber nicht so extrem überlang, die Hose saß sehr locker. Schließlich, nach einigen weiteren Momenten, in denen er sich fragte, was Percy ihm sagen wollte, riss er sich zusammen, trat aus der Tür – und stockte, als er den Älteren sah, der an der Wand lehnte und ihn anlächelte.

„Ich glaub, die Sachen sind dir immer noch zu groß“, stellte Percy fest, hob seine Hand, wissend, dass Neveo schon immer gezuckt hatte, wenn er den Zauberstab gehoben hatte und nutzte etwas seiner stablosen Magie, um die Kleidung so weit anzupassen, dass sein Kleiner die Hose nicht mehr festhalten musste, um sie oben zu halten. Dann legte er seine Hand einfach um die zu dünne Taille des Kleinen und brachte ihn entschieden zum Tisch. Allerdings merkte er den Widerstand seines Gefährten, als er Diesen auf den Stuhl dirigieren wollte. Kurzerhand nahm er den Jüngeren auf seinen Schoß und gab ihm die Tasse mit der Schokolade.

Das Frühstück verlief generell sehr ruhig, sein Kleiner weigerte sich einfach, aufzusehen, klammerte sich an seine Tasse und weigerte sich zu essen, Percy blieb auch beim Kaffee, während George fleißig aß, wie immer und Fred ihren kleinen Kumpel beobachtete.

Schließlich befahl Percy einer der Hauselfen, abzuräumen, trug seinen Kleinen rüber ins Wohnzimmer, setzte ihn auf den Sessel und kniete sich davor, so, dass er Diesem ins Gesicht sehen konnte. Das hier würde vermutlich sehr, sehr unangenehm werden. Er deutete Fred und George, sich aufs Sofa zu setzen, blickte in die nun blauen Augen, die zumindest nicht mehr aussahen, wie der Todesfluch selbst. Ihm gefiel es. Sehr gut sogar. „Kleiner, ich weiß, du hast vermutlich nicht viel mitbekommen, als du bei mir gelebt hast, aber… weißt du, worum es oft ging?“

Harry blinzelte, er fühlte sich nicht gut auf dem Sessel, so bequem er auch war, er fühlte sich im Moment steinhart und dornig an. Ja, er war oft dabei gewesen, bei Versammlungen mit Malfoy, Snape und irgendeinem Anderen, der ihm nichts gesagt hatte, doch er hatte meist auf einem Kissen gelegen und geschlafen, nicht mehr!

„Also nein“, murmelte Percy, seufzte etwas. „Es ging um Harry Potter“, erklärte er, sah, wie der Junge zuckte, doch er hielt dessen Gesicht weiterhin zwischen seinen Händen. „Wusstest du, dass der andere Mann im Zimmer, neben Snape, den du kennst, und Malfoy, den du sicher auch erkannt hast, der dunkle Lord war?“

Nun wurde Harry schneeweiß, begann, fast unkontrolliert zu zittern: Er war tot, er war so was von tot! Der Mann würde ihn umbringen!

„Und nein, er will dich nicht töten, im Gegenteil. Ich werde dir jetzt eine Geschichte erzählen. Eine, die kaum Jemand kennt und sie sollte diesen Raum niemals verlassen“, fügte er hart an, den Blick dieses Mal auf seine hastig nickenden Brüder gerichtet. Erst dann wandte er sich wieder seinem zitternden Gefährten zu. „Vor vielen Jahren, als der dunkle Lord, damals vor allem bekannt unter dem Namen Tom Marvolo Riddle, noch zur Schule ging, lernte er ein Mädchen kennen, sie war damals so alt, wie du jetzt, sogar etwas jünger. Er hat sie sehr geliebt und aufgrund seiner Magie sind sie beider nur sehr, sehr langsam gealtert, weit langsamer als Dumbledore. Nach der Schule haben sie geheiratet und Tom ist in die Politik gegangen, ganz legal, aber er hat für Dinge gekämpft, die Dumbledore nicht mochte. Es ging so weit, dass der Mann Tom als Verbrecher dastehen ließ, für Dinge, die er selbst getan hatte. Damals entstand der dunkle Orden und Tom erfuhr, dass er kein Halbblut war, sondern der letzte Erbe aus der Linie Slytherins. Etwas, das den Alten anfraß, der übrigens illegal den Stuhl des Direktors bekommen hat, aber das ist eine andere Geschichte.“ Er strich über die Wange seines kleinen Gefährten, lächelte versichernd, ohne darauf zu achten, wie unbequem er da kniete.

„Nun, vor fünfzehn Jahren, etwas spät, wurde Toms Frau schwanger. Sie brachte ein Kind zur Welt, einen kleinen Jungen. Eigentlich haben die beiden erst mal keine Babies gewollt, aus Angst vor dem, was mit einem Kind geschehen könnte, wenn der Alte davon erfahren würde, doch sie haben ihren Sohn, Zeon Marvolo Salazar Riddle, sehr geliebt. Nur eine Woche nach diesem Kind kam Harry James Potter auf die Welt.“

Kurz pausierte Percy, blickte auf die Zwillinge, die vorgebeugt, aufeinander gestützt auf dem Rand des Sofas saßen und gebannt zuhörten. Wobei sie schon zu ahnen schienen, worauf es hinauszulaufen drohte.

„Einige Wochen später kam es zu einem schrecklichen Angriff auf Tom und seine Familie, es ist damals genau das geschehen, was er befürchtete, sein Kind und seine Frau waren tot, das dachten wir alle und es war James Potter, der lachend seiner Frau den Zauber auf den Hals gehetzt hat, der es uns unmöglich gemacht hat, sie zu retten. Tom hat die Potters gehasst, sein Kind lag tot in einem Sarg, während die Potters ihr Kind überall präsentierten, ein gesunder, kleiner Junge, nachdem der Mann ein anderes Kind umgebracht hatte. Das hat ihn so aufgebracht, dass er schließlich zu den Potters ging, um die Familie auszulöschen, wie die es mit der seinen getan haben. Doch als er das Kind töten wollte, schoss sein Zauber zurück und hat stattdessen für mehr als ein Jahrzehnt seinen eigenen Körper vernichtet.“

Automatisch fasste Harry dahin, wo eigentlich seine Narbe war, doch er spürte sie nicht. Was? Na ja, auch egal. Er verstand den Mann auf jeden Fall. Schon, als er von Snape erfahren hatte, dass sein Vater angeblich gewesen war, wie Dudley, hatte er sich andere Eltern gewünscht, doch nun verstand er auf jeden Fall, warum Voldemort ihn tot sehen wollte.

„Ja, die Narbe, der Angriff auf dich, Halloween. Aber weißt du, was ein Zeichen der Linie Slytherins ist? Diese Linie ist immun gegen den Avada, sie kann ihn reflektieren. Ohne irgendwelche obskuren Liebesopfer oder sonst was. Und wenn ein Mitglied ein anderes aus der Familie umzubringen versucht hat und es noch mal tut, so werden am Ende auf jeden Fall, so oder so, Beide sterben…“

„Nein“, flüsterte Harry, dem langsam klar wurde, was Percy ihm sagen wollte. „nein, nein, er… er hasst mich, er… das… das ist ein… sein Sohn ist tot, du…. Du hast…!“

„Ruhig“, befahl Percy mit klarer Stimme, als er die Panik des Kleinen spürte. „Ich sagte, Tom dachte, dass sein Sohn in einem Sarg liegt. Vor einigen Wochen hat Snape das überprüft und weißt du, was wir raus gefunden haben? In diesem Sarg lag Harry James Potter. Ein weiterer Trank hat ergeben, dass das Baby einen Tag vor dem Angriff gestorben ist, an einem Gendefekt, der vor Allem in Reinblutlinien vorkommt, sie zu oft in die eigene Verwandtschaft geheiratet haben. Der Angriff, geleitet von Dumbledore, hatte nur einen einzigen Zweck: Toms eigenen Sohn gegen ein totes Kind auszutauschen, um sicher zu stellen, dass der Beste umkommen würde. Du warst nichts weiter, als eine Marionette, die geopfert werden sollte, in einem Krieg, von dem Dumbledore wusste, dass er in eine neue Runde gehen würde. Kleiner, seit Tom das weiß, macht er sich schreckliche Vorwürfe, er lässt überall nach dir suchen, um dich bei sich zu haben und dich zu schützen, dich aus diesem lächerlichen Gemetzel, in dem du in dem Alter ohnehin nichts zu suchen hast, raus zu halten. Er will dich nicht töten, er will sich einfach nur entschuldigen.“

Harry konnte nichts anderes tun, als verzweifelt den Kopf zu schütteln, Das konnte nicht sein, das… war denn Alles immer nur eine Lüge gewesen? „Ich.. seh aus, wie…!“

„Eine Mischung aus Tom und seiner Frau“, gab Percy zurück, konfigurierte einen Spiegel, hielt ihn vor den Jüngeren. „Deine Augen sind blau, deine Haare dunkel und fast glatt, dein Gesicht hat sich auch verändert. Ich nehme an, dein erstes Morphen hat die Zauber gelöst, die auf dir lagen. Du hast nichts von Potter oder Evans.“

Entsetzt starrte Harry in das fremde Gesicht im Spiegel und doch berührten auch Finger das fremde Gesicht im selben Moment, wie er es tat. Die Narbe war weg, seine Augen hatten eine irritierend andere Farbe, sein Gesicht sah noch androgyner aus und von Bronze war auf seiner Haut nichts mehr zu sehen.

Percy ließ seinem Kleinen einen Moment, dann ließ er den Spiegel verschwinden. „Ich werde dich gleich wieder mitnehmen und zu Tom bringen, anschließend…“

„Nein!“, schrie Harry regelrecht, riss sich los, vergrub seinen Kopf in den Händen, zog die Beine näher an den Körper. Er wollte nicht dahin, er wusste, der Mann würde ihn nicht sehen wollen, nicht so, wie er war, nicht der kleine Versager, der nicht mal einen Freund vor dem Tod retten oder sein Leben ertragen konnte, der Zuflucht im Körper eines Tieres suchte und sich hinter einem Anderen versteckte! Er wollte lieber die Vorstellung haben, einen Vater zu haben, der ihn vielleicht lieben konnte, statt diese Hoffnung auf Familie zu verlieren. Außerdem war er ja damit schuld, dass sein Vater fast gestorben war und das trug sicher nicht zu dessen Begeisterung bei. Er war nun mal kein guter Sohn!

„Doch, Kleiner“, gab Percy ruhig zurück, er strich leicht über das Mal, dass er dem Jüngeren verpasst hatte, wodurch die Anspannung wieder etwas nachließ und er den Kopf des Anderen zu sich heben konnte. „Dein Vater will dich bei sich haben und es ist ihm egal, was vorher war oder wie du aussiehst, er will dich einfach nur da haben. Ich bringe dich gleich zu ihm.“

„Er… er wird… er wird mich…!“

„Nicht mal schief ansehen“, gab Percy ruhig zurück, hob seinen Zauberstab. „Und ich stehe hinter dir. Ich werde sogar meinen Zauberstab halten, wenn du Angst hast. Er will dir doch wirklich nichts tun. Du bist Alles, was er an Familie noch hat.“

Harry schüttelte den Kopf, wollte einfach nur noch morphen und verschwinden, doch gerade, als er merkte, wie seine Magie reagierte, wurde er gehindert, durch Druck auf eine Stelle an seinem Hals.

„Nein, Kleiner. Auf gar keinen Fall“, verbot Percy. Du darfst nicht morphen! Du bist zu schwach! Das ist Wahnsinn!“ Er war einfach nur froh, dass das Mal wirklich die Magie hatte stören können. Aber sein Neveo war viel zu schwach und mitgenommen, um das heil zu überstehen.

„Ich… ich will nicht, er… er kann mich nur hassen, ich…!“

„Kleiner, er hasst dich sicher nicht“, wiederholte Percy. „Außerdem – wie willst du das wissen, wenn du ihm nicht die Gelegenheit gibst, das festzustellen?“ Er lächelte, doch noch bevor der Junge weiter protestieren konnte, nahm er Diesen auf den Arm, blickte zu seinen Brüdern. „Kein Wort,“ erinnerte er einfach nur, dann trat er in die Flammen.

„Nein“, flüsterte Harry nur, während er die bekannten Gänge entlang lief, doch er konnte sich nicht gegen die Arme wehren, die ihn hielten, schließlich öffnete sich eine Tür, er wurde auf den Boden gestellt, nur um direkt in Deckung zu gehen, hinter Percy, der ihn mit einer Hand festhielt.

Ruhig trat Percy in den Konferenzraum ein, in dem gerade Lucius, Severus und der Lord saßen, über verschiedene Pläne gebeugt und mitten in einer Besprechung. Die Anderen sahen ihn an, wie er schließlich den Zauberstab zog. Er hatte es seinem Kleinen versprochen. Schnell neigte er den Kopf. „Ich entschuldige den Stab, aber mein Kleiner hat Angst und würde sich sicherer fühlen, wenn ich ihn in der Hand habe, er glaubt mir nicht, dass ihm nichts passieren würde.“

Tom hob eine Augenbraue, musterte seinen General, der den Zauberstab im Anschlag hatte, während er mit der anderen Hand hinter seinem Rücken vermutlich den Jungen festhielt. Denn der Leopard hatte sich nie versteckt, sondern immer auf dem Kissen an der Tür gelegen und geschlafen. „Und was bringt ihn auf die Idee?“, fragte er schließlich, griff nach seinem Zauberstab und legte ihn deutlich sichtbar auf den Tisch, sah seine anderen beiden Generäle auffordernd an, die ihm das, wenig begeistert, nachtaten.

Percy seufzte etwas, ließ den unbenutzten Trank zu Snape schweben und dazu eine Strähne von Neveos Haar. „Das da dürfte Einiges erklären.“

„Sie haben den Test nicht mal gemacht!“, empörte sich Severus, der die versiegelte Flasche sah.

„Das war auch nicht nötig“, antwortete Percy, wandte sich schließlich kurz um, lächelte den Jüngeren an. „Nicht morphen“, erinnerte er Diesen. „Du bist zu schwach. Vergiss das nicht.“

Severus knurrte etwas über Verantwortungslosigkeit, doch er ließ das Haar in den Trank fallen, wartete, bis das Ding zerlegt war und goss die Flüssigkeit auf ein Blatt, das er aus dem Stapel zog, während die anderen Beiden sich entschieden zu neugierig über ihn beugten. Langsam begann sich die Schrift zu bilden, man konnte dabei zusehen, doch das, was da stand, das… das war…

Schlagartig wurde Tom schneeweiß, kurz schwankte er, doch dann hatte er sich wieder im Griff. „Ist das wahr?“, fragte er leise, die Zauberstäbe allesamt in die entfernteste Ecke des Zimmers donnernd. Wenn das helfen würde, die Angst des Kleinen zu dämpfen würde er noch weit mehr tun.

„Ja“, gab Percy zurück. „Er war hier, er war die gesamte Zeit hier und er war sicher“, lächelte er. „Nur war ihm nicht klar, wer… Tom ist, er hat auch nie sehr auf Andere geachtet. Komm, Kleiner“, bat er, zog etwas an der Hand, die er umschlossen hielt. „Alle Zauberstäbe sind in einer anderen Ecke des Raumes und weder Snape noch Malfoy beherrschen stablose Magie. Zumindest nicht mehr als ein Lumos oder ein Wingardium.“

Nicht, dass das Harry irgendwie beruhigte, doch er konnte sich nicht wehren, als Percy ihn schließlich hinter dem Rücken vorzog, ihn vor sich schob. Schneeweiß und zitternd sah Harry sich in dem Raum um, seine Augen hetzten von Wand zu Wand, nach einem Fluchtweg suchend, während der Arm des Anderen genau so etwas verhinderte, vor Allem, als die Andere sich wieder an diese Stelle auf seinem Hals legte, die ihn vollkommen schwach werden ließ, es ihm unmöglich machte, auf seine Magie zuzugreifen, etwas, das er gerade wieder hatte tun wollen. Aber zumindest hatte Percy seinen Zauberstab draußen. Nicht, dass ihn das beruhigte. Er hatte Voldemort gesehen, der konnte auch ohne Stab einen crucio losschicken.

Stumm beobachtete Tom, wie sein roter General den Jungen mit sanfter Gewalt hinter seinem Rücken vorzog. Der Junge, der kaum älter wirkte, als vielleicht zwölf Jahre, sah sich hektisch um, mit tiefblauen Augen und recht glatten, dunklen Haaren. Er hatte keine Ähnlichkeit mehr mit Potter. Nur mit einem vollkommen verängstigten Kind, das nun auch noch zu weinen begann.

Langsam, als würde er auf ein scheues Pferd zugehen, lief Tom zu dem Jungen, zu seinem Kind, lächelte schließlich, hob seine Hände. „Ich habe nicht vor, dir was zu tun“, sprach er leise, darauf bedacht, nicht wie sonst hart und befehlend zu klingen. Er sah ihr so ähnlich! Schließlich ging er ein kleines Stück vor dem Jungen auf die Knie, lächelte etwas. „Du bist sicher…“

Harry wimmerte, als der Mann auf ihn zuging, der erst ein undeutliches Schema war, dann aber deutlich zu erkennen, vor Allem an den dunkelroten Augen. Er versuchte, zurückzugehen, sich umzudrehen, doch der leicht erhöhte Druck auf seinen Hals verhinderte jede Bewegung, er konnte nur zusehen, wie der Mann sich bis auf eine Armeslänge näherte, sich dann aber hinkniete und ihm sagte, dass er sicher wäre. Etwas, das er nicht glaubte. Dieses Mal ließ Percy zu, dass er sich umdrehte, sein Gesicht an dessen Brust verstecken konnte.

„Ich fürchte, das ist etwas viel für ihn“, erklärte Percy leise, der seinen Stab zurück in als Armholster schob. „Er ist von der langen Zeit im Tierkörper geschwächt und….“

Tom schüttelte den Kopf, hob eine Hand. „Es ist gut, ich sehe es“, gab er leise zurück. „Bring ihn in ein Bett und sag mir Bescheid, wenn er schläft, dann komme ich vorbei“, fügte er knapp an. So gern hätte er den Sohn, den er so lang tot geglaubt hatte, in die Arme genommen, aber der sah aus, als würde er jeden Augenblick kollabieren. Er konnte nur zusehen, wie ein Anderer den Jungen hochhob und wegtrug…

 

 

Es war, wie immer an Hogsmaedwochenenden, schrecklich voll in dem kleinen Dorf. Überall liefen Schüler herum, durchstöberten die Geschäfte, die sich speziell auf diese Kundschaft eingestellt hatten. Süßigkeiten, einfache Spielsachen, Schuldinge, von Federn bis zu Pergament, ein Laden, um Tränkezutaten aufzustocken. Dazu natürlich die Eisdiele, die auch im Winter immer gute Geschäfte machen konnte, das Cafe und das Pub, das vor Allem Butterbier verkaufte.

Was es seit einigen Wochen allerdings auch überall zu finden gab, waren Ständer, die voll waren mit Scherzartikeln, die überall angeboten wurden. Sie alle trugen ein WWW auf der Packung, doch wer oder was dahinter steckte, wusste noch Niemand, nur, dass es viel besser war als Zonkos und dass der Mann praktisch keine Kundschaft mehr hatte, er würde den Laden zum Jahresende schließen, das hatte er schon angekündigt, da er keine Chance mehr hatte. Egal, wer den Markt mit diesen neuen Dingen überschwemmte, dieser Jemand war ein Genie, vor Allem, da der nicht nur in einem Laden verkaufte, sondern überall, im Wirtshaus, im Cafe, im Honigtopf, seine Stände hatte.

Wobei, Xeno konnte sich eigentlich denken, wer dahinter steckte und es brachte ihn jedes Mal wieder zum Schmunzeln. Es war doch so offensichtlich und doch sahen Andere es nicht. Aber wer war er schon, etwas zu sagen? Er stand wartend am Ende des Dorfes, hinter einer halb verfallenen Hütte, wie seine Tochter es in dem Brief beschrieben hatte.

Ja, er hatte Angst. Nicht um sich, sondern um seine geliebte, kleine Tochter, die das Talent ihrer Mutter geerbt hatte und die nun die Gefahr gesehen hatte, unbedingt heut noch weg musste. Zur Winkelgasse, zu einem Haus, in dem sie Unterstützung finden würden. Nun, Xeno war gespannt, doch er würde tun, was sie sagte, denn sie hatte bisher noch immer Recht behalten. Dieses Mal würde er Alles tun, egal, wie dumm es sich anhörte, den Fehler, nicht zu vertrauen, wie er es bei seiner Frau gemacht hatte, den wiederholte er nicht!

Oh ja, das war etwas, das Luna nicht wusste. Er hätte seine Frau noch haben können,  hätte er damals nicht gezögert und getan, was sie verlangt hatte. Doch es war ihm so seltsam vorgekommen, dass er das für Unsinn, für einen Alptraum gehalten hatte und sie selbst hatte allein nicht alles geschafft, darum war sie tot gewesen und es hatte genug gekostet, das damals kleine Kind zu retten.

„Pa“, stellte Luna leise fest, nahm die Hand ihres Vaters und lächelte. „Neville und ich wären dann soweit. Du weißt noch, was ich gesagt habe, oder?“

„Ja, Kleines“, nickte Xeno. „Erst apparieren wir zu uns, dann werden wir mit dem magischen Motorrad bis nach Edinburgh fahren und dort übernachten, morgen setze ich euch in den Zug noch London, während ich mit dem Motorrad weiter in die Highlands fahre, bis ich fast wieder an der Schule bin, dort werde ich apparieren und von York aus selbst nach London fahren, mit dem Zug, wo ich euch dann bei der Adresse treffe, die du mir gegeben hast“, wiederholte Xeno brav. Es kam ihm wirklich vollkommen sinnlos vor, doch wie gesagt, er würde Alles tun, wenn es seine Tochter rettete. Das hatte er sich geschworen.

„Gut“, nickte Luna zufrieden, sah das seltsame Gesicht von Neville. „Diese Fahrt wird unsere Spuren verwischen“, erklärte sie beiden Männern, bevor ihr Vater apparierte. Dann lief sie ins Haus, packte schnell einen kleinen Rucksack, auch ein Bild ihrer Mutter, etwas Essen und andere Dinge. Dann konfigurierte sie zwei Helme, ging wieder raus. „Sie werden Dad eine Weile verfolgen, nachdem wir im Zug sind und feststellen, dass er einfach nur rumfährt, erst dann werden sie ihn von meinem Verschwinden benachrichtigen“, erklärte Luna leise. „Bis dahin werden wir aber schon in Sicherheit sein. Dann kann uns Niemand mehr schaden, Flocke wird für unsere Sicherheit sorgen – und wir für seine.“

„Ist gut, Luna“, nickte Neville, der sich zu Luna in das Beifahrerboot der magischen Maschine setzte. Es klang einfach logisch und hatte nichts mit dem Wahnsinn zu Tun, den Andere ihr immer gern unterstellten. Es war ehrlich gesagt, das Beste, was er in diesem Jahr bisher gehört hatte.

„Nun, Kinder?“, fragte Xeno, der sich schnell umgezogen hatte, sich nun auf das Motorrad schwang. „Bereit für ein Abenteuer?“

„Immer doch“, lächelte Neville, während Luna ihren Daumen hob. Das war für den Mann das Signals, den recht lauten Motor zu starten und die Fahrt ging los…

 

 

„Tom“, knurrte Severus ungehalten. „Weasley wird seinen Patronus schon schicken, bitte hör auf, Löcher in den Boden zu laufen!“ Er rieb sich seine Stirn, dachte selbst an das, was er gesehen hatte. Und ja, auch er war erschüttert gewesen, so, wie Lucius, der los geschickt worden war, um raus zu finden, was die Gefangenen aus dem Brathühnchenorden über das wussten, was man mit dem Jungen in der Schule, vor Allem im letzten Schuljahr getan hatte. Der Blonde war nur zu gern in eine Aufgabe geflüchtet. Er hatte es auf sich genommen, Tom zu beruhigen und ihm Gesellschaft zu leisten, wobei er aber nicht erwähnte, dass auch ihn diese angsterfüllten Augen verfolgten.

„Ich….! Sev, hast du… hast du diese Augen gesehen?!“, fragte Tom nur vollkommen erschüttert, bevor er sich schließlich doch in den Sessel fallen ließ, die Augen hinter seinen Händen verbarg. Ein weiteres Mal hatte er sich das angesehen, was er in den Köpfen dieser Schweine gefunden hatte, sicher er hatte vorher schon gewusst, dass das keine tolle Kindheit gewesen war, aber nun, wo er das mit dem Wissen gesehen hatte, dass es sein Kind war, war es erschreckend. Sein Sohn war nicht gewickelt, nicht gefüttert und nie in den Arm genommen worden. Ein paar Mal hatte er, als er klein gewesen war, versucht, eine Umarmung zu bekommen, was in schrecklichen Schlägen geendet hatte.

„Wir wussten, dass er verstört sein würde“, erinnerte Severus.

„Aber… aber so…?! Er hatte panische Angst, obwohl unsere Zauberstäbe weg waren und Percy seinen hatte! Er…! Als… als Tier war er das doch auch nicht! Gut, er war… schüchtern, aber doch nicht so!“

„Als Leopard konnte er sich selbst einreden, nicht er zu sein“, konterte Severus. „Da war er einfach nur ein Anderer, jetzt muss er sich wieder mit all dem auseinandersetzen, was er durchgemacht hat, solange er vier Pfoten hatte, konnte er das wohl verdrängen, auch, weil man als Animagus Charakteristika von Tieren übernimmt und ich weiß, ich habe manchmal Schwierigkeiten, meine Sinne da zu halten, wo ich sie brauche. Katzenwesen sind sehr verspielt und neugierig, sie denken oft nicht sehr weit.“

Tom schüttelte nur den Kopf, rieb sich die Stirn. „Sie würde mich umbringen…“

„Dann hätte sie das schon getan“, konterte Severus, der ahnte, dass er wohl wirklich Geistheiler für den Sohn seines Lovers sein musste. Der Junge war vermutlich der schwerste Fall von Misshandlung, dem er bisher gegenüber gestanden hatte. Dass der Junge außerdem bereits gezeichnet war und Percy Weasley rein rechtlich mehr zu sagen hatte als Tom, das wagte er nicht mal anzusprechen. Der Andere mochte die alten Wege, daher musste er das ja auch respektieren. Auch, wenn Weasley ihm immer unterstellt sein würde, gleichzeitig hatte der Mann als Einziger wirklich noch das Recht über die Zukunft des Jungen zu bestimmen. Was ihn auf noch was brachte. „Wie willst du ihn nennen?“, fragte der Tränkemeister den in sich zusammengesackten Mann auf dem Sessel ruhig. „Er war sein Leben lang Harry oder Potter, dann während er hier war Neveo...“

Tom zuckte mit den Schultern. „Was immer er möchte“, gab er leise zurück. „Wenn er den Namen behalten will, den er bisher hatte, gut, wenn er den tragen möchte, mit dem Percy ihn anredet, auch gut, ich will nur, dass er den Namen, den seine Mutter gewählt hat, zumindest als Zweitnamen führt. Glaub mir, mir ist alles egal, solang er mir nur irgendwann verzeihen kann. Merlin Sev, ich hab wirklich versucht, mein Kind umzubringen! Die Frau hat nicht versucht, das Baby abzuschirmen, sie wollte es vor sich halten!“

Kurz schloss Severus die Augen, doch er hatte schon in der Schulzeit gewusst, dass die Freundin seiner Kindheit nicht mehr existierte. Damals hatte er sich, dank des Schimpfwortes, auch noch fast selbst verraten. „Du solltest…“, doch er konnte den Satz nicht beenden, da ein silbriger, fast durchscheinender Leopard sich vor Tom aufbaute. Ein Blick auf die Uhr zeigte dem Tränkemeister, dass es fast drei Stunden gebraucht haben musste, den Jungen ruhig und zum Schlafen zu bekommen. Sonst hätte Weasley eher was gesagt. „Geh, wir reden später…“, murmelte er, dann sah er auch nur noch eine Staubwolke. Vielleicht sollte er einfach nur ins Tränkelabor und beginnen, Nährtränke aufzusetzen. Potter war noch immer viel zu dürr, das konnte man nicht mit ansehen, da musste man einfach was tun.

Tom sah auf, als sein Geliebter ihm was sagen wollte, doch da erschien endlich das, worauf er die gesamte Zeit gewartet hatte. Nachdem der Andere ihm signalisierte, dass er warten konnte, sprintete Tom los, hin zu den Räumen, die er Percy zugeteilt hatte, er klopfte kurz, wartete aber nicht, bevor er eintrat und direkt bis in das Hauptzimmer lief, ein großer, eleganter Schlafraum, von dem man nie denken würde, dass dort ein ehemaliger Gryffindor schlief. Nun, im Moment schlief er nicht, sondern saß im Bett, den Rücken am Kopfende angelehnt, ein Buch in der Hand, das er nun aber ablegte, so, dass er den Kopf seines Sohnes sehen konnte.

Es hatte lang gedauert, bis Percy seinen Kleinen wieder ruhiger bekommen hatte, bis das Zittern nachgelassen hatte und der Körper wieder wärmer geworden war. Dann hatte er seinem Neveo einen beruhigenden Tee eingeflößt, sich mit ihm aufs Bett gesetzt, ein Buch genommen und wahllos laut vorgelesen. Würde ihn Irgendwer fragen, was, er könnte es noch nicht mal sagen. Wichtig war nur gewesen, den unter Schock stehenden Jugendlichen, der so anders war, als sein eigener, unerträglicher jüngster Bruder, zu beruhigen. Es hatte eine weitere Stunde gedauert, bis Neveo so was ähnliches wie ansprechbar gewesen war, er hatte sich immer wieder versprechen lassen, dass Percy wirklich nicht gehen würde, dass er hier sicher war und Niemand ihn heimlich im Schlaf umbringen würde. Erst dann war der Jüngere weggedämmert, doch auch immer wieder aufgeschreckt, hatte kontrollieren müssen, nicht allein zu sein und erst vor einer halben Stunde war er dann in einen festen Schlaf übergeglitten. Mehrfach hätte Percy dem Jüngeren am liebsten etwas Traumlostrank gegeben, doch die Worte der Zwillinge hielten ihn davon ab und ein Streicheln über das Bissmal, für das ihn nun sicher noch Ärger erwartete, hatte auch etwas Wirkung, führte dazu, dass Neveo sich entspannte.

Erst dann hatte Percy schweren Herzens, seinen Patronus losgeschickt, dabei überrascht festgestellt, dass der sich verändert hatte. Statt wie bisher eine Eule war allen Ernstes ein Schneeleopard erschienen. Er hätte am liebsten aufgelacht, doch stattdessen brachte er das Wesen dazu, Tom zu informieren. Anschließend musste er kaum acht Minuten warten, bevor der sichtlich aufgebrachte Mann bei ihm im Schlafzimmer stand. „Bitte leise“, sprach Percy so ruhig es ging, deutete auf den Kleinen, der leise wimmerte und sich näher an ihn kuschelte, erst ruhiger wurde, als er durch dessen Haare fuhr. „Es hat Nerven gekostet, ihn ruhig zu bringen.“

Tom, der gerade etwas sagen wollte, schwieg erst mal, er  trat näher an das Bett, betrachtete den Jungen, seinen Sohn. „Du bist sehr ruhig was seine Identität angeht“, stellte er schließlich fest. „Fühlst du dich nicht betrogen?“

Percy lachte leise. „Erst hab ich mich auch betrogen gefühlt“, sprach er. „Das gebe ich offen zu, aber dann… hab ich ihn verstanden.“

„Er war mal Harry Potter“, erinnerte Tom. „Muss ich ernstlich erwähnen, was du mir auch versprochen hast?“

Der Rotschopf zuckte mit den Schultern. „Er ist nicht mehr Harry Potter, er ist es auch nie gewesen. Und er ist mein Gefährte. Ich habe ihn gesehen. Er hatte solche Angst, dass ich gehen würde, du hast ihn nicht gehört, er hat gebettelt, er hatte Angst. Er wollte nicht er selbst sein, nur ein Anderer. Was er getan hat, hat dem Selbstschutz gedient. Also warum sollte ich auf ihn sauer sein?“ Percy blickte auf den dünnen Körper, der sich an seine Beine presste, strich über die Fäuste, die sich in seine Hose gekrallt hatten.

Tom wusste, so einfach war das alles nicht, doch es war auch unsinnig, jetzt tiefer auf einige Dinge einzugehen, die ihn selbst sehr beunruhigten. Wie das mit dem Betteln. „In welchem körperlichen Zustand ist er?“, fragte er daher schließlich.

„Ich weiß es nicht. Als Mensch konnte ich ihn noch nicht untersuchen lassen“, erinnerte Percy seinen Lord. „Ich hab nur gesehen, dass er sehr, sehr dünn ist, ich denke, er sieht verschwommen, er hatte vorher ja auch eine Brille und ich fürchte, dass er Narben hat, einige, aber selbst als er geduscht hat, hat er darauf geachtet, nicht gesehen zu werden. Er ist voll angekleidet in die Duschkabine gegangen und hat sich erst da drin ausgezogen. Aber eine Untersuchung ist das Nächste, was ich vorhabe, sobald er etwas ruhiger geworden ist. Er ist völlig aufgebracht, das war einfach zu viel für ihn, ich wusste nicht, wie sehr ich ihn unter Druck gesetzt hab, als ich ihm vorgestern gesagt hab, dass ich gestern sehen wollte, wer er unter dem Fell war, um ihm zu helfen. Er ist sogar weggerannt, zu meinen Brüdern, weil er dachte, ich will nichts mit ihm zu Tun haben. Ich will ihm einfach etwas Zeit geben, bevor ich ihn mit so was konfrontiere.“

„Diese Zeit haben wir nicht“, gab Tom ruhig zurück.

„Bitte?!“

„Ich habe den Muggeln die Erinnerung aus dem Hirn gesaugt, über das, was sie getan haben und jeder Tag, der vergeht, ohne, dass die Folgen behandelt werden, werden das nur schlimmer machen. Du hattest Recht, er wurde gefoltert, jahrelang. Seine Tante hat ihm die Hand auf den Herd gedrückt, weil der Speck ihrem Sohn zu dunkel war, sein Onkel hat Messer benutzt, um Worte auf seinen Rücken zu ritzen, ich will wissen, ob dabei Schäden entstanden sind. Sie… haben ihn sogar mit dem Kopf voran gegen die Wand geschlagen…“ Tom verstummte, beobachtete, wie der Rotschopf, der sonst sehr zurückhalten war, den Kleinen vorsichtig ganz auf seinen Schoß hob, ihn so in die Arme schloss, dass dessen Kopf an der Schulter seines Generals ruhte.

„Bitte?!“, zischte Percy aufgebracht, hob den Jüngeren vorsichtig auf seinen Schoß. „Das…!“

Tom hob seine Hände. „Es ist die Wahrheit“, sprach er leise. „Über so etwas mache ich sicher keine Witze.“

Wortlos hob Percy den Pullover an, sich selbst fragend, warum der Jüngere bei den Temperaturen auf so dicke Kleidung bestand, er atmete tief durch und sah auf den Rücken, nur um die Augen zu schließen, um sich selbst in den Griff zu bekommen, bevor er einen neuerlichen Blick auf das warf, was er da sah. Narben über Narben, ein paar Verbrennungen. Die Rippen stachen stark unter der zu dünn wirkenden Haut hervor. Er merkte, wie Tom aufstand, um das Bett ging und selbst den Rücken betrachtete, etwas zischte. Vorsichtig zog er den Pullover wieder runter, legte den Jüngeren so, dass er nun auf seinen Beinen schlief, starrte auf Tom. „Ich will diese Leute umbringen!“, zischte er aufgebracht.

„Bitte, bitte“, gab Tom die Erlaubnis. „Das was von denen übrig ist, steht dir zur freien Verfügung“, versicherte er. „Bring ihn heut noch zu Zaibini, er muss untersucht werden, diese Narben sind Alle schlecht verheilt, sie werden ihm das Leben zur Hölle machen, wenn wir nicht sehen, dass wir sie zurückbilden können.“

Automatisch nickte Percy, keine Frage, wo er am Nachmittag hingehen würde. Das hatte er wirklich nicht gewusst. Sicher, er hatte Narben unter dem Fell gefühlt, aber nichts so Schlimmes!

„Anschließend verlange ich einen Bericht“, merkte Tom an. „Und sieh zu, dass du ihn soweit bekommst, zumindest morgen Früh mit uns zu essen.“ Er wollte zumindest die Chance, seinen Sohn zu sehen und ihm zu zeigen, dass er sicher war!

Percy seufzte. „Ich werde es versuchen“, versprach er.

 

 

Harry wusste nicht, wie lang er geschlafen hatte, als er wieder wach wurde. Ihm war immer noch warm, er fühlte sich, zumindest gerade, sicher. Eine Hand strich die gesamte Zeit über seine Haare, er spürte unter seinen Fingern einen anderen Körper. Er war nicht allein. Percy war da. Trotz Allem, obwohl er sich blamiert hatte. Und er hatte das Zusammentreffen mit Voldemort wohl ziemlich unbeschadet überlebt.

Aber all das, er konnte es nicht fassen, dass er der Sohn von diesem Mann sein sollte, dass er nicht Harry war, dass er nur belogen wurde und das die Menschen, die man ihm als Heilige verkauft hatte, nicht nur Mörder waren, sondern ihn vermutlich auch nicht gemocht hatten. Er hatte im Grunde noch mal Alles verloren und was im geblieben war, konnte er nicht sagen, oder die Dauer, wie lang er das noch haben würde.

Percy merkte, wie der Jüngere aufwachte, nach etwa zwei Stunden eher unruhigen Schlafes. Er beobachtete, die Neveo liegen blieb, dass er wach war, merkte man nur daran, dass er immer wieder seine Finger enger zusammenzog, als müsse er kontrollieren, dass Percy wirklich noch da war. Er war auch nicht bereit, die Augen zu öffnen. Nicht ganz unverständlich. Zu dumm nur, dass er seinen Kleinen wirklich, wirklich zu einem Heiler bringen wollte und das schleunigst. „Ich weiß, dass du wach bist“, merkte Percy daher an. Er beobachtete, wie die Augen langsam unter den Lidern sichtbar wurden, lächelte beruhigend. „Fühlst du dich besser?“

Harry sah den Älteren an, nickte schließlich, ließ sich helfen, sich etwas weiter aufzurichten, kuschelte sich aber weiter an den Anderen. Er wollte einfach nur die Stille und die Ruhe genießen, die er hier hatte, die Wärme. Keine Fremden, keine Leute, die ihn komisch ansahen.

Eine Weile lang ließ Percy den Anderen gewähren, strich über dessen Seite, gab ihm Zeit, wirklich aufzuwachen. Erst dann hob er das Kinn des Jüngeren wieder zu sich. „Kleiner, ich möchte mit dir noch mal zum Heiler“, erklärte er schließlich, spürte sofort, wie der Junge stocksteif wurde, verstärkte seinen Griff und legte Neveo eine Hand auf die Lippen, bevor der protestieren konnte. „Ich weiß, du willst das nicht, aber ich möchte es, um sicher zu sein, dass Alles in Ordnung ist“, erklärte er.

Nun wurde Harry heiß und kalt. Er wusste Poppy hatte nie was gesagt, weil sie Dumbledores Meinung war, dass er es verdient hatte, hatte ja auch oft kleinere Wunden und Brüche nicht ganz geheilt, doch das Dumme war, dass das Narben hinterlassen hatte! Das wollte er nicht! Er wollte nicht, dass Andere das sehen! Die Worte auf seiner Haut und…! Heftig schüttelte Harry den Kopf.

„Doch, Kleiner“, gab Percy ruhig zurück. „Ich möchte es. Du bist sehr, sehr dünn, zu klein für dein Alter und ich hab schon unter deinem Fell Narben gespürt. Wenn die nicht behandelt werden, können sie zu Problemen führen und zu Schmerzen. Bitte?“

Schmerzen? War das der Grund, warum ihm sein Rücken dauernd weh tat? Das wäre eine Erklärung stellte Harry fest, er wollte das noch immer nicht, doch es wäre angenehm, mal nicht dauernd Schmerzen zu haben. Er sah auf den Rotschopf, krallte sich an dessen Hand fest. „Du… du… du bleibst?“, frage er leise.

„Die gesamte Zeit“, versicherte Percy ohne zu zögern, froh, scheinbar nicht zu schlimmeren Mitteln greifen zu müssen. Er strich über den Kopf des Kleineren, schwang seine Beine über das Bett, nahm den Jüngeren und stand mit Diesem im Arm auf. Er spürte sofort, wie die Arme sich um seinen Hals legten und das Gesicht sich dort versteckte, während Percy in seine Schuhe schlüpfte und durch die Gänge lief, dahin, wo er vor einigen Wochen schon gewesen war. Das Zimmer von ihrem hauseigenen Heiler.

Nur kam ihm dieses Mal nicht Snape sondern wirklich Zaibini entgegen, der wohl vorgewarnt worden war, denn auch, wenn Percy keine unbedingte Leuchte mit Tränken war, den, der Narben zurückbildete, erkannte auch er. Er wollte den Jüngeren auf die Liege setzen, doch sofort verhärtete sich dessen Griff wieder, also setzte er sich erst mal mit seinem Gefährten. „Ich sehe, Sie warten schon?“

Gregory Zaibini nickte. Oh ja, er wartete, war von einem aufgebrachten Lord angepflaumt und ins Gebet genommen worden. Er blickte auf seinen Patienten, den angeblich toten Sohn seines Lords, der in einem Wort, ziemlich jämmerlich aussah. Sehr dünn, sehr klein, sehr, sehr verängstigt. Das, was er erwartete, nachdem der Junge wohl in der Hand der Brathühnchen gewesen war. Da war es eher ein Wunder, dass er noch lebte, es sprach für dessen Stärke. „Er müsste sich bitte frei machen“, bat er den Rotschopf, verwirrt, warum der Lord nicht selbst hier war und stattdessen einen seiner Generäle vorgeschickt hatte.

„Kleiner“, sprach Percy ruhig. „Ich helfe dir aus dem Pullover“, kündigte er an, merkte sofort, wie das inzwischen leider vertraute Zittern wieder einsetzte. Nun, die Hose ließ er vielleicht doch erst mal unangesprochen. Der Oberkörper war auf jeden Fall erst mal ein Anfang, der ja gemacht werden musste. Er sagte kein Wort, nicht mal, als er merkte, wie stark selbst die Front vernarbt war und wie rot und entzündet die Narben zum Teil aussahen. Er war allerdings überrascht, als Neveo sich losriss und seine Arme über die Brust hielt, erneut zu weinen begann.

„Ich… ich bin… ein Freak“, flüsterte Harry, versuchte, die Wunden zu verstecken, wusste einfach, dass der Andere ihn nicht anfassen wollte, das wollte Niemand, nicht mal die Krankenschwester in der Schule!

„Das bist du nicht“, gab Percy sehr, sehr ruhig zurück, hob den Kopf des Kleinen und lächelte etwas. „Die Narben können wir wegmachen“, versprach er, strich leicht über eine davon, die tatsächlich das Wort bildete, mit dem der Andere sich gerade selbst bezeichnet hatte. Daneben befand sich eine heftige Hautverbrennung, die recht groß war. „Was ist da passiert?“, fragte er schließlich, ohne seinen Griff zu lockern, traurig über das schwulstige Gewebe unter seinen Fingern.

„Nichts“, murmelte Harry. „War ungeschickt, hab mir das Fett aus der Pfanne übergegossen“, ratterte er das runter, was man ihm eingehämmert hatte.

Beide, Gerg und Percy, schüttelten einfach nur den Kopf, während der Heiler begann, einige Zauber zu sprechen. Von Zeit zu Zeit spürte Percy den Jüngeren heftig zucken, Neveo hatte eindeutig Schmerzen, doch der Rotschopf konnte auch sehen, dass einige der Narben auf dem Rücken die aggressive Farbe verloren und etwas abzuschwellen schienen. Schließlich trat der Heiler näher, wollte eine Hand auf die Seite des Jüngeren legen, um etwas abzutasten, wie Percy vermutete, doch das endete mit einer ruckartigen Bewegung seines Gefährten und dessen Flucht hinter seinen Rücken. „Kleiner, er kann dich nicht untersuchen, wenn er dich nicht anfassen kann“, merkte er vorsichtig an, erntete aber nur heftiges Kopfschütteln und – Tränen.

„Sir, ich muss ihn anfassen, mir ist etwas aufgefallen und das muss ich wirklich abtasten“, merkte Greg leise an, sichtlich verstört über diese heftige Reaktion. Schon auf dem Rücken hatte er gesehen, dass das Narbengewebe noch entzündet war, das wohl Dreck in den ursprünglichen Wunden gewesen sein musste. Das waren einfache Zauber gewesen, die er so hatte sprechen können, aber nun musste er seinen Patienten sozusagen aus der Nähe sehen!

Percy seufzte, holte den Kleinen wieder zu sich, strich über dessen Wange. „Du musst untersucht werden“, sprach er klar und leise. „Bitte. Ich… soll ein anderer Heiler kommen?“, fragte er, einer Eingebung folgend. „Snape, du kennst Snape, er hat dir schon öfter geholfen, nicht wahr?“ Allein das Gesicht des Heilers sagte ihm, dass da noch das Hässlichste kommen musste.

Kurz sah Harry zu dem Rotschopf. Der Ältere hatte Recht. Auch, wenn Snape ihn wirklich, wirklich nicht mochte, so war der Tränkemeister immer schon der Einzige gewesen, der da gewesen war, der ihm geholfen hatte. Mit Tränken, die er ihm zugesteckt hatte, damit, dass der Mann seinen Besen in der Luft gehalten hatte, als Quirrel ihn verhext hatte und damit, dass der Kopf des Hauses Slytherin ihn zumindest nie belogen hatte. Es stimmte, er traute Snape, auch, wenn der Mann ihm gleichzeitig eben Angst machte. Also nickte er.

„Holen Sie Snape her“, befahl Percy, der seinen Gefährten schließlich so dirigierte, dass der auf der Liege auch lag, strich über dessen Oberkörper und lächelte Diesem beruhigend zu, wobei er eigentlich nur Hass empfand, jedes Mal, wenn er wieder eine Erhebung unter seinen Fingern spürte. Erst, als Zaibini ins Nebenzimmer verschwand, wandte er sich wieder an seinen Kleinen. „Snape wird kommen, um die Untersuchung zu machen“, sprach er leise. „Und ich bin die gesamte Zeit über da. Danach wird es dir sicher auch besser gehen.“

Harry zog es vor, nichts zu sagen, er verstand nicht, wie Percy ihn überhaupt anfassen konnte, doch er war froh, dass der Andere es tat. Er zuckte erst wieder zusammen, als ein wütendes Zischen den Raum durchschnitt, das aber dann abrupt ein Ende fand, er sah nicht auf, solang er Percy spürte, er wollte die Gesichter der Anderen nicht sehen, wirklich nicht.

„Sagt mal, spinnt ihr?!“, baffte Severus ungehalten, als er auf die Krankenstation des Ordens lief, sein Mal umklammert. „Habt ihr den Verstand verloren?! Ich hab Unterricht und…!“, doch dann blieb ihm das Wort im Halse stecken. Nicht nur Weasleys wirklich bedrohlicher Blick, der ihn nicht weniger hätte rühren können, doch er sah Potter. Nun, Riddle, was auch immer, auf der Liege, der Rücken voller Narben, dürr und verkrampft.

„Snape“, sprach Percy, nachdem der Mann endlich aufhörte zu brüllen. „Neveo will sich von Gerg nicht untersuchen lassen, aber dich hat er schon mal ran gelassen und außerdem vertraut er dir. Klär mit Greg, was zu Tun ist, er wird dich machen lassen.“

Harry zitterte, er wollte nicht, doch da wurde er von Percy auf den Rücken gerollt, der Rotschopf lächelte irgendwie ermutigend, strich leicht über diese Stelle an seinem Hals, was dazu führte, dass er sich nicht mal zusammenrollen konnte und nahm seine Hand, während sich Snape in seinen üblichen Tränkeroben von der anderen Seite näherte. Die Roben hatte er auch eine Weile nicht mehr gesehen. Wenn der Mann hier war, trug er meist nur einen dunklen Rollkragenpullover und schwarze Hosen, manchmal mit einem Cape.

Nun doch irgendwie verstehend, gerufen worden zu sein, wandte Severus sich zu Greg, sprach leise ab, was der Andere bereits getan hatte und ließ sich sagen, was der Mann entdeckt hatte. Es war nichts Schönes, absolut nicht. Es war eher ein Alptraum. Ein ziemlicher. Ruhig trat er zur Liege, wo der Junge gerade in Position gebracht wurde, er sah die verängstigten, großen, blauen Augen und das feine Gesicht. Nun, wo er den Jungen so sah, erkannte auch er, wie jung Dieser wirkte, vollkommen hilflos. „Riddle“, sprach er mit seiner üblichen Stimme. „Ich werde jetzt Ihren Oberkörper abtasten und dann ein paar Zauber verwenden. Liegen Sie einfach still.“

Harry sagte kein Wort, er drückte nur die Hand, die seine hielt, während er die dünnen, starken Finger des Tränkemeisters spürte, die drückten und fühlten, die weh taten, vor Allem auf seinem Brustkorb, doch er regte sich nicht, wimmerte nur leise, als es besonders schlimm wurde, froh, als die Hand nach kurzem Zögern weiter glitt, seinen linken Arm entlang. Er hörte den Tränkemeister schließlich fluchen, spürte das leichte Prickeln von Magie, das über ihn wusch.

Besorgt fühlte Severus den Brustkorb ab, nickte dann Zaibini zu, bevor er den Zauber sprach, der ihren Verdacht bestätigte. Das war so was von gar nicht gut, vor Allem, da der Spruch schließlich auch zwei Stellen an Bein und Fuß leuchten ließ. Der Junge musste konstant Schmerzen haben! Warum hatte er Niemandem was gesagt und…?! Nein, falsche Frage: warum zum Henker hatte Poppy ihren Heilereid gebrochen und nichts getan?! „Weasley.“

Percy blickte auf – und wusste, egal, das kommen würde, es würde ihm nicht nur nicht gefallen, sondern wirklich schlecht sein. „Ja?“, fragte er leise, strich leicht über Neveos knochige Seite, bemüht, den Jüngeren ruhig zu halten, trotz dessen Nervosität und Unwille, sich den Blicken der anderen Erwachsenen auszusetzen, selbst, wenn es nur zu seinem besten war.

„Riddle hat mehrere schlecht oder falsch zusammengewachsene Brüche, von denen mindestens zwei im weiteren Umfeld des Körpers, unter Anderem an der Lunge, Schäden verursachen“, erklärte Severus schließlich, musterte den Jungen, der sich zusammengerollt und an die Seite des Rotschopfes gedrückt hatte, um ihn und Zaibini nicht sehen zu müssen. „Und ich kann nicht Jeden einzeln brechen, ich muss sie auf ein Mal brechen, während Zaibini bereits den Heilzauber webt. Da das sehr gefährlich ist, können wir nicht mal einen Betäubungszauber einsetzen, wir würden zu spät merken, wenn etwas nicht stimmt und nach dem Zauber kann es eine Weile dauern, bis die Schmerzen wieder händelbar sind.“ Er hob eine Hand, als Weasley zu etwas ansetzen wollte. „Und danach müssen die inneren Schäden behoben werden, einige davon im Gehirn, das heißt, wir können ihn wieder nicht betäuben. Aber es muss auf ein Mal sein und am besten direkt, eine schlecht verheilte Rippe reibt dauernd an der Lunge, die schon eine Narbe hat.“

Im ersten Moment wortlos vor Schock starrte Percy auf den Jüngeren, der wohl von dem Gespräch nicht viel mitbekommen hatte, er zitterte auch wieder. Nein, sein Kleiner mochte Leute um sich herum nicht, sowenig, wie im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, entgegen dem, was sowohl Snape alsauch seine Schwester und sein Bruder immer behauptet hatten. Doch nach einem kurzen Moment riss der Rotschopf sich wieder zusammen. Neveo war von ihm abhängig und das hier waren wohl Notwendigkeiten und kein Spaß, sonst würden nicht beide, Snape und Zaibini, so ernst aussehen! Er wusste, sie warteten auf seine Zustimmung und er konnte sie kaum verweigern, es ging um Neveos Gesundheit und wenn die Lunge schon in Mitleidenschaft gezogen war…! Das erklärte, warum der Jüngere auch in Tierform so schnell außer Atem gewesen war und er hatte es auf dessen Dürre zurückgeführt! „Kleiner“, sprach er leise, wartete, bis die blauen Augen sich auf ihn richteten. „Gleich wird es furchtbar weh tun“, erklärte er, merkte, wie Panik in die großen Augen kroch. „Einige deiner Knochen müssen neu gebrochen werden. Wir können dich nicht betäuben.“

„Nicht… nicht allein lassen“, flüsterte Harry, sich einfach nur an den Älteren klammernd. Schmerzen waren ihm egal. Der crucio war auch irgendwann vorbei, so oder so.

„Nicht eine Sekunde lang“, bestätigte Percy, nickte dann den beiden Heilern zu, brachte Neveo wieder dazu, sich gerade auf die Liege zu legen, setzte sich neben Diesen, hielt dessen Hand.

Severus nickte knapp, beobachtete, wie Zaibini einen Zauber webte und erst, als von dem Anderen ein goldenes Leuchten ausging und der ihm zunickte, hob er selbst seinen Zauberstab. Er wusste, das hier war Folter, so hatte er den Zauber auch schon mehr als ein Mal genutzt, doch dieses Mal war er medizinisch notwendig. Nach einem letzten, versichernden Blick zu seinem Kollegen sprach er die Worte, sah zu, wie der kränklich braune Zauber den zu schmalen Körper traf. Sekundenlang geschah gar  nichts, doch dann überschlug es sich, ein scharfes Knacken nach dem Anderen und dann, viel zu spät, ein gequälter Schrei. Einer, den er nur zu gut nachfühlen konnte und er ging selbst ihm, dem Herzlosen, unter die Haut. Am liebsten hätte er den Zauber beendet, als immer mehr Knochen einfach brachen, doch er wusste, es musste gemacht werden.

Percy war machtlos, irgendwas zu tun. Er konnte nur zusehen, wie der Kleine unschuldig litt, schrie und sich nicht bewegen konnte, es auch nicht durfte. Er konnte nur über die Haare seines Gefährten streicheln, ihm immer wieder sagen, dass er da war, von Zeit zu Zeit über das Mal fahren, doch auch das dürfte kaum etwas gegen die Schmerzen bringen. Dann, endlich, hörten die Geräusche der splitternden Knochen auf und ein goldener Zauber hüllte den nur noch stumm weinenden Jungen ein, der sich nicht mal mehr an ihn klammern konnte.

„Was zum…?!“, wütend stürmte Tom in die Krankenabteilung, er wusste nicht, was los war, doch auf ein Mal hatte jeder einzelne, verdammte Knochen in seinem Körper zu Schmerzen begonnen. Eine Grippe, wie er fürchtete, etwas, das er gerade gar nicht brauchen konnte. Also war er hierhergekommen für einen Aufputschtrank, doch er platzte in eine regelrechte Ansammlung, zu der auch, zu seiner Verwunderung, Severus gehörte, der eigentlich doch Unterricht hatte! Was ihn schockierte, war sein Sohn, der stumm weinend, eingehüllt von einem goldenen Licht, auf der Liege lag, während Percy leise auf ihn einredete. „Was habt ihr mit ihm getan?!“, fragte Tom, nun langsam ahnend, was er wirklich spürte.

„Es musste eine Vielzahl an Knochen neu gebrochen werden“, erklärte Gerg, der ein wirklich starker Heiler war und dem doch schon erste Schweißperlen auf der Stirn standen. Er wusste, in den nächsten Tagen sollte sich wirklich Niemand verletzen, denn weder Snape noch er würden nach dem Tag noch viele Reserven aufweisen können. Vor Allem, da ja noch was Heftiges ausstand.

„Und da habt ihr nicht den Anstand, ihn schlafen zu schicken?!“, fragte Tom ungläubig, er streckte seine Hand aus, sah, wie die Augen des Jüngeren sich weiteten, wie der versuchte, zu entkommen, doch er war wohl auch magisch an die Liege gebunden, um eben Bewegungen zu vermeiden.

„Wenn er nicht bei Bewusstsein ist, wüssten wir nicht, wenn Probleme auftreten“, konterte Severus ruhig, der die Tatsache gerade sehr traurig fand, dass sie nicht noch mehr der neuen Muggelapparate hatten, vielleicht hätten die was zu helfen vermocht. Wobei – selbst dann wusste er nicht, ob er das Risiko hätte eingehen wollen. „Und wir sind noch nicht fertig. Erst, wenn Alles vorbei ist, können wir es riskieren, ihn schlafen zu lassen. Es ist zu seiner Sicherheit.“

Kurz schloss Tom die Augen, dann stellte er sich zu seinem Sohn, auch, wenn der nun verzweifelt wimmerte, weil er nicht entkommen konnte. „Ruhig“, sprach er leise, atmete noch mal tief durch und hoffte, dass das, was er gelesen hatte, stimmte. Erst dann legte er seine Hände auf die Schultern seines Kindes und ließ zu, dass dessen Schmerz, zumindest zum Teil, auf ihn selbst überging. Als die Welle regelrecht auf ihn ein preschte, wusste er, dass es stimmte. Die Linie Slytherin konnte ihren Nachkommen Schmerzen nehmen, um sie selbst zu tragen.

„Tom, was…?!“ fragte Severus entsetzt, der gerade noch einen Stuhl unter den Älteren zerren konnte, bevor der zusammensackte, selbst kalkweiß und erst, als der Mann Potters Schultern losließ, kehrte etwas Farbe zurück, erstaunlicherweise auch in das Gesicht des Jugendlichen.

„Ich habe einen Teil seiner Schmerzen selbst auf mich genommen“, erklärte Tom, strich wieder über die schweißnassen Haare, die an dem bleichen Gesicht klebten. „Einer der Vorteile eines Reinbluts aus der Linie Slytherin“, erklärte er mit gequältem Lächeln, er hatte Schwierigkeiten, sich nicht anmerken zu lassen, wie dreckig es ihm ging, fragte sich, wie der Junge das ertragen hatte, so stumm.

Severus verkniff sich einen Kommentar, er war selbst erleichtert, dass der Kleine eine Erleichterung bekommen hatte, dumm war nur, dass er noch einen panischen Irren hier drin hatte, während sie weitermachen mussten. „Es geht weiter“, erklärte Severus schließlich nach einem kurzen Moment, den Greg und er brauchten, um sich zu sammeln. „Er hat Schäden an der Lunge und einen Riss in der Niere. Außerdem mehrere Traumata im Sehzentrum des Hirns sowie zwei Schädelbrüche, die wir gesondert untersuchen und heilen müssen. Greg macht den Kopf, ich kümmere mich um die inneren Organe. Keine Einmischung, Tom“, verlangte Severus kalt. „Ein jetzt schiefgehender Zauber kann ihn umbringen und wenn wir das nicht machen, wird er auch kränker werden.“

Tom nickte knapp. Er war ja nicht dumm. Doch er würde seinem Sohn helfen. Wenn der Junge das ertragen konnte, dann doch wohl auch er. „Ich werde eingreifen, wenn es zu viel wird, damit die Schmerzen ihn nicht bewusstlos machen.“

Percy war dankbar für das, was der Lord gerade getan hatte, er sah in den Augen seines Kleinen, der sich nicht wehren konnte, er strich über die immer noch schlaffe Hand. „Ich bin da“, versprach er. „Bald ist es um, dann geht es dir auch endlich besser.“ Er sah zu, wie weitere Zauber den Jungen einhüllten, der sich erst auf die Lippen biss, weil er aus irgendeinem Grund nicht schreien wollte. „Du musst nicht leise bleiben“, flüsterte er dem Jüngeren zu, strich über dessen nun blutende Lippe. „Viel stärkere Männer haben bei so was geschrien.“ Doch es dauerte, bis ein Zauber den Kopf seines Kleinen traf, bevor ein Zucken durch dessen Körper ging, er sich aufbäumte, soweit die Magie es zuließ und einen weiteren, verzweifelten Schrei ausstieß, während zeitgleich die Hände des Lords vorschossen, um die Schultern des Jungen zu umschließen.

Es war ein Alptraum stellte Harry fest. Es waren unsägliche Schmerzen und ja, es war schlimmer, als crucio, als er seine Knochen knacken und brechen hörte. Nicht nur ein oder zwei, wie sonst, wenn Vernon einen schlechten Tag gehabt hatte oder wenn Dudley ihn jagte, der Quaffel ihn in die Rippen traf, sondern es war so, als würde jeder einzelne Knochen erneut brechen. Irgendwann ließ der Schmerz überraschenderweise nach, zumindest etwas, genug, dass er Percy wieder hören und fühlen konnte, auch, wenn er die Worte nicht verstand. Doch diese Pause war nur von kurzer Dauer. Erneut kamen die Schmerzen, erst in seinem Oberkörper, doch dann, vielmals schlimmer, in seinem Kopf. Er wimmerte, biss sich immer heftiger auf die Lippen, bis er nicht mehr konnte. Ein einziger, langgezogener Schrei entkam ihm, bevor er zurücksackte, verzweifelt nach Luft japsend, die erst, wie immer, nur schwer kam, dann aber etwas leichter, zeitgleich mit dem erneuten Nachlassen des Schmerzes. Dieses Mal konnte er sich wieder bewegen, nur ein Bisschen, aber genug, um sich näher an Percy zu kuscheln, dessen strichelnde Hand er wieder fühlte.

Stimmen über seinem Kopf, noch ein paar Hände, das über seinen Arm glitt. Er wollte sie abschütteln, doch dann merkte er, dass die Schmerzen besser wurden, also ließ er es zu. Und dann, endlich, verschwand der Schmerz, als habe er einen Trank bekommen, seine Lider wurden schwer und noch bevor er sich hätte wehren können, sackte er in einen tiefen Schlaf.

„Götter“, flüsterte Tom, schneeweiß nach der zweiten Welle purer Agonie, die ihn überrollt hatte, wie ein verdammter Taifun. Wie hatte sein Sohn so lang still bleiben können?! Er hatte immer noch das Gefühl, dass Jemand in seinem Gehirn rum polkte!

Severus reagierte nicht mal, er sprach nach mehreren Minuten, die für den kleinen Riddle eine Qual sein mussten, und nachdem der Herzschlag weiterhin regelmäßig blieb, einen Zauber, um den Jungen endlich einen erlösenden, schmerzfreien Schlaf zu schicken, während die aggressiven Heilzauber sich des letzten Restes annehmen würden. Seine Kleidung war schweißdurchtränkt und er war am Ende seiner recht beachtlichen, magischen Kräfte. Ein kurzer Blick zeigte ihm, dass eine magische Diktatfeder für Sonderfälle immer noch kritzelte wie verrückt, vermutlich all die Verletzungen aufzeichnete, er hatte so eine auch schon eingesetzt, aber noch nie hatte sie so lang geschrieben. Ein weiterer Blick zu Zaibini zeigte, dass es dem Mann noch schlechter zu gehen schien, als ihm. Ja, in den nächsten Tagen sollte sich besser Niemand auch nur einen verdammten Dorn eintreten, er hatte das Gefühl, vorerst mit einem Wingardeum überfordert zu sein. Doch bevor auch er sich den Luxus gönnte, sich in einen Stuhl sacken zu lassen, nahm er einen starken Schmerztrank, den er Tom zuschob.

Percy beobachtete die Männer eine ganze Weile, seinen Kleinen inzwischen wieder in den Armen. Er hatte Diesen ganz zu sich gezogen, als die Anderen ihn schlafen geschickt hatten. Damit war dessen Martyrium ja wohl vorbei. „Was jetzt?“, fragte er nach einigen Momenten, in denen eine Hauselfe starke Tees gebracht und Tom den Trank genommen hatte. „Wie wird es ihm gehen, wenn er aufwacht? Und was war das mit den Organen? Davon war doch eben gar nicht die Rede gewesen! Was habt ihr mit seinem Kopf gemacht?!“

„Das würde ich allerdings auch gern wissen“, merkte Tom ruhig an, der sich eben selbigen rieb, nachdem der Trank nur langsam seine Wirkung entfaltete, vermutlich auch deswegen, weil es ja nicht sein eigener Schmerz war, der bekämpft werden musste.

Severus blickte zu Zaibini, der sofort die Hand hob und sich dann hinter der Teetasse verbarg, offensichtlich nicht bereit, den Zorn des Anderen auf sich zu ziehen. Also blieb mal wieder nur ihm der schwarze Peter. „Der Zauber hat mehr falsch gebrochene Knochen gefunden, als ich spüren konnte“, gab er brav Auskunft, deutete auf das Pergament, das immer noch beschrieben wurde. „Einzelne Knochen waren wohl auch mehrfach beschädigt, erst nach dem Richten konnte der neue Zauber die Ausmaße der inneren Verletzungen einwandfrei feststellen, dummerweise gehörte auch dazu, dass der Kopf deines Sohnes wohl doch gelitten hat, als er gegen harte Oberflächen geschlagen wurde. Blut hat auf den Sehnerv, das Konzentrationszentrum und auf zwei weitere Regionen gedrückt, die es ihm vermutlich schwer gemacht haben, auf seinen magischen Kern zuzugreifen.“ Severus atmete tief durch und sprach dann schnell weiter, bevor ihm Jemand in die Parade springen konnte. „Es geht ihm jetzt nicht sonderlich und morgen wird er sich vermutlich sehr steif und unbeweglich fühlen, aber es wird sich im Lauf der nächsten Tage geben. Meine Empfehlung ist Bettruhe für morgen und dann soll er es langsam angehen, auf gar keinen Fall die Gestalt wechseln, bis sein magischer Kern sich erholt hat.“

Tom sagte nichts, er starrte nur immer noch auf die Feder, die endlich, mehrere Minuten und zwei Tassen Tee nach Beendigung der Heilung, das Schreiben aufgehört hatte, rief das Pergament zu sich, aber ohne es vorerst zu lesen. Dazu brauchte er Ruhe, er wollte nicht jetzt schreien und vielleicht aus Versehen den Falschen Angst machen.

Percy strich über die Seite des Jüngeren, wickelte die Krankenhausdecke um dessen Körper. „Muss er hier bleiben?“

„Ich gehe davon aus, dass Sie ihn überwachen werden“, konterte Severus kühl, „Daher spricht nichts dagegen, ihn mitzunehmen.“ Auch wenn er herzlos klang, klinisch, er wollte es dem Jungen ersparen, hier aufzuwachen. Auf der Krankenstation, auf der man ihm bestätigt hatte, dass Diggory es nicht überlebt hatte.

„Kann… ich ihm Irgendwas geben, wenn er Schmerzen hat?“

„Eine Massage“, knurrte Severus. „Und Nährtränke. Ordentliches Essen, was Leichtes für Morgen, nicht, dass ihm schlecht wird wegen heut.“

„Ich werde morgen kommen“, erklärte Tom ruhig. „Ich möchte wissen, wie es ihm geht.“

 

 

„Hier“, lächelte Luna, nachdem sei eine ganze Weile am Rande der magischen Gasse von London herumgeirrt waren. Sie standen vor einem Laden, in dem das Logo prangte, was die Lehrer von Hogwarts zu fürchten gelernt hatten. WWW. Die Inschrift auf den neuen Scherzartikeln, die man ja auch per Eule mit einem Katalog bestellen konnte. „Hier ist es. Von hier aus ist es ein kurzer Weg in Sicherheit, aber du musst wissen, dass die Hilfe für dich ungewöhnlich sein wird. Du darfst dich nicht irritieren lassen, durch das, was uns erzählt wurde, ich weiß, was ich tue.“

Sofort hob Neville beide Hände: „Du hast das Kommando“, versicherte er, müde nach der langen Zugfahrt und froh, an einem Haus zu sein, egal, wer sie da erwarten würde, solang es nur niemand vom Orden sein würde, denn er mochte nicht mehr, er hatte die Nase von den Lügen voll, oder davon, dass seine eigene Großmutter ihn für unfähig hielt, nur, weil seine Magie nun mal anders funktionierte, als die anderer Kinder.

„Behalt das nur in Erinnerung“, zog Luna den Älteren auf, bevor sie den Laden betrat.

Neville dagegen ging die Kinnlade auf den Boden, wobei er sich selbst fragte, warum ihm das nicht klar gewesen war. Mehr als eines der WWW-Produkte hatte ihn schließlich an das erinnert, was die Beiden früher schon immer angestellt hatten. „War klar, dass ihr für das Chaos in der Schule verantwortlich seid“, brachte er schließlich mühsam raus, während beide identische Jungen die Köpfe hoben und ihn angrinsten.

„Immer zu Diensten“, gab George sofort zurück, hob aber dann die Augenbrauen. „Irre ich mich, oder müsstet ihr nicht eigentlich in Hogwarts sein?“ Natürlich kannte er Longbottom, es war einer der Wenigen, die Harry geholfen hatten, nur das Mädchen sagte ihm gar nichts. Außer, dass sie jung und irgendwie knüffig schien.

„Wir sind weggelaufen“, erklärte Luna ruhig. „Mit Hilfe meines Vaters. Er wird auch noch hierher kommen.“

„Hierher?“, fragte Fred irritiert. „Warum hierher?“

„Euer Bruder hat Flocke geholfen, er kennt den, der wissen muss, was ich zu sagen habe“, erklärte Luna, lächelte dann. „Ich bin die letzte Nachfahrin von Cassandra der Seherin, meine Mutter wurde von Dumbledore getötet, er will mich und meine Fähigkeiten, die ich lieber dem dunklen Orden zur Verfügung stellen würde. Neville ist ein Erdelementar, er würde auch bald in den Fokus rücken. Wir wollen beide bei Flocke sein.“

Mitten in dem Monolog des Mädchens mit den bewölkten Augen hatte Fred einen Schutzzauber gewoben und den Laden geschlossen. „Der dunkle Orden – und da kommt ihr zu uns?“, fragte er lauernd. „Nicht zu vergessen – ich kenne Niemanden, der Flocke heißt!“

„Harry“, unterbrach Neville ruhig. „Der Junge, den wir als Harry Potter kennengelernt haben.“

„Und wir sind hier, weil ich weiß, dass euer Bruder hoch in der Gunst des Mannes steht, der im Juli seinen Körper wiederfand. Bitte sagt ihm Bescheid, wir wollen…“

Die Zwillinge wechselten überrascht einen Blick, doch dann zuckten sie mit den Schultern. Sie glaubten dem Mädchen unbesehen und Longbottoms Blick war eindeutig. Es war Fred, der schließlich zu sprechen begann. „Ihr solltet hoch in die Wohnung gehen. Im Moment ist ein schlechter Zeitpunkt, wir erreichen Percy nicht, er hat sich auch bei der Arbeit krankgeschrieben, wir warten selbst auf Nachricht von ihm.“

Luna runzelte kurz die Stirn, bevor sie lächelte und nickte. „Ich bin gut in Tränken und Neville kann dir sicher mit einigen der Dinge helfen, die du im Regenwald gesammelt hast, Fred“, schlug sie vor. „Dann tun wir was Sinnvolles.“

„Er…?! Woher weißt du, dass er im Regenwald war?!“

„Nachfahrin von Cassandra?“, fragte Luna amüsiert. „Für mich lichten sie die Schleier zu Zukunft und Vergangenheit sehr leicht. Zumindest bis zu einem gewissen Grad.“

George lachte leise. „Nun denn, dann kommt, ich bring euch hoch, da könnt ihr eure Sachen ablegen, danach kann Luna mit mir hinter und du, Nev, kannst zu Fred.“

 

 

Harry stöhnte, als er aufwachte. Hatte er gestern Quiddich gespielt und den Quaffel mehrfach abbekommen? So fühlte es sich an. Der Schuss auf seinen Kopf musste ein Volltreffer gewesen sein. Er rollte sich etwas in sich zusammen, spürte schließlich den warmen Körper neben sich. Moment, warmer Körper? Ach ja, kein Hogwarts, kein Quiddich. Nur Snape und ein weiterer, sadistischer Heiler. Allerdings fühlte er sich insofern tatsächlich besser, dass er gut atmen konnte.

„Ah, wieder wach?“, fragte Percy, der neben seinem Kleinen auf dem Bett gesessen hatte, mit einem Buch, aber ohne auch nur eine Seite umzudrehen. Er hatte die Zeit damit verbracht, seinen Gefährten zu beobachten. Der Jüngere hatte den gesamten restlichen Tag und die Nacht in einem Heilschlaf verbracht. Er sah nicht wirklich besser aus, aber da die meisten Sachen ja im Körper gerichtet wurden, war das auch nicht zu erwarten. Neben dem Bett stand eine große Tube mit Salbe, die die Narben innerhalb der nächsten Wochen auch völlig verschwinden lassen sollte, zumindest die Meisten davon. Nicht, weil sie hässlich waren, sondern weil sie so verwachsen waren, dass sie unangenehm sein mussten.

Harry beschränkte sich auf ein Nicken, sah dann aber zu dem Älteren auf, lächelte etwas und genoss die Hand, die leicht über seinen Hals strich.

„Hast du große Schmerzen?“, fragte Percy nun ruhig, musterte den Anderen nach Zeichen dafür.

„Nicht… so schlimm, nur… Muskelkater“, schränkte Harry sofort ein, rieb sich den Kopf. Der war das Einzige, was wirklich unangenehm pochte, aber er hatte wirklich schlimmeres gehabt.

„Gut, dann geh ins Bad, setz dich etwas ins warme Wasser, das entspannt und dann kommst du zu mir, aber bitte nur mit einer Boxer, wir müssen noch deine Narben versorgen, sonst hast du weiterhin Schmerzen beim aufrecht stehen.“

Verdattert starrte Harry den Anderen an. Woher wusste der denn davon? Das hatte er nun wirklich Niemandem gesagt! „Wie…?!“

„Hast du schon mal deinen eigenen Rücken gesehen, Kleiner?“, fragte Percy nur. Die Narben waren vollkommen verwachsen. Ein paar mehr Jahre und du hättest wirklich Probleme bekommen.“ Er strich sanft über die Wange des Anderen. „Und jetzt geh ins Bad.“

Harry war im ersten Moment sprachlos. Der Andere hatte kein Wort darüber gesagt, wie sein Rücken aussah, nur, was für Probleme er gemacht hatte, als wären die Narben kein Problem. Als hätte der Ältere ihn auch so genommen, wenn sie nicht seiner Gesundheit im Weg gestanden hätten. Erst, als Percy ihn gestimmt in Richtung des Bades dirigierte, kam er in Bewegung, doch zum Baden hatte er nicht den Nerv, Wannen ging er gern aus dem Weg, sei hatten für ihn nichts Entspannendes. Jedes Mal, wenn er eine Wanne sah, sah er seine Tante, die ihn entweder in eisiges oder in kochend heißes Wasser getaucht, ihn ein Mal fast ertränkt hatte. Also zog er sich ganz aus, stellte sich nur kurz unter den Strahl, bevor er sich abtrocknete und in die bereitgelegte Boxer stieg, unsicher, nur so, ohne seine Kleidung, raus zu gehen.

Percy hatte gerade ein Handtuch über das Bett gelegt und die Decken aus dem Weg geräumt, um den Jüngeren in Ruhe einreiben zu können, als der schon auftauchte, etwas bleich im Gesicht, die Arme über der Brust gekreuzt. Er lächelte einfach nur, streckte dem Anderen die Hand entgegen, nahm sie und zog seinen kleinen Gefährten zum Handtuch. „Leg dich hin“, bat er, wartete, bis sein Neveo das tat, was ihn auf noch einen Gedanken brachte. „Wie willst du eigentlich genannt werden?“, fragte er schließlich. „Ich weiß, man hat dich lang Harry genannt, aber du weißt, dass du ein Riddle bist. Dein Name war mal Zeon. Ich hab dich Neveo genannt. Aber wie willst du genannt werden?“

Was? Verwirrt sah Harry auf, als Percy das ansprach, bis ihm einfiel, dass der Mann Recht hatte. Er war nicht Harry Potter. Harry Potter war, wenn er das richtig verstanden hatte, das so gut wie tot geborene Kind von mindestens einem Mörder und einer Frau, die es zugelassen hatte. Wobei er ja auch erst im Alter von sechs Jahren überhaupt erfahren hatte, dass sein Name eben nicht Freak war. „Ich… ich weiß es nicht“, flüsterte er, zuckte kurz, doch dann fühlte er, dass es nur Percys warme Hände waren, die über seinen Rücken strichen, um die Salbe zu verteilen. Der Name Zeon war ihm auch fremd. Neveo war in Ordnung, aber selbst bei Harry hatte er manchmal schon Probleme, musste sich gerade nach den Sommern erinnern, dass das sein Name war, dass er reagieren sollte.

„Das musst du auch jetzt noch nicht, aber du solltest es dir überlegen“, schlug Percy vor, während er die Salbe in den immer noch stark vernarbten Rücken einmassierte. Er war froh, dass die Behandlung das Meiste davon würde verschwinden lassen können, wobei er entsetzt war, dass einige der Narben unter dem Gewebe tatsächlich noch entzündet gewesen waren. Ein Alptraum für die Heiler, Snape lag immer noch im Bett, Zaibini hatte fast einen Heilersturz. Wie gesagt, Keiner von ihnen sollte sich in der nächsten Zeit ernsthaft verletzen.

Harry gab ein Brummen von sich, nicht ganz sicher, was er sagen sollte, während die Hände seinen Rücken vorsichtig kneteten. Es tat so gut! Schließlich wurde er auf den Rücken gerollt, während Percy ihm den Bauch einrieb, obwohl er das auch wirklich hätte selbst machen können. Was er nun allerdings sah, war zu seinem Erstaunen, dass Percy nicht mal angeekelt aussah, nur… besorgt? Das schien es zu sein! Ja, da war er sich sicher. Warum? Er verstand das irgendwie nicht. Weshalb kümmerte Percy sich so um ihn?

Der Rotschopf dagegen bekam von den Gedanken nicht viel mit. Er achtete nur sorgfältig darauf, dass er keine Stelle übersehen würde, auch nicht an Armen und Beinen und erst, als die Creme auch eingezogen war, erlaubte er Neveo, wieder ein Shirt über den Kopf zu ziehen. Es war klar zu sehen, dass der Jüngere noch sehr erschöpft war. Nun, nach dem Essen sollte er wieder schlafen, dann würde er morgen sicher wieder tun können, was er mochte. Wobei… Percy musste erst mal zusehen, was sein Kleiner tun wollte. Lernen, darauf würde sicher nicht nur er bestehen, außerdem musste klar gestellt werden, dass Niemand den Jungen belästigte oder ihm weh tat. Nun, Tom würde gleich hier auftauchen. Apropos… „Kleiner…“

Harry, der sich wieder in die Decke gewickelt hatte und kurz davor war, erneut einzuschlafen, blickte auf seinen Rotschopf. Was war denn nun?

„Nicht wieder schlafen“, bat Percy ruhig, nahm dem Anderen die Decke weg, zog sie so weit runter, dass sie nur über dem Unterkörper lag, einfach weil die Wärme seinen Gefährten zu schnell wieder ins Reich der Träume gebracht hätte. „Tom… der Lord kommt um mit uns zu essen, du musst was essen, bevor du wieder schläfst und…“

„Nein! Nein, bitte nicht!“

„Kleiner, er hat dir geholfen, er mag dich. Erinnerst du dich nicht? Gestern, als deine Schmerzen auf ein Mal nachgelassen haben, obwohl wir dir kein Tränke geben durften?“, erinnerte Percy den Jungen an die vermutlich schlimmsten Stunden seines bisherigen Lebens. „Er hat deine Schmerzen auf sich selbst genommen“, fuhr Percy schnell fort, als er sich sicher war, dass der Jüngere ihm zuhörte. „Er hat dich wirklich gesucht, gib ihm eine Chance, ja? Ich meine, wer kann von sich schon sagen, der dunkle Prinz zu sein?“, fragte er mit einem Grinsen auf den Lippen. „Überleg nur, was du alles tun und wen du rum befehlen kannst!“

War es das? War das der Grund, warum Percy sich um ihn kümmerte? Weil er der Sohn von Voldemort war? Das erklärte nicht, warum der Ältere ihn vorher versorgt hatte… Er verstand das nicht, er konnte es einfach nicht begreifen! Es machte keinen Sinn!

Und… es stimmte, er erinnerte sich daran, dass die Schmerzen zwei Mal mittendrin erträglicher geworden waren. Hatte Voldemort das wirklich getan? Nun, der Andere hatte ihm auch beim ersten Treffen in dem Raum nichts getan. „Du… du bleibst?“, fragte er, kaum laut genug, um gehört zu werden.

Doch Percy hatte sie gehört, lächelte und nickte. „Ja“, gab der Rotschopf einfach nur zurück. „Natürlich bleibe ich.“ In dem Moment tauchte ein Tisch auf, der sich über das Bett legte, dazu ein Stuhl, kurz bevor es klopfte und die Tür aufging, der Lord eintrat. Der Beste sah aus, als habe er auch noch Schmerzen oder eben schon das ein oder andere Mittelchen dagegen genommen. „Guten Morgen.“

Tom blickte auf den Rotschopf, nickte knapp, bevor sein Blick zum eigentlichen Wunder glitt. Sein Sohn, sein angeblich toter, schon lange bestatteter Sohn, der sich gegen seinen General kuschelte und sich sichtlich unwohl fühlte. Er hatte den Rest des gestrigen Tages, nachdem er nach den Schmerzen wieder klar hatte denken können, damit verbracht, den Bericht zu lesen und ja, er war stinksauer, hatte die Verantwortlichen gefoltert und Black verhört, mit unschönen Ergebnissen, die er eigentlich mit Percy besprechen wollte, aber nicht gleich jetzt. „Guten Morgen“, grüßte er, setzte sich auf den Stuhl, hoffentlich weit genug von seinem kleinen Wunder entfernt, damit der Junge sich nicht gleich bedroht fühlte.

„Morgen“, antwortete Percy. „Alles in Ordnung?“

„Ich bin hart im Nehmen“, gab Tom ruhig zurück, lächelte seinen Sohn an. „Und wie geht es dir?“, fragte er leise.

„Besser“, murmelte Harry, sah kurz auf. „Danke“, fügte er nach einem Zögern an. Wenn der Mann seine Schmerzen getragen hatte, war das ein Grund, sich zu bedanken, denn er hatte wirklich zwischendurch nicht gewusst, ob er das überleben würde.

„Gern“, gab Tom zurück, der sich denken konnte, worum es ging.

„Wie geht es Snape?“, fragte Percy mit amüsiertem Grinsen. Er ahnte, dass Tom es sehr gut wusste.

Der Lord zuckte mit den Schultern. „Noch nicht wach, war vollkommen erschöpft, ich hab in seinem Namen eine Entschuldigung an Dumbledore geschickt, in der steht, dass ich es übertrieben habe und er zu verletzt ist, um vor dem Beginn der nächsten Woche wieder seine Pflicht aufzunehmen.“

Percy hob eine Augenbraue, nickte aber dann. „Kaffee?“

„Sicher.“ Tom wartete, bis die Tasse voll war, nahm sie und beobachtete doch nur seinen Sohn, der kaum etwas anrührte, weder den Kaba, den der Rotschopf ihm gegen hatte, noch die Pancakes. Nun, wo der Andere sich gerade nicht vor Schmerzen wand, merkte man, wie ähnlich der Kleine ihm und seiner Frau war. Die helle Augen von Mirèe, ihre hohen Wangenknochen, doch seine Gesichtsform, seine Haare, dann aber wieder ihren feine Körperbau und auch die Magie seines kleinen Prinzen war eine seltsame Mischung aus ihnen beiden. Was auch die Flügel erklärte. Mirèe war ein Kind der Nacht gewesen, eine Unterart der Hochelfen, auch ihre Ohren waren spitzer zugelaufen, als sie sechzehn geworden war. Diese Wesen hatten in jeder Form Flügel, sie hatte sie als Tattoo auf dem Rücken getragen, aber nie eine Animagusfigur gehabt. Auch sein Sohn würde die Flügel auf dem Rücken als Zeichnung in der Haut tragen, wenn er sechzehn würde. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, während er sich zurücklehnte und den bitteren Geschmack des Kaffees genoss. Es würde zweifelsohne nie sein Lieblingsgetränk werden, doch es machte wach und verdrängte andere Dinge.

Seine Frau wäre nun sicher glücklich. Ihr gemeinsamer Sohn war hier, vor Tom, sicher, beschützt und wieder einigermaßen gesund, zumindest fast, auf dem besten Weg dazu. Er konnte ihre Prophezeiung wahr machen, ihn an seine Seite holen, er hatte einen Nachfolger, es gab einen Prinzen – und einen Schwiegersohn, wie Tom in dem Moment erst so richtig bewusst wurde. Kurz überlegte er sich, zu schreien, doch das war sinnlos. Percy hatte nicht gewusst, wen er zeichnete und der Andere war von seinen Instinkten geführt worden, etwas, das er anerkannte. Zudem war sein Kleiner kein Baby, seine Mutter war vierzehn gewesen, als sie mit ihm geschlafen hatte. Wer war er da, dem Kind den Spaß zu verderben? Und Percy zur Enthaltsamkeit zu zwingen?

Vermutlich würde er es anders sehen, wäre sein Sohn bei Mirèe und ihm aufgewachsen, aber so war es ja leider nicht gewesen. Er konnte nur versuchen, einen Zugang zu dem Kleinen zu finden, ihm zumindest ein guter Berater und Lehrer zu werden, auf jeden Fall war ihm klar, dass es Geduld brauchte, wie bei Sev, der ja auch geprägt war von einer wenig schönen Vergangenheit und einem alten Schwein, das es immer noch wagte, seinen Liebhaber zu foltern, wenn er selbst Mist gebaut hatte!

Schließlich riss Tom sich zusammen, bewegte seine Hand, was dazu führte, dass der Kleine zuckte, sich näher an den rothaarigen General lehnte, doch er flüchtete nicht, als der Lord ihn schließlich berührte. „Du hast dieselben Hände, wie deine Mutter“, stellte Tom fest, lächelte etwas. „Weißt du, dass sie dich nach deiner Geburt vier Tage lang nicht aus dem Arm gegeben hat? Sie wollte dich nur halten und nicht mal ich durfte dich nehmen. Vier Tage lang. Sie hat dich sehr geliebt, wir… wir haben dich damals geliebt. Ich… könnte dir dein altes Zimmer zeigen, im Familienflügel, wenn du möchtest“, schlug er vor. „Du kannst den da“, er deutete mit einer scherzhaften Bewegung zu Percy, „natürlich mitnehmen. Natürlich hab ich da auch Bilder von deiner Mutter…“

Dieses Mal sah Harry auf, verwirrt über die Art, wie Voldemort mit ihm redete. Es passte einfach so gar nicht zu dem Mann, der jahrelang versucht hatte, ihn zu töten oder zu dem, was ihm von allen Seiten erzählt worden war. Der dunkle Lord sah ihn offen lächelnd an, ohne Hintergedanken, einfach nur ihm etwas anbietend. Als wolle der Mann sein Vater sein, als käme er Diesem eben nicht ungelegen, wie allen Anderen.  Er blickte zu Percy, der ihn ermutigend anlächelte, bevor er schließlich nickte. Er wollte Fotos sehen und allein die Vorstellung, mal ein Zimmer gehabt zu haben, statt einem Schrank war für ihn etwas Schönes.

Erleichtert stellte Percy fest, dass sein Kleiner sich, nach den ersten Worten, endlich so weit entspannte, dass er endlich was zu Essen nahm, auch, wenn er im Moment nur lustlos an einem Muffin knabberte, ihn dann ansah, als würde er nicht so wirklich schmecken, ihn zurückstellte und eine Scheibe Speck wählte. Er drückte die schmale Hand auf der Decke, bevor er sich an seinen Lord wandte: „Ich denke, ich sollte ihn dann, während ich arbeite, hier lassen?“, fragte er schließlich.

„Nein!“, rief Harry, bevor er wusste, was er tat. „Nein! Bitte nicht, ich…! Ich will… bei dir… bleiben?“, fügte er, nun etwas leiser hinzu, als ihm klar wurde, wie lächerlich dieser Ausbruch gewesen war. Er war immerhin verdammte fünfzehn Jahre alt!

Tom seufzte, musterte das aufgebrachte Gesicht, das er nur zu gut kannte. Die Mutter seines Sohnes hatte Trennungen auch kaum ertragen, selbst, wenn es nur kurze Stunden gewesen waren. Er würde dem Kleinen das gern ersparen. „Kannst du ihn mitnehmen?“, fragte er ruhig. „Ohne, dass er zum Leoparden wird? Sev…erus meinte, damit sollte er mindestens einen Monat warten, bis seine Magie sich von den Strapazen erholt hat.“

Kurz rieb Percy sich die Stirn, überrascht über das, was der Lord gefragt hatte. Den letzten Monat hatte er immer Neveo dabei gehabt, Niemand würde ihm eine Frage zum Leoparden stellen. Ein Mensch hingegen… „Ich habe noch etwas Urlaub übrig“, schlug er daher schließlich vor. „Es sollte für einen Monat reichen, bedenkt man, dass ich zwei Jahre keinen hatte und der Minister möchte ohnehin für eine Weile außer Landes, weil er Besuche bei anderen magischen Gemeinden zu machen hat, dabei braucht er mich gerade nicht, das Wichtigste, denke ich, kann ich auch von hier aus erledigen. Nur… ich gehe eher von zwei Wochen aus, immerhin… koordiniere ich das Vorzimmer des Minsters.“

Tom nickte. „Zwei Wochen wären immerhin schon etwas, bis dahin hat er sich sicher besser eingewöhnt“, stimmte er zu, lächelte seinen Sohn an. „Ich denke, ich würde den Anderen auch gern sagen, dass der junge Prinz wieder unter uns ist.“

„Was…was heißt das?“, fragte Harry unsicher.

„Dazu ist es wohl noch etwas zu früh“, wandte auch Percy ein.

„Nun, du würdest dem Orden vorgestellt werden, natürlich nur unter einer Maske, nicht, dass du mir wieder entführt bist, aber ich wüsste dich gern an meiner Seite, mein Sohn“, gab Tom zu. „Nur hat mein General Recht. Das hat noch etwas Zeit, denk einfach darüber nach und bis dahin, fühl dich frei, dich überall zu bewegen und.. sag mal, Percy, kannst du ihm nicht dieses Hundehalsband abnehmen?“, fragte er, dann doch etwas irritiert, als er das Band mit dem Namen Neveo am Hals des Jungen erkannte.

„Nein!“, rief Harry, legte schützend die Hand über den Stein, der den Namen des Rotschopfes trug. „Ich… ich mag den Stein“, erklärte er schließlich.

Diese Reaktion brachte auch Percy zum Lachen, der die Hand hob, sie über das doch eher billige Band um den Hals des Jüngeren gleiten ließ, so, dass das zu einer massiven, eleganten Silberkette in Schlangenform wurde. „So besser?“, fragte er, die Augen auf den Lord gewickelt, während sein Kleiner rot bis auf die Haarwurzeln war.

„Allerdings“, knurrte Tom, unwillig, dieses Besitzzeichen eines Anderen jetzt schon um ein Körperteil seines Sohnes zu sehen, doch er sah auch, wie glücklich der mit Percy war und was er sich selbst versprochen hatte.

 

zurück 4. Kapitel