10. Kapitel
„Fen…“
„Hm?“, fragte der Wer
ruhig, die Augen geschlossen, das Gesicht der Sonne zugewandt, die herrlich auf
ihn schien. Es war zwar kalt, doch nicht so unangenehm, nun, wo der Schnee
langsam schmolz und stattdessen der Frühling seine ersten Blüten trieb. An den
ersten Stellen traten die Schneeglöckchen durch die Erde, da, wo der Schnee
bereits verschwunden war. Er liebte diese Tage des Wechsels, dann waren für
seine Sinne die Gerüche besonders intensiv und gut. Voller Leben. Vor Allem
jetzt, wo er auch seinen Gefährten hatte und wo endlich Alles besser zu werden
schien, was um ihn herum geschah. Darum war er mit Fred hier. Er liebte
Spaziergänge, Bewegung.
Fred blickte auf die vor
ihm liegende Fläche, die kaum noch mit Resten schmelzenden Schnees bedeckt war,
während er sich an den Älteren zurücklehnte, der seinen einen Arm
besitzergreifend um seine Mitte gelegt hatte, wie er es meist zu tun pflegte.
Erst nach einer Weile begegnete er dem fragenden Blick des Älteren. „Ich… ich
will, dass… du mich zu einem von euch machst.“ Er hatte auch schon mit seinen
Brüdern darüber geredet, Percy hatte nur mit den Schultern gezuckt und gemeint,
dass er damit gerechnet habe, Neveo hatte ihn umarmt und gemeint, dann könnten
sie gemeinsam rennen, außerdem habe er schon immer mal einen roten Wolf sehen
wollen und George… George hatte gemeint, dass das abzusehen gewesen sei. Es war
so anders, als er erwartet hatte. Viele der Wer konnten jederzeit ihre Form
wechseln, ohne Schmerzen, solang sie sich selbst akzeptierten, wie sie eben
waren.
„Was?“, fragte Fenrir
verdattert, starrte auf seinen Gefährten, bevor er lachte. Er hatte gehofft,
dass der Jüngere sich irgendwann dazu entschließen würde, doch er hatte es, nach
dem einen Gespräch ganz zu Beginn, nie wieder angesprochen. Er hatte das ernst
gemeint, es war allein Freds Entscheidung und eine, die vieles ändern würde,
auch für dessen Zwilling und für ihr gemeinsames Geschäft, denn dann konnte sein
Gefährte wirklich kein Silber mehr nutzen. Oder… war das der Grund, warum der
Andere einige Aushilfen ausgebildet hatte? Das könnte es sein! „Ist… das dein
Ernst?“, fragte er leise, während er schon spürte, wie das Serum ihm in die
Zähne schoss. Sein Wer schien sehr überzeugt zu sein.
„Ja“, lächelte Fred einfach
nur. Er spielte schon seit Weihnachten mit dem Gedanken, hatte mit George und
den anderen geredet, begonnen, Leute auszubilden, die ihnen mit den Produkten
helfen konnten, denn sowohl George und er, die inzwischen auch in Frankreich,
Deutschland, den Niederlanden und im nordischen Bereich ihre Produkte
verkauften, alsauch Neveo mussten dauernd mehr produzieren. Er streckte sich
etwas, küsste den Älteren leicht auf die Lippen. „Ich will ein Teil deines
Rudels werden… und Nev is schon ganz gespannt auf einen rothaarigen Wolf.“
Das brachte Fenrir sogar
zum Lachen, er nickte einfach, drängte den Jüngeren gegen einen Baum, küsste
dessen Hals entlang – und biss erneut heftig zu, als er die Stelle erreicht
hatte, wo er seinen Gefährten schon ein Mal markiert hatte. Nur nutzte er dieses
Mal das Serum, injizierte es, einfach nur glücklich. Er konnte Fred zeigen, wie
schön es war, ein Kind des Mondes zu sein, wenn man sich nicht, wie ein Idiot,
wie Lupin, gegen sein eigenes Wesen wehrte. Er spürte, wie nur kurz nach dem
Biss die Beine des Jüngeren nachgaben, er hob Diesen hoch, setzte sich auf einen
umgefallenen Baum und wartete. Da der Jüngere sich nicht zu sehr wehrte, sollte
es auch nicht zu schmerzvoll sein.
Fred keuchte leise, als der
Andere sich seinen Hals entlang küsste, er zuckte auch nicht, als dessen Zähne
sich wieder in das vernarbte Mal bohrten. Das tat der Beste öfter, vor Allem
beim Sex. Nur war es dieses Mal anders. Es brannte mehr und nach kurzer Zeit
wurde ihm schwarz vor Augen. Er merkte, wie er in die wartenden Arme sackte. Das
Nächste, was er dann wusste, war, dass er auf einer Wiese stand, umgeben von
leicht wogenden Gräsern, in der Nacht und über ihm der große, silbern glänzende
Vollmond. Er sah sich um, irritiert, wie er hier gelandet war und wo Fenrir
geblieben war!
„Er wacht über dich,
während der Wandlung.“
Erschrocken wandte Fred
sich um, sah eine Frau, die wirklich attraktiv wirkte, auf eine rein objektive
Art. Mit langen, fließenden, silbrigen Haaren, einem silbrigen Gewand und
silbrigen Augen. „Wer…?“
„Ich bin Mutter Mond“,
lächelte die Frau freundlich. „Willkommen, mein Kind. Ich habe schon auf dich
gewartet. Ich habe Fenrir nicht die Geduld zugetraut, so lang zu warten. Er
liebt dich wirklich sehr. Und du ihn.“
Fred lächelte einfach
etwas, nickte aber dann. „Sonst hätte ich diesen Schritt nicht getan“, gab er
ehrlich zurück. Zwar wirkten die Wer in ihrem Rudel glücklich und zufrieden,
doch er war es ja auch gewesen.
„Gut“, nickte die Göttin
einfach, lief ein Mal um den Jungen herum. „Wichtig ist einzig und allein, dass
du deine wilde Seite auch akzeptierst. Hast du Hunger nach Fleisch, dann nimm es
dir, willst du rennen, tu es und lass dir von Niemandem sagen, dass dein Weg zu
leben falsch ist. Wehr dich nicht gegen dein inneres Wesen und lauf mit mir,
wenn ich am Himmel bin.“
Fred lächelte einfach und
nickte. Er sah, wie die Frau verschwand, so, wie die Umgebung. Stattdessen nahm
er einen bekannten Geruch wahr. Fenrir. Doch nicht nur das, er roch besser, als
sonst, intensiver, lecker, unvergleichlich! Es war so erregend, allein das zu
riechen! War das, wie er für den Anderen bei ihrer ersten Begegnung gerochen
hatte? Dann musste er sagen, musste Fenrir sich verdammt gut im Griff haben,
dass er damals so lang gewartet hatte, um ihn zu überfallen! Er schnüffelte,
noch bevor er die Augen öffnete, spürte die Hände des Älteren, die ihm halfen,
sich aufzurichten, vergrub seine Nase in dessen Hals. „Du… riechst so… so gut“,
keuchte er.
„Ich weiß“, grinste Fenrir.
Er küsste den Jüngeren, beobachtete, wie der nun die Augen öffnete, deren blaue
Farbe nun mit Gold zu unterlegt sein schien. Er küsste den Anderen, spürte. Wie
intensiv es nun war. „Und du hast dir einen tollen Tag ausgesucht. Riech mal,
wie intensiv die frische Luft ist und…“, weiter kam er allerdings nicht, bevor
der Rotschopf ihn vom Stamm geschubst und sein Hemd aufgerissen hatte.
„Riechen später, jetzt
Sex!“, knurrte Fred, der vorhatte, den Rat der Göttin, seinen Instinkten
nachzugehen, voll auszuschöpfen. Vor Allem, da ihm trotz des etwas feuchten
Wetters gar nicht kalt war. Umgebung später, Gefährte zuerst, er wollte… ihn
auch markieren! Und noch bevor er wusste, was er da tat, hatte er den Anderen
heftig gebissen…
„… ganz einfach“,
argumentierte Ron. „Vater hat es uns doch erklärt! Da können die gar nicht so
viel Leute rum positionieren und wir können mit etwas Vielsafttrank locker rein.
Denk nur! In einer Woche sind wir endlich da, wo wir hingehören!“ Er grinste
breit, lehnte sich an die Wand des Hotelzimmers, das bei weitem nicht seinen
Ansprüchen genügte. Es war klein und ordentlich, aber auch sehr, sehr einfach
und noch schlimmer – es war muggel. Nur hier konnten sie sich sicher verstecken,
ohne etwas fürchten zu müssen. Und Charlie hatte ihnen die Karten besorgt. Oh,
der Halbbruder mit den Drachen war bei Weitem nicht in Ordnung und er war feige,
wollte nicht direkt helfen, aber er war nützlich. Vielleicht würden sie den
sogar am Leben lassen. Anders, als die Anderen. „Die werden ihn nicht schützen,
nur die Ratte! Sag mir nicht, dass du diesen Pfennigfuchser nicht umbringen
willst, weil er auch rote Haare hat!“
Ginny beschränkte sich
darauf, die Augen zu verdrehen. „Weiß ich ein so großer Percy-Fan war oder wie?
Der is mir so was von gleich! Ich hab nur keine Lust, dass was schief geht, denn
ich will nicht gefangen genommen werden! Wir sind Dads Arme und Beine, er kann
ohne uns nichts tun! Er ist unbeweglich, das hier muss auf Anhieb klappen und du
neigst nun mal dazu, zu früh, zu schnell und zu unsauber zu handeln! Was du auch
ganz genau weißt!“
Ron verdrehte die Augen.
„Ich bin nicht dumm“, knurrte er ungehalten. „Und ich weiß, wann und wie ich zu
reagieren habe. Ich werde das schon hin bekommen, krieg dich wieder ein. Darum
sind wir ja auch beide da! Ich werde die Wachen ablenken und auf mich ansetzen,
du wirst den Job erledigen. Hoffen wir nur, dass das Zeug arbeitet…“ Er hielt
die Anhänger und Armbänder hoch, sah sie verächtlich an. Doch sie waren ein
essentieller Teil des Plans, von ihrem Vater zusammengesucht. Dinge, die
praktisch alles an Flüchen abwehren konnten. Einfache, mittlere, sogar einige
schwere Bindezauber, Angriffszauber und andere Dinge. So, dass er würde fliehen
können, um Ginny den Weg frei zu machen. Wenn ihr Halbbruder verreckt sein
würde, würde die Ratte drauf gehen und damit war der Weg zu Voldy-Moldy frei,
der von einem anderen, treuen Anhänger ausgeknockt werden sollte, nicht
umgebracht, nur etwas gefoltert, um anschließend öffentlich hingerichtet zu
werden. Anschließend konnten sie all den Müll rückgängig machen, der beschlossen
worden war und ihre eigene Weltordnung endlich umsetzen und Ron musste nie
wieder was von dem Weichei hören, das ihn zwang, so ein Leben zu führen!
Endlich, endlich würde er
Prinz sein, künftige König, engster Vertrauter seines Vaters. Er würde eine
hochstehende Hexe heiraten, nebenher noch einige Geliebte haben, in einem
richtigen Harem, um die Linie zu sichern, während seine Schwester als Königin
über ein anderes Reich herrschen würde,
sobald sie geheiratet, ein Kind bekommen und ihren Mann dann beseitigt
haben würde. Ein Leben in Luxus und Gloria und es war nun zum Greifen nah! „Ich
freu mich“, lächelte Ron schließlich, sah zu seiner Schwester, die die Phiolen
gerade abfüllte. Drei Tage, dann würde es soweit sein, nur noch drei Tage!
„Oh ja, endlich wieder ein
ordentliches Haus, Luxus, Hauselfen, anständige Klamotten und einige Leute, die
wir fertig machen können“, nickte Ginny einfach, streckte sich dann und sah zum
Bett, wo die einfache, lächerliche Kleidung lag, die sie so hasste, keine Seide,
kein Satin, nur billige Ware, wie alle sie hatten. Nicht mal die Qualität der
Dinge von Malfoys! Das war eine solche Schande! Diese Sachen verkannten ihre
Schönheit! Nun, nicht mehr lange…
„Und?“, fragte Neville
schließlich das durchscheinende Mädchen vor sich, lächelte etwas. „Wirst du mit
uns kommen? Sie sind hier. Deine jüngere Schwester und dein älterer Bruder. Sie
sind extra aus Indien gekommen, um dich zu sehen. Sie wollen auch nicht, dass du
hier bleibst. Sie wussten einfach nur nicht, dass du hier bist.“ Am liebsten
hätte er die Kleine in die Arme genommen, doch genau das war es ja leider, was
man mit Geistern nicht tun konnte.
Juliana sah auf, wischte
über ihre Wange, wohl wissend, dass sie weinte, und nickte. Das erklärte, warum
Graham nicht da gewesen war, am Tag der Einweihung vom Gedenkstein. Wie hätte er
in Indien und mit einem neuen Nachnamen, davon wissen sollen? Sie konnte es
ihnen sagen. Alles konnte gut werden… „Kommen… kommen sie hierher?“, fragte
Juliana leise. Sie mochte nicht runter gehen, lieber hier bleiben, versteckt.
Denn sie mochte die Massen nicht, die in der großen Halle waren. Hier, wo sie so
lang gefangen gewesen war, fühlte sie sich auch sicher.
„Gut“, nickte Neville. „Wir
beide“, erzog Luna zu sich. „Wir werden gehen und die beiden zu dir schickten,
dann…“
„Nein! Nein, bitte nicht,
bitte.. ihr sollt bleiben“, verlangte Juliana leise. Sie hatte Angst. Neville
kannte sie inzwischen, er war oft bei ihr, erzählte ihr lustige Geschichten von
dem, was er mit seinen Freunden, auch dem Prinzen, in seiner Schulzeit, hier
getan hatte, und Luna, die immer lächelte und ein gutes Wort hatte, aber ihr
Bruder… er war ein Fremder für sie, er war, im Gegensatz zu ihr, erwachsen
geworden, vor einer langen Zeit, war nun etwa sechzig Jahre und die Schwester,
die dabei war, hatte sie nie kennen gelernt. Sie war eine vollkommen Unbekannte.
„Natürlich“, nickte Luna
ruhig. „Wir werden bleiben, kleines. Ganz ruhig. Selbst, wenn er wollte, er
könnte dir doch gar nichts mehr tun und ich bin mir sicher, er würde es auch gar
nicht wollen. Du bist seine kleine Schwester, ich wette, er hat eher ein
schlechtes Gewissen, weil er dich damals nicht beschützen konnte.“
„Er… er is… ein Fremder“,
flüsterte Juliana leise. Und er war jetzt in dem Alter, in dem auch Dumbledore
damals gewesen war, als er sie in diesen grausamen, schmerzhaften Tod gezerrt
hatte, der sie noch immer hier hielt. Und auch, als sie noch gelebt hatte, war
er wirklich nicht immer nett zu ihr gewesen, sie war eben nur die kleine, dumme
Schwester gewesen, um die man sich kümmern musste, die im Weg war.
„Keine Sorge, wir bleiben“,
bestätigte Neville erneut, er blieb, während Luna um die Ecke ging, um die
beiden Erwachsenen zu holen, die mindestens so nervös waren, wie das kleine,
durchscheinende Mädchen, nicht wissend, was sie denn so Wichtiges zu sagen
hatte, das sie hier hielt. Er hatte mit den Beiden geredet, die sich tatsächlich
erst gemeldet hatten, als Lunas Dad es geschafft hatte, einen Aufruf auf die
Titelseite der Magic International zu bekommen, einem Magazin, das es überall
gab und auf dem ein Zauber lag, so, dass Jeder es lesen konnte. Adrika, die in
Indien geborene Schwester, hatte den Artikel gefunden und sich daran erinnert,
dass ihr Bruder mal in England zur Schule gegangen war und dass sie dort eine
Schwester verloren hatten, es war der Grund für das Verlassen des Landes
gewesen. Und der Grund dafür, dass Graham sich bis heute schreckliche Vorwürfe
machte, er war nicht da gewesen, um der Schwester, die er damals wohl auch als
Belastung empfunden hatte, zu helfen, dabei musste sie am Tag ihres
Verschwindens sogar bei ihm gewesen sein, um ihm etwas zu sagen. Er hatte sie
damals abgefertigt, weil er zum Quiddich gehen musste.
Am Tag nach ihrem
Verschwinden hatte er das Team verlassen, nur noch nach Juliana gesucht, doch
immer gewusst, dass sie tot sein musste. Er war am Ende ein Auror geworden,
spezialisiert auf verschwundene Kinder, mit einem einzigen, bisher offen
gebliebenen Fall – dem seiner kleinen Schwester.
Adrika hatte Graham wohl
mehr als eine Woche lang bearbeiten müssen, um überhaupt wieder hierher zu
kommen und sich auch seiner Vergangenheit zu stellen, an der seine Eltern am
Ende sogar zerbrochen waren. Ihr Vater war zum Alkoholiker geworden, weil er die
Vorwürfe seiner Frau nicht mehr ertragen hatte, die schon ein Jahr vor Julianas
Tod das Land hatte verlassen wollen und sie… hatte den Tod ihrer erstgeborenen
Tochter nie verkraftet, sie war gestorben, als Adrika fünf Jahre alt gewesen
war. Graham hatte seine Schwester aufgezogen und er hatte sehr, sehr
überbeschützend gehandelt, was zu einem grauenvollen Streit geführt hatte, bei
dem Adrika erst erfahren hatte, dass sie eine ältere Schwester gehabt hatte.
Juliana sah auf, sie
wünschte sich gerade nichts mehr, als die Hand des netten Jungen nehmen zu
können, doch sie würde, wie durch Alles, nur durchgreifen. Sie saß da, hielt
sich an ihren angezogenen Knien fest, während schließlich zwei Leute
auftauchten. Eine frau mit langen, dunkelbraunen Haaren, wie Graham sie gehabt
hatte, einem Punkt auf der Stirn und einem komischen Kleidungsstück, neben ihr
ein Mann mit dunklen, kurz geschnittenen Haaren und einfachen Roben, einem
stoisch ruhigen Gesicht und vorsichtigen Augen. Doch sie erkannte ihn, auch,
wenn er kaum noch aussah, wie der flinke, schlanke Junge aus der Schulzeit, der
nichts lieber getan hatte, als Quiddich zu spielen. Es war ihr Bruder.
„Oh Merlin“, flüsterte
Graham nur, als er den kleinen Geist sah. Durchscheinend, kaum höher, als seine
Hüfte, er wusste es, sie war damals einen Meter dreißig gewesen, mit einer
Schuluniform, Kniestrümpfen und den einfachen Ballarinas, die sie so toll
gefunden hatte, dabei war es für die Schuhe an dem Tag viel zu kalt gewesen.
Ihre Haare waren noch in demselben Zopf geflochten, den sie damals getragen
hatte und aus dem Gesicht sahen ihn verängstigte, große Augen an. Oh, er
erinnerte sich nur zu gut an diesen Nachmittag. Seine Schwester, die ihn damals
nur genervt hatte, wegen irgendwas Wichtigem, was sie ihm sagen musste, dabei
hatte er was Besseres zu tun gehabt, wollte nicht mit seiner kleinen Schwester
gesehen werden, weil das nicht cool gewesen war. Oh, er hatte sie gemocht, doch
das zuzugeben, das war einfach nicht in Frage gekommen – bis es zu spät gewesen
war.
Und dann… diese stummen
Vorwürfe seiner Eltern, dass er nicht aufgepasst, sich nicht um sie gekümmert
hatte. Das Schweigen. Niemand hatte, nach dem ersten Jahr, je wieder in der
Familie ihren Namen erwähnt, sie waren sogar umgezogen, sechs, sieben Mal, bis
seine Mutter wieder schwanger geworden war, in Indien, wo sie dann geblieben
waren. Doch die vollkommen depressive Frau war nicht mal in der Lage gewesen,
ihr Kind zu benennen und Dad schon zu besoffen an den meisten Tagen. Die
indische Nanny und er hatten Adrika ihren Namen gegeben und er hatte sich damals
geschworen, sie besser zu schützen. Das hatte er getan. Er war ein auf Kinder
spezialisierter Auror geworden. „Juli“, murmelte er, kniete sich zu dem kleinen,
zitternden Geist.
All die Jahre, sie war all
die Jahre hier gewesen. Das hatten die beiden Teenager ihm erzählt, das war im
Artikel gestanden, der mit einem alten Bild von seiner lebenden Schwester auf
der Titelseite eines Tränendrüsenmagazins gewesen war, das Adrika von einem
ihrer Ausflüge mitgebracht hatte. Er hatte es erst nicht lesen, dann wochenlang
nicht hierher kommen wollen, aus Angst vor Vorwürfen, denn auch er hatte lang
gebraucht, um über die Vergangenheit hinweg zu kommen.
„Graham“, nuschelte
Juliana, richtete sich etwas mehr auf, sie wusste, wie der Andere es immer
gehasst hatte, wenn sie so gesessen war. Sie sah auf die Hand, die sich auf sie
zubewegte, dann aber einfach fiel, Berührungen waren nun mal nicht möglich.
„Kleine, was tust du denn
hier?“, fragte Graham, sich selbst zwingend, seine Stimme leicht zu halten.
Während seiner Arbeit hatte er gelernt, dass Kinder zu ängstigen einen nicht
weiter brachte und auch, wenn sei tot und ein Geist war, sie war ein Kind und
nie gealtert. „Warum gehst du nicht ins Licht? Hier kann es doch nicht schön
sein.“
Das brachte Juliana nur zum
Weinen. Natürlich war es hier nicht schön! Es war dauernd kalt und immer wurde
sie an die Schmerzen erinnert, sie war fast immer allein, vor Allem, wenn die
graue Lady woanders unterwegs war und Neville oder Luna konnten auch nicht
dauernd hier sein! Sie wäre damals so gern gegangen, hatte sogar gemeint, ihre
Mom zu hören und Dad, doch etwas hatte sie zurückgehalten!
Verdammt! Warum konnte er
seine Schwester nicht einfach in die Arme nehmen?! Das war nicht fair! Das war
so was von gar nicht fair! Dass sie kein Leben haben konnte! Sie war ein so
liebes, süßes Mädchen gewesen! „Nicht, Kleines. Nicht weinen. Sag… mir einfach,
warum du nicht gehen kannst. Dabei warten Mommy und Daddy doch auf dich. Das
haben sie immer getan, die ganze Zeit.“
„Ich.. ich muss…“
„Du musst uns noch was
sagen?“, fragte Graham ruhig, das hatte schließlich sogar im Artikel gestanden,
doch er konnte sich nicht vorstellen, was so wichtig war, dass es einen Geist
hier band. Andererseits dachten Kinder anders. Vielleicht war es etwas, das er
selbst als lächerlich ansehen würde. Es tat weh, doch er wollte einfach nicht,
dass das Mädchen in diesem Zustand hier bleiben musste. Er wusste, seine Mutter
würde egal wo Seelen nachihrem Tod hinkamen, auf ihre Tochter warten, um sie
zumindest drücken zu können! Er konnte sie nicht mal trösten, verdammt noch mal!
Juliana sah den Mann an,
der nun selbst aussah, wie ihr Dad damals, dann zu Neville und Luna, die ihr
zunickten, ermutigend lächelten. Auch die vollkommen Fremde, die ja ihre jüngere
Schwester sein musste, war in die Knie gegangen. „Ich… ich bin an dem Tag zu…
dir gekommen“, flüsterte sie schließlich. „Ich… wollte dir was sagen, aber… du
wolltest, dass ich beim Abendessen zu dir komme, du hattest Training…“
Oh ja, Graham erinnerte
sich nur zu gut an diesen Tag, hatte ihn wieder und wieder vor seinem inneren
Auge gehabt, wohl wissend, dass das das letzte Mal gewesen war, dass er sie
lebend gesehen hatte. „Und es tut mir seit damals nichts mehr Leid, als dir
nicht zugehört zu haben…“, gab er leise zurück, nun auf dem Boden sitzend, eine
Hand ausgestreckt, wissend, seine kleine Schwester nicht anfassen zu können.
Juliana sah auf. Graham war
ganz anders als früher, viel… netter. Er sah wirklich traurig aus. „Ich... hab
damals was gefunden“, erklärte sie leise. „Und… ich wollt es dir zeigen.
Unbedingt, es.. hat mir Angst gemacht und… es war unheimlich, mitten im Schloss!
Sie.. haben es nicht mal beim Renovieren gefunden.“
Was? Verdattert sah Neville
den kleinen Geist an, dann die beiden Erwachsenen. „Aber… warum hast du uns das
denn nicht gesagt?“
„Weil…“, Juliana begann,
ihren Rock zu kneten. „Ich… kann ich es dir zeigen, Graham?“, bat sie
schließlich.
„Ja“, nickte Graham,
wenigstens dieses Mal ohne zu zögern. Er stand auf, sah, wie der kleine Geist
Dasselbe tat, Juli streckte ihre Hand aus, bevor ihr wohl selbst wieder
einzufallen schien, dass er sie nicht nehmen konnte, eine weitere Träne rollte
über die durchsichtige Wange, dann aber lief sie los, aus dem dritten Stock, wo
sie sich umsah, doch es war Niemand da, es war ja auch eigentlich
Unterrichtszeit, sie lief vor ihm her, einige Treppen nach oben, in Richtung des
Astronomieturms. Es war unheimlich, wie wenig das Schloss sich im Grunde seit
damals geändert hatte. All die Nischen und Ecken, in denen er schon heimlich mit
seiner ersten Freundin geknutscht hatte, die Juli nicht gemocht hatte. Fünfzehn
war er damals gewesen, vier Jahre älter und so viel cooler…
Er schüttelte den Kopf,
folgte dem kleinen Geist weiter, einen anderen Gang entlang, der vom
Aussichtsturm selbst weg und in eine Sackgasse führte, verschwand dann – hinter
– einer Wand. Minutenlang, bevor sie zurückkam. „Kleine?“
„Ich… hab vergessen, dass
ihr nicht durchgehen könnt“, erklärte Juliana leise, deutete auf eine der
Fackeln. „Hier sind keine Zauber, darum haben die Zwerge und Fluchbrecher nicht
drauf gestoßen… ihr müsst dran ziehen.“
Verwirrt griff Graham nach
dem Fackelhalter, zog kräftig daran – unnötigerweise. Es ging ganz einfach, eine
Wand glitt einfach beiseite, gab einen ebenfalls erstaunlich sauberen Gang frei.
Er sah, wie Adrika losgehen wollte, hielt sie aber sofort auf. „Keinen Schritt,
Madame. Erst mal sehen, ob hier Zauber…!“
„Hier is nix“, gab Juliana
leise zurück. „War es auch nie. Hier war nie Jemand – außer mir. Und ich war
hier nur, weil ich Jemandem gefolgt bin.“ Sie lief weiter, bis zum Ende des
Ganges, wo eine weitere Tür war, die ihr Bruder aber ohne Probleme öffnen
konnte. Dahinter war eine Schatzkammer. Um es einfach auszudrücken. Ein Raum
voll mit goldenen Gegenständen, vor Allem einer. Eine Brosche in Form einer
Lotusblüte. Eine Brosche, wie ihre Großmutter sie auf einem Bild getragen hatte.
Das Schmuckstück war unter mysteriösen Umständen verschwunden, einen Tag nachdem
ihre Großeltern ihre Tochter hier in der Schule besucht hatten. Ein
Familienerbstück, dessen Verschwinden zu einem schrecklichen Streit geführt
hatte. Juliana war so aufgeregt gewesen, als sie es gefunden hatte! Sie hatte so
gehofft, dass ihre Ma sich mit ihren Großeltern versöhnen und sie eben die
kennenlernen durfte! Diese Brosche hatte ihre Familie kaputt gemacht! Sie
deutete auf das Schmuckstück, doch es war nicht nötig, Graham hatte es auch
schon gesehen.
„Oh bei Morganas T…
Hintern“, murmelte Graham schockiert, als er diese Brosche sah, die seine
Ururgroßeltern bekommen hatten. Ein magischer Schutzgegenstand seiner Familie,
der immer von ältester Tochter zu ältester Tochter weitergegeben worden war,
einige Generationen lang, bis das Schmuckstück verschwunden war. Das hatte einen
schrecklichen Familienstreit nachgezogen, indem seine Mutter beschuldigt worden
war, von der jüngeren Schwester, die auch nie wieder mit ihnen geredet hatte.
„Wer… ist hierhergekommen?“, fragte er schließlich.
„Dumbledore“, antwortete
Juliana, als sei das vollkommen klar. „Er ist hier rum gelaufen und… ich wollte
ihn was fragen, aber er hat gar nicht auf mich reagiert, also bin ich hinter ihm
her gerannt und hab gesehen, wo er hingegangen ist. Ich dachte, er hat mich gar
nicht gesehen, er ist raus und ich bin dann in den Gang rein, die Tür hierher
war offen. Ich hab die Brosche gesehen, bin aber nicht ran gekommen, darum bin
ich zu dir gekommen.“
„Was… hat er damals hierher
gebracht?“, fragte Luna leise, während sie eine Vorahnung bekam. Sie waren nicht
grundlos auch hier in dieser Schatzkammer voller alter Artefakte, die noch
gefehlt hatten, Dinge, die als verschwunden galten. Hier ein Zauberstab, der
aussah, wie der von Salazar Slytherin selbst, dazu drei Weitere, sicher die der
anderen Gründer. Kelche aus Silber und Gold, andere Sachen. Wertvolles.
Juliana runzelte die Stirn,
ging dann zu einem der Regale und stellte sich auf die Fußspitzen, hüpfte und
deutete auf einen Kasten, der da stand. Sie beobachtete, wie Graham ihn, nach
einem Zauber, nahm und den Teenagern gab, bevor er selbst die Familienbrosche an
sich nahm. Endlich. Endlich hatte sie das Geheimnis weitergeben können, das ihre
Familie zerstört hatte, sie konnten sich versöhnen! Und sie… konnte gehen? Sie
sah zu ihrem Bruder, der so anders, so viel netter war, als früher. Warum durfte
sie nicht bleiben? Ihn nicht umarmen?! Sie hatte so gern erwachsen werden
wollen, um später Heilerin zu werden, das war ihr großer Wunsch gewesen, dafür
hatte sie sich in Tränken und überall sonst immer so bemüht! Sie merkte kaum,
wie ihr wieder die Tränen kamen.
„Das hier… sind Artefakte
von Salazar Slytherin, unter Anderem sein zweiter Zauberstab und der von seinem
Geliebten“, stellte Neville verdattert fest, als er die Schatulle geöffnet
hatte. „Und die Ketten, ich müsst mich irren, aber ich wette, die haben so
ähnliche Zauber, wie die Bindungsreifen und sie würden sich ergänzen! Das… das
muss zu Neveo und Percy! Und… der Lord, er muss das hier sehen! Er…!“
„Später“, gab Luna ruhig
zurück, sie trat zu Graham, nahm ihm die Brosche ab und kniete sich zu dem
wieder weinenden Geistermädchen. Doch sie lächelte. „Es ist Deine“, erklärte sie
ruhig. „Du bist das älteste Mädchen der Familie.“
„Ich… bin tot“, gab Juliana
mit emotionsloser Stimme zurück.
„Und? Fass es an“, bot Luna
leise an. „Du hast ein Familiengeheimnis gelöst, nicht wahr?“, fragte sie
rhetorisch.
Juliana verstand nicht,
doch sie streckte ihre Hand aus, in Erwartung, dass die durch den Schmuck gehen
würde, wie durch Alles. Doch zu ihrem Erstaunen konnte sie es fühlen! Ihre
Finger stießen gegen die amethystenen Edelsteine der Blüte! Das erste Mal, seit
sei tot aufgewacht war, konnte sie Irgendwas fühlen! Keine Erinnerung, sondern
die glatte Oberfläche des alten, geschliffenen Steins! Mit großen Augen sah sie
zu Luna, dann zu ihrem Bruder, bevor sie auf ihre eigene Hand blickte, die nun
die gesamte Brosche umschloss – und aufschrie. Sie war nicht mehr durchsichtig!
Sie… das… das war Haut! Das war richtige Haut! Wie war das möglich?! Und es
breitete sich aus!
Im ersten Moment wollte
Graham das blonde Mädchen mit den umwölkten, blauen Augen anschnauzen, wie dumm
man sein konnte, doch da hatte seine Schwester die Brosche bereits berührt. Und
es begann praktisch sofort. Er sah, wie ein goldenes Leuchten um die kleinen
Finger entstand, das schließlich immer höher kletterte, den dünnen, kleinen Arm
entlang. Er hörte das Mädchen schreien, wollte zu ihr, doch seine andere
Schwester umfasste ihn mit einem eisernen Griff, der sich erst lockerte, als das
Leuchten abklang. Doch das, was er nun sah, konnte er einfach nicht fassen.
Das.. konnte nicht sein! Das war unmöglich! Noch nie hatte er von so was auch
nur gelesen!
Vor ihm auf dem Boden saß
Juliana, doch sie war nicht mehr durchscheinend, sondern aus Fleisch und Blut,
mit den haselnussfarbenen, recht hellen, langen Haaren, die im Zopf geflochten
waren, den fast goldenen Augen, der hellen Haut und der Schuluniform, die
vollkommen verstaubt war, mit Löchern durchsetzt. Als habe sie die schon zu
lange an. Und mit den roten Ballarinas an den Füßen, die noch genauso aussah,
wie an dem Tag, als sie die Dinger in der Stadt gesehen und ihrem Vater
abgeschwatzt hatte. Langsam, ganz langsam streckte er seine Hand nach dem
Mädchen aus, das noch immer die Lotusbrosche umklammert hielt, stieß tatsächlich
auf Widerstand und zerrte seine kleine Schwester in seine Arme, drückte sie wild
an sich. Sie fühlte sich kalt an, aber sie war da und er hörte ihr Herz
schlagen!
Adrika lächelte etwas. Sie
freute sich so für Graham. Er hatte immer unter dem Tod des Mädchens gelitten
und sie war sich sicher, darum hatten die Götter ein Einsehen gehabt, sie hatten
der Brosche erlaubt, ihre Wirkung zu entfalten. „Der Lotus steht für
Wiedergeburt, in Indien, China und in anderen Ländern“, erklärte sie leise, sah
auf das Mädchen, das noch so jung und doch eigentlich ihre ältere Schwester war.
Neville brachte nicht ein
Wort raus, er konnte nur auf die Kleine starrten, während er das Kästchen
umklammert hielt.
Luna dagegen klatschte
begeistert. „Ich hab doch gewusst, dass was passieren würde! Juliana war noch
nicht bereit, tot zu sein! Und ich hatte so komische Visionen!“ Es war einfach
toll, mal was Schönes und nicht nur dauernd den Tod zu sehen!
„Kalt“, flüsterte Juliana,
die nicht verstand. Doch sie fühlte die Arme, die sie hielten, sie roch sogar
den Staub um sie herum und sie spürte, wie herrlich warm ihr Bruder sich
anfühlte – und wie stark er sein musste. Sie spürte, wie er sie absetzte, seinen
Umhang abnahm, auf die Knie ging, ihn ihr umlegte und sie wieder zu sich zog.
Sie weinte, doch er tat es ebenfalls.
„Ja, du bist eisig kalt“,
stimmte Graham zu, der nicht fassen konnte, seine Schwester im Arm zu halten.
Lebend, wie es zu betonen galt. Kalt und zitternd, aber atmend und mit
schlagendem Herz. Es sah so aus, als bekäme er eine zweite Chance, ein
ordentlicher Bruder zu sein, auch, wenn er wohl jetzt eher die Vaterrolle haben
dürfte.
„Gibt es hier eine
Krankenstation?“, fragte Adrika freundlich, stellte sich zu Graham. „Hi, ich bin
deine jüngere Schwester.“
Juliana lächelte schwach,
kuschelte sich enger in die Wärme. Hieß das, dass sie wirklich wieder lebte? Sie
fühlte die Brosche, sie fühlte auch die Wärme und wenn sie so drüber nachdachte
– sie atmete!
„Ja, gibt es“, nickte Luna.
„Ich bring Sie hin, Neville, beschaff doch mal ein paar Klamotten in ihrer
Größe, ihre Uniform zerfällt im wahrsten Sinne des Wortes.“ Sie sah ihrem Freund
hinterher, der sofort los spurtete, führte die kleine Gruppe dann auf die
Krankenstation, wo nur bestätigt wurde, was sie bereits wusste. Juliana war
offensichtlich am Leben und bis auf eine kleinere Erkältung, ein wenig Fieber
und eine Unterkühlung kerngesund. Nur, dass ihre Uniform, als Graham den Umhang
beiseite zog, ihr regelrecht vom Körper fiel. Doch Neville kam, über seinem Arm
Unterwäsche, eine Jeans und einen Rollkragenpullover aus dem Fundus, den
inzwischen jedes Haus besaß, falls Kinder mal mit zu wenig Kleidung oder mit
kaputten Sachen hier ankamen. Niemanden wunderte es, dass Graham mit der Kleinen
im Bad verschwand, um sie mit einer Dusche aufzuwärmen und sie anschließend
selbst anzog.
Als Graham wieder aus dem
Bad kam, trug er Juliana immer noch auf seinem Arm, nicht glauben könnend, wen
er da bei sich hatte. Seine Schwester war offensichtlich vollkommen erschöpft,
ihr Kopf lag auf seiner Schulter, sie trug, das erste Mal in ihrem Leben, eine
Hose, da so was früher nur Jungen angehabt hatten, dazu einen dicken Pullover.
Sie hatten auch nicht viel geredet, das würde vermutlich später kommen. Er
konnte beobachten, wie das kleine Mädchen schließlich einschlief. „Sie lebt!
Adrika, sie lebt!“
„Und du wolltest nicht mal
hierher kommen“, lächelte die Andere, strich über die hellen, noch nassen Haare,
die sie mit einem schnellen Zauber trocknen ließ.
„Wo ist das Schwein, das
meine Schwester umgebracht hat?“, fragte Graham schließlich, mit ruhiger und
doch hasserfüllter Stimme.
„Wir suchen ihn noch, wie
gesagt, Dumbledore hat noch mehr Leute umgebracht, nicht nur Juliana, ein Freund
von uns ist nur knapp mit dem Leben davon gekommen, der ehemalige Direktor
Dippet und viele Andere hatten nicht so viel Glück und nicht Jeder hat einen
Lotus der Widergeburt in der Familie, der einem auch noch zusteht“, erklärte
Luna, die die Brosche an Pullover haften sah. Wo sie hingehörte. Nun hatte diese
Familie auf jeden Fall eine neue Legende und das Schmuckstück einen weit höheren
Wert denn je.
„Und wann wird er
aufgegriffen?!“
„In dem Moment, wo er seine
hässliche Visage irgendwo zeigt“, meldete sich eine neue Stimme. Arthur Weasley,
dem gerade von einem Gemälde die unglaubliche Geschichte erzählt worden war. Er
betrat die Krankenstation, sah, wie der Mann, der aussah, als sei er in Snapes
Alter, auch, wenn er mehr Jahre auf dem Buckel hatte, das Mädchen fester an sich
drückte. „Arthur Weasley mein Name, ich bin der neue Direktor und ebenfalls
einer von denen, die unter diesem Herrn gelitten haben. So, wie mein
Schwiegersohn und damit auch mein Sohn. Ich wurde gerade von dem Gemälde
Slytherins über die Geschehnisse informiert und wollte Ihnen meinen Glückwunsch
aussprechen.“ Er lächelte etwas, hob einen Stapel Kleidung, unter Anderem einen
Kinderumhang und einen Teddy hoch. „Ich hatte auch mal ein Mädchen im Haus“,
erklärte er, den Schmerz bei den Worten bewusst verdrängend. „Etwas
Grundausstattung für die ersten Tage, bis Sie in Ruhe einkaufen gehen können.
Nachtsachen und so.“
Graham musterte den Mann
misstrauisch, doch er schien menschlicher zu sein, als er Dumbledore je gehalten
hatte. Er erinnerte sich an die Worte des Alten, der ihm nur arrogant erklärt
hatte, dass das dumme Gör wohl weggerannt sei, es sei ja zum Glück nur ein Gör
gewesen, nicht der Erbe der Familie. Er nahm die Sachen an, vor Allem den
Umhang, doch er wollte sobald es ging, einkaufen gehen. In Indien herrschte auch
ein anderes Klima und vermutlich würde Juli sich in die Saris verlieben, wie
Adrika es getan hatte. „Danke, aber ich habe vor, so schnell wie möglich zurück
nach Indien zu gehen. Ich habe da einen Job, meine Schwester bereitet ihre
Hochzeit vor und…“
„Ich hoffe, dass Sie diesen
Beiden erlauben, sich zu verabschieden, sie haben sich um Juliana gekümmert. Und
Neveo und sein Vater haben ebenfalls geholfen“, unterbrach Arthur. „Ich kann den
Lord direkt kontaktieren, er hat großen Anteil am Schicksal der Kinder des
dritten Stocks genommen. Seine Botschafter und Xeno Lovegood haben im Ausland
sogar Artikel drucken lassen.“
„So haben wir es
rausgefunden“, lächelte Adrika. „Ich habe einen der Berichte gefunden.“ Sie
richtete ihren Blick auf die Jugendlichen, die sie ja auch hierher gebracht
hatten. „Und ich bin beeindruckt, dass ihr euch so für einen Geist eingesetzt
habt“, fuhr sie fort, bevor Graham ihr dazwischen funken konnte. „Außerdem
kannst du mir endlich mal zeigen, wo ihr früher gelebt habt, du hast es
versprochen, du hast gesagt, du machst das irgendwann. So kann Juliana auch
Abschied von England nehmen.“
Graham, der erst vehement
protestieren wollte, schloss seinen Mund einfach. Seine Schwester und der
Direktor hatten Recht. Die Kinder hatten sie erst hierher gebracht und sei
hatten sich offensichtlich genug um Juliana gekümmert, um sie nicht allein zu
lassen, auch wenn sie ein Geist gewesen war. Sie hatten ihnen geholfen, die
Blonde hatte seine Schwester wieder ins Leben gebracht. Da waren ein, zwei Tage
in England doch kein Beinbruch! Er hatte noch mehr als genug Urlaubstage und
vermutlich würde seine Schwester, die vor Erschöpfung eingeschlafen war, sich
verabschieden wollen. „Gut“, meinte er, stand vorsichtig auf, gab beiden
Teenagern die Hand. „In zwei Tagen ist Samstag, dann ist, soweit ich weiß, immer
noch Hogwartswochenende. Wir könnten Essen gehen. Ich habe gehört, hier soll es
irgendwo märchenhafte Leckereien geben. Juli war schon immer eine Naschkatze.“
„Oh!“, lachte Arthur, rief
eine Hauselfe und flüsterte ihr was zu, kurz danach tauchte ein Tablett auf,
darauf Petit Fours, Muffins, zwei Scheiben Torte unterschiedlicher Art und
Kindergebäck in Tierform. „Da kann ich helfen! Das kommt aus eben dieser Laden,
der so bekannt ist. Ich kenne den Bäcker persönlich. Genießen Sie es, sonst
müssten Sie ein Vermögen dafür hinlegen.“
Dankend nahm Adrika die
Sachen, die schon verführerisch dufteten. Sie verabschiedete sich mit einer
Umarmung von dem Jungen und dem Mädchen, dann folgte sie ihrem Bruder, der nur
zurück ins Hotel wollte, um ihre Schwester in ein Bett zu bringen. Sie wusste,
nun würde Graham endlich etwas anders werden und sie waren wieder eine richtige
Familie.
Nervös stand Neveo hinter
der Tribüne, die er gleich würde betreten müssen, mal wieder. Es war eine
weitere, wichtige Veranstaltung in der Öffentlichkeit, Percy hatte viel dafür
gearbeitet, nicht hinzugehen kam, einige Tage nach der Bindung, gar nicht in
Frage, das hatten ihm Alle, auch sein Vater und sogar Sn… Severus erklärt. Er
griff immer wieder mit einer Hand an seinen Unterarm, wo der neue Zauberstab
saß. Der, der angeblich mal Salazar Slytherin selbst gehört hatte. Percy trug
den, der dessen Ehemann gehört hatte. So, wie sie beide versteckt Ketten trugen,
in denen sich Schutzzauber befanden, die die der Bindungsreifen ergänzten.
Neville und Luna hatten ihm erzählt, wie sie diese Schatzkammer gefunden hatten,
der letzte Ort, an dem Dumbledore wohl seine dunklen Geheimnisse zu begraben
versucht hatte. Schätze vieler Familien, die alle auf ihrem Weg zu den letzten
lebenden Verwandten oder den Betroffenen war. Wo es Niemanden gab, hatte man
entschieden, die Dinge dem Staatsschatz zuzufügen, aus dem auch Opfer
entschädigt werden sollten. Außerdem war nicht nur Fenrir mit einigen Leuten da,
sondern er hatte andere Mitglieder seines Rudels überall in der Menschenmasse
verteilt, nur um sicher zu gehen. Es war so sicher, wie sonst auch. Nun, es war
auch nicht das, was er fürchtete, sondern es waren die vielen, namenlosen
Gesichter. Wobei das schon besser geworden war, seit seiner Begegnung mit
Dippet. Er sah zu Percy der ruhig auf einem der Stühle saß und mit Fred redete,
der noch mit dem Ergebnis einer sehr fein gewordenen Nase kämpfte, aber sehr
glücklich aussah.
So, wie auch sein Vater,
der mit Severus in seiner Nähe stand und leise redete. Er schien nicht mal
angespannt zu sein, machte von Zeit zu Zeit kleine Bewegungen mit der Hand und
der Tränkemeister knabberte an einem großen Schokotaler.
„Um Himmels Willen, Mann“,
knurrte Severus genervt. „Hör jetzt bloß nicht auf! Du wirst weiterhin so tun,
als wärest du ganz locker! Nimm ein verdammtes Stück Gebäck, beiß rein und
lächle! Er beobachtet dich!“, warnte der Tränkemeister, sah zu Percy, der sich
selbst bemühte, recht erfolgreich, ruhig zu wirken. Oh, er wusste, was sie Neveo
aus gutem Grund verschwiegen hatten. Die Gefahr, in der sie sich befanden, die
zwar guten, aber sicher nicht ausreichenden Sicherungsmaßnahmen. Es würde der
letzte Auftritt des Prinzen in der Öffentlichkeit für ein halbes Jahr sein, was
sie auch groß angekündigt hatten, da der mit seinem Gefährten auf eine
Hochzeitsreise zu gehen gedachte. Etwas, das stimmte, aber es handelte sich nur
um einen Monat, für den Neveo wie ein Irrer vorgebacken hatte. Das, was sie hier
taten, hatte verdammt viel Überredung benötigt, denn weder Tom noch Percy waren
begeistert, nur gab es keine andere Wahl mehr.
Wenn sie nicht bald Ronald
und Ginerva auslocken und schnappen würden, bestand die Gefahr, dass Dumbledore
entkommen würde und sei es nur durch Altersschwäche. Außerdem hätten sie dann
dauernd ein Damoklesschwert über sich, das nicht nur über Neveo und dessen
Vater, sondern auch über Weasley hing. Durch einen Zufall hatte er raus
gefunden, dass Charles Weasley, dieser Idiot, seinen Geschwistern
Eintrittskarten beschafft hatte. Nun, über diesen Mann würden sie auch noch
reden müssen, aber er war schon vor drei Tagen zurück ins Drachenreservat
gegangen, gut für ihn. Allerdings bedeutete das auch, dass Neveo und Percy
Lockvögel spielen mussten, der Eine bewusst, er war immerhin ausgebildeter
Krieger, der Andere unbewusst, weil er ohnehin schon Menschenmassen hasste.
Tom starrte auf seinen
Mann, riss sich dann zusammen und nahm den Cookie, der ihm entgegen gehalten
wurde, sah zu seinem Sohn, der gerade nervös auf und ab ging, sichtlich unruhig,
wie vor jedem Auftritt, vor Allem, da heut, so oder so, die Aufmerksamkeit auf
ihm liegen würde. Zwar hatte er durch einen unglaublichen Zufall einigen Schutz
mehr, aber das beruhigte ihn trotzdem nicht. Immerhin stand das Leben seines
Sohnes auf dem Spiel. „Das hier droht, eine Katastrophe zu werden“, murmelte er,
biss zwar ab, aber konnte die Köstlichkeit nicht mal genießen.
„Das wird es immer, wenn es
deinen Sohn betrifft“, konterte Severus ganz ruhig. „Was nichts daran ändert,
dass wir Alle getan haben, was nur irgendwie geht. Heut Abend ist es vielleicht
vorbei und wir haben die letzten beiden wirklichen Größen des Widerstandes in
der Hand. Aber du musst dich zusammenreißen!“
„Ich reiße mich schon
zusammen“, antwortete Tom, zog den Anderen kurz näher an sich und lauschte auf
das, was Fudge gerade alles sagte. Er begrüßte den Vertreter der Franzosen und
der Russen, erzählte auch dem Volk von den Fortschritten. „Gleich ist es
soweit.“
„Ich bin nicht taub“,
knurrte Severus, er schubste den Anderen von sich und begann, seine Kleidung
ordentlich glatt zu streichen. Roben, die teurer waren, als Alles, was er vorher
besessen hatte, aber Tom bestand ja immer auf das Zeug und für öffentliche
Auftritte mussten es nun mal auch gute Sachen sein.
Auch Percy stand nun auf,
streckte eine Hand aus und lächelte Neveo zu, der seine sofort nahm und sich an
ihn kuschelte. Er schloss seinen Kleinen in die Arme und küsste ihn kurz, froh,
bisher so ruhig geblieben zu sein, trotz dem, was er wusste, oder zumindest
ahnte, was kommen würde. Doch sein Gefährte durfte das nicht merken, er würde es
nicht packen, panisch werden und somit vielleicht die einfachste Möglichkeit,
die Sache endlich zu beenden, torpedieren. Dabei hofften Alle, dass die Wer von
Fenrirs Rudel die Beiden finden konnten, noch bevor es zum Schlimmsten kommen
würde. Darauf baute er, wenn er ehrlich war. Das beruhigte ihn weit mehr, als es
die Anwesenheit zusätzlicher Leute auf der Bühne konnte. „Bereit?“
„Geht so“, murmelte Neveo,
genoss die Wärme der Umarmung einfach nur einen Moment, bevor er von dem Älteren
weggeschoben wurde, der seine Sachen glatt strich. Er hasste diese Auftritte,
aber leider konnte er sich nicht vor Allem drücken.
„Na ja, dafür sind wir
morgen Abend um die Zeit schon in Norwegen. Und morgen Mittag verabschiedet sich
Juliana.“
„Hmhm… süße Kleine“, nickte
Neveo. Er war froh, dass sie alle dem kleinen Geist hatten helfen können, der
nun wieder ein Kind war, das lebte. Sie hatten sich zu einem Essen getroffen,
morgen würden sie die drei noch mal sehen, bevor die zurück nach Indien reisen
würden. Aber auch da würden sie sie in drei Wochen wiedersehen, auf der Reise,
die sie vorhatten.
„Muss ich mir Sorgen
machen?“, fragte Percy mit gehobener Augenbraue, auch, weil er sich selbst etwas
ablenken musste. Er küsste seinen Gefährten, nahm ihn an die Hand und trat zu
den Anderen. „Also los, Nev. Bringen wir es hinter uns.“
Neveo war wenig begeistert,
doch er folgte den Anderen auf die Bühne, raus zum hohen Staatsbesuch, nahm, wie
man es ihm beigebracht hatte, die Ehrungen entgegen, blieb höflich, verbarg
seine Angst. Er hatte Percy neben sich, der Ältere nahm ihm automatisch viel ab,
setzte sich dann mit ihm, auf eine Bank, während das Bankett begann, auch die
anwesenden Gäste begannen zu essen. Er selbst lehnte sich an Percy, sah auf den
Teller, auf dem zwar was drauf lag, aber den er nicht antastete. Er wusste,
hinter ihm standen die Zwillinge und Fenrir.
Percy dagegen war absolut
nicht so ruhig. Er redete zwar freundlich mit einigen Botschaftern, doch immer
wieder glitt sein Blick über die Bänke mit den Menschen, die aßen und redeten,
die Meisten waren sehr zufrieden mit allem, was sich verändert hatte. Er legte
seinen Arm um seinen Kleinen, doch er wusste, es war eine Frage der Zeit, sie
saßen auf einem Pulverfass. Und ausnahmsweise war er das Hauptziel.
Er wandte sich gerade zu
Fenrir um, um ihn etwas zu fragen, als er es spürte. Die Hitze in seinem
Bindungsreif. Ohne ein einziges Wort riss er Neveo mit sich, drückte den
Jüngeren dem Wer in die Arme, sprang auf seine Füße und sah mehrere Zauber auf
sich zufliegen, sowie mehrere Wer, die auf ein Ziel zustürmten. Es hatte
begonnen.
„Percy!“, rief Neveo
entsetzt, er spürte nur noch, wie sehr breite Arme ihn festhielten, sah, die der
Rotschopf, der ihn gerade regelrecht vom Tisch geworfen hatte, nun mit erhobenem
Zauberstab, losrannte, während Alles in Bewegung geriet, als sei es geplant. Die
ausländischen Gäste wurden höflich aber bestimmt weggebracht, waren selbst
vollkommen ruhig, die Leute, die noch oben waren, hatten auf ein Mal alle
Zauberstäbe draußen, auch sein Dad und Sn… Severus, die Zwillinge waren mit
Percy losgestürmt. Das… das war geplant gewesen! Die… die hatten mit einem
Angriff heut gerechnet! Die waren nicht locker gewesen, hinter der Tribüne, die
hatten… „Ihr… ihr habt es… gewusst, ihr habt… ihr habt Percy als Köder
benutzt!“, rief Neveo entsetzt.
„Dein dämlicher Gefährte
hat das eingefädelt, um deinen Hintern ein für allemal in Sicherheit zu wissen“,
knurrte Severus, der einen weiteren, lächerlichen Zauber, ohne große Mühe
abwehrte, sich fragend, wie zum Henker es noch so viele Leute geben konnte, die
trotz der Besserungen lieber Dumbledores Dummheit unterstützten! Viele taten das
ja auch nur aus Prinzip. Nun, heut würde aufgeräumt werden! Mit dem Gedanken
schickte Severus eine Reihe komplizierter Zauber in die Menge, so, dass mehrere
Leute, gefesselt und verschnürt, auf dem Boden landeten, doch dummerweise sah er
die Zwei, die er am meisten wollte, nicht in der Menge. Etwas, das ihm gar nicht
schmeckte.
Neveo konnte einfach nur
starrten. Percy hatte sich selbst zum Lockvogel gemacht?! Er sah hektisch über
die Menge, bis er die roten Schöpfe fand, die Anderen, die über Tische hetzten,
hinter einer Figur her, die weiblich aussah, mit matten, braunen Haaren.
Allerdings sah er auch, wie eine weitere Figur auf ein Mal ins Bild kam, ein
Junge scheinbar, doch kein Kind im Alter von Acht hatte so einen Zauberstab.
Einen, den er scharf sehen konnte – und den er kannte, den er mehr als ein Mal
gesehen hatte! Ohne nachzudenken, sandte er einen Impuls purer Magie ein, die
dazu führte, dass er sich losreißen konnte. Er hörte, wie der Stoff seiner Robe
riss, nahm einen kurzen, heftigen Schmerz im Rücken wahr, sah dann, zu seinem
Erstaunen, Federn. Doch er fragte nicht, er handelte. Es ging um seinen
Gefährten, der von Hinten angegriffen wurde, von der eigenen Schwester, deren
Zauberstab bereits grün leuchtete und die aussah, wie ein sechsjähriger Junge!
Hatten die denn nicht nachgedacht, nicht in Betracht gezogen, dass es möglich
war, dass die Beiden Polisaft nutzen könnten?! Er hatte keine Ahnung, wie, doch
er schaffte es, sich direkt zwischen den Zauberstab und Percy zu werfen, gerade,
als der Todesfluch sich auf den Weg machte – und ihn traf. Nun würde er
erfahren, ob die Linie Slytherin wirklich immun war. Es tat weh, höllisch weh,
so viel stand fest. Und er spürte, wie er hart landete, hörte Stimmen, dann
wurde Alles schwarz…
„Tom“, machte Severus sich
ruhig bemerkbar. Er trug noch immer Kampfhosen, hatte sich nicht mal die Mühe
gemacht, seinen Umhang auszuziehen. Es war Alles sehr schnell gegangen, nachdem
sie die beiden Ratten erwischt hatten, allerdings hatten sein Mann und der erste
General sich geweigert, auch nur den Raum zu verlassen. Den Krankenraum in ihrer
Residenz. Man konnte es Potter, nun Riddle, nun, wem auch immer, man konnte es
dem Jungen überlassen. Da war er immun gegen den Avada und schaffte es, sich
seinen Schädel zu brechen, weil er dumm auf einer Bank aufkam, aufgrund der
vorhergehenden Unterernährung noch immer brüchige Knochen hatte und nun in einem
Koma lag, bei dem noch nicht sicher war, wann und ob er aufwachen würde. Dieser
Junge zog Ärger magisch an, egal, wie gut er es meinte. Weswegen er die Idee der
Anderen für idiotisch gehalten hatte, aber he, wer hörte schon auf den dummen
Tränkemeister, der meist richtig lag?
Erschöpft sah Tom auf. Er
fühlte sich beschissen, um es nett auszudrücken. Alles, aber auch Alles, was nur
hatte schief gehen können, war schief gegangen. Dumbledores gesamte, letzten
Kräfte waren anwesend gewesen, Alle unter Polisaft, wodurch sich auch der Geruch
geändert hatte und weswegen das Rudel sie nicht hatte finden können, Ginerva
Weasley hatte das Hirn gehabt, sich in einen Sechsjährigen zu wandeln und Percy
von Hinten anzugreifen, während der und seine Brüder hinter einem dicklichen
Mann her gewesen waren, der sich als Ronald herausgestellt hatte, sein Sohn, der
das gemerkt hatte, hatte sich zwischen den tödlichen Zauber und seinen Gefährten
geworfen, doch hatte sich dann nicht abfangen können, kämpfte selbst jetzt mit
seinem Leben.
Natürlich war auch Percy
verletzt worden, wenn auch nicht so tragisch, er war immerhin schon wieder auf
den Beinen und hier, aber das hatte es erst mal schwerer gemacht, Neveo wieder
zu stabilisieren, das Chaos hatte es überhaupt erst schwer gemacht, an die
Verletzten zu kommen, über seinen General waren mehrere Leute gestiegen,
weswegen der zur ausgerenkten Schulter noch ein gebrochenes Bein gehabt hatte
und Neveo gebrochene Rippen. Nur die Zauber hatten die Beiden davor gerettet, zu
Tode getrampelt zu werden.
Schon wieder hatte es
seinen Sohn getroffen, schon wieder stand er einfach nur machtlos daneben. Er
hatte alles was den Angriff betraf, einfach nur wortlos Sev überlassen, nicht
bereit, seinen Kleinen auch nur eine Sekunde allein zu lassen, vor Allem, da
Percy selbst noch angegriffen war, auch jetzt im Stuhl eingeschlafen war. Er
dagegen hatte in den letzten drei Tagen nicht ein Mal die Augen zugemacht. Er
hatte es nicht gekonnt. Erst, weil Neveos Leben am seidenen Faden gebaumelt
hatte, dann, weil er Angst gehabt hatte, nicht da zu sein, wenn sein Kleiner
aufwachte.
„Tom“, wiederholte Severus
ruhig, nahm das Kinn des Anderen, an dem er Haare spürte, weil der Andere sich
weder rasiert noch gewaschen hatte.
„Was?“, fragte Tom
schließlich, Severus an sich zeihend. Er war so froh, dass der Jüngere wortlos
Alles übernommen hatte und am Laufen hielt.
„Du stinkst“, gab Severus
zu allererst zurück, doch er ließ sich umarmen. Es war ja wirklich selten, doch
im Moment schien Tom etwas zu brauchen, an dem er sich festhalten konnte.
Merlin, er konnte es verstehen! „Wir haben ihn“, sprach er schließlich. Er hatte
Tom nicht auf dem Laufenden gehalten, aus einem einfachen Grund. Wäre der Andere
mitgegangen, weder Molly noch Dumbledore wären lebend in den Kerkern angekommen
und die Weasleyblagen auch nicht, wenn er es genau nahm, bedachte man, dass die
Jüngste Schuld am gebrochenen Schädel von Dornröschen war. Er verdrehte auch nur
die Augen, als ihm fast die Luft abgedrückt wurde.
„Du hast nicht gesagt, dass
ihr wisst, wo er ist!“
„Ich wollte ihn lebend
hierher bringen“, gab Severus ruhig zurück. „Du hättest ihn umgebracht, aber
weißt du, es gibt Leute, die müssen die Wahrheit erst aus seinem Mund hören, um
sie zu glauben und da draußen sind noch eine Menge anderer Leute, die ein Recht
auf Rache haben. Sorry, ich kenn dich nicht als den Beherrschtesten, wenn es um
so was wie Rache geht.“
Tom sagte nichts, er ließ
seinen Kopf gegen die Schulter des Jüngeren sacken. „Neveo rührt und regt sich
nicht“, flüsterte er. Im Moment war ihm sogar die Rache nicht ganz so wichtig.
Er wollte nur seinen Sohn wiederhaben! Der Junge sollte eigentlich gerade von
irgendeinem verdammten Fjord aus die Wellen beobachten!
„Der Bengel ist unmöglich,
er wird auch das überstehen, Tom. Und dann wacht er auf und neben ihm stinkt es
im Doppelpack. Du musst mal schlafen! Komm mit mir mit, wenn Weasley da“, er
deutete zu Percy. „Wieder wach ist. Der Bengel wird dir schon sagen, wenn dein
Söhnchen auch nur einen Finger bewegt. In dem Zustand hilfst du Niemandem und
ich will ja nichts sagen, aber du bist kein dunkler, böser Lord mehr, sondern
ein König. Morgen will der Rat den Alten und seine letzte Schlampe öffentlich
befragen. Man erwartet deine Anwesenheit und ich hab schon mit dem Vorsitzenden
geredet, sie werden Fragen zu deinem Kind vollkommen raus lassen, aber du
solltest verdammt noch mal, da sein!“
Tom schüttelte den Kopf.
„Ich gehe nicht weg, bevor Neveo nicht über den Berg ist“, gab er ruhig zurück.
„Solange werde ich diesen Raum hier nicht verlassen.“ Er sah zu seinem Sohn, der
schneeweiß auf dem Bett lag. „Ich… kann nicht! Bitte.. du musst…“
„Ja, ich muss“, knurrte
Severus. „Hätte ich gewusst, dass ich einen öffentlichen Job bekomme, hätte ich
mir das mit dem Heiraten noch mal überlegt“, grummelte er weiter. „Das ändert
aber nichts daran, dass du, verdammt noch mal, duschen und schlafen solltest!
Ich muss auch in die Dusche nach dem Einsatz, da ich auch drei Nächte lang nicht
geschlafen hab, wäre etwas Schlaf mit dir auch nicht schlecht. Der da drüben
hält in der Zeit Wache. Ich bestehe darauf!“
„Sev…“
„Ich will nicht ein Wort
hören“, baffte Severus ungnädig. „He! Weasley! Aufstehen! Oder der da auf dem
Bett wird ne Trankzutat!“ Und es klappte einwandfrei. Sobald er Neveo bedrohte,
sprang der Mann, der selbst bis dahin geschlafen hatte, auf, den verletzten Arm
hinter sich, im Heilen den Zauberstab. „Guten Abend“, sprach er dann, deutete
auf Tom. „Der da braucht ein Bad und etwas Schlaf, du wirst auf Dornröschen
achten und bescheid geben, sobald er auch nur mit einem Finger zuckt. Viel Spaß
noch.“ Damit zerrte er seinen Mann einfach aus dem Raum, die Treppe runter und
den Gang entlang, bis sie im Bad standen. „Und jetzt geh aus den versifften
Klamotten!“
Tom, verdattert über diesen
Ton, tat, was ihm gesagt wurde, zog sich aus, rasierte sich und setzte sich in
die volllaufende Wanne. Ja, es tat gut, im warmen Wasser zu liegen, das gab er
zu, doch glücklich machte es ihn nicht wirklich. „Wo und wie habt ihr ihn
gefunden?“, fragte er schließlich, er mochte ja bei der Befragung nicht
auftauchen, aber er sollte wissen, worum es ging. Zumindest das.
„Nun“, setzte Severus an,
stieg in die Wanne und lehnte sich, selbst erschöpft, gegen seinen Ehemann. „Wir
haben gewartet, während du deinen Sohn vor den Massen bewahren musstest und mit
ihm bei Zaibini warst, bis der Polisaft seine Wirkung verloren hat. Dann haben
wir uns die Weasleys, Prewitts, Dumbledores, wie immer du sie nennen willst,,
genommen, ich hab Veritas in sie rein getrichtert, da wir vermutlich nicht viel
Zeit haben würden, bis der Irre erfahren würde, dass das Alles nicht so gelaufen
ist, wie er es wollte und haben die Adresse raus gefunden. Greyback,d er deinen
Sohn so sehr mag, wie man ein liebes Haustier mag, war angepisst, weil der Junge
verletzt worden ist, er hat sein gesamtes Rudel zusammengezogen, um das Areal
abzusichern, einige Leute bei den Auroren haben sichergestellt, dass weder
Apparation noch Portschlüssel egal welchen Levels funktionieren würden, dann bin
ich mit Lucius, der übrigens auch nicht gut auf das Geschehen zu sprechen war,
und einigen Anderen zu der Hütte. Es stellte sich raus, dass es die war, in der
der Alte geboren wurde. Seine Familie war eigentlich arm. Noch so was, was er
hat verschwinden und vergessen lassen. Nun, sie konnten nicht raus, sie wollten
kämpfen, diese Idioten, Dumbledore dachte, er sei der neue Merlin und
übermächtig, aber nachdem Apparation nicht geklappt hat, war er schon angepisst.
Er fing an, mit Todesflüchen um sich zu schleudern, aber was soll ich sagen? Wir
waren schneller und besser. Molly wollte ihm dann die Zeit geben, abzuhauen,
aber wie haben erst sie festgenagelt und Greybacks Leute den Alten. Stellt sich
raus, ein altes Karnickel ist einfach nicht mehr so schnell, wie ein Junges. Der
Beste hat den Irren mit seinem Bart gefesselt. War ein lustiger Anblick.“
„Das… war doch höchstens
die Hälfte von dem, was passiert ist!“
„Glaubst du wirklich, dass
ich dir Wort für Wort jede Beleidigung aufzähle, die uns, erst von den kleinen
Ratten, dann von dem Schwein, entgegen geworfen wurde? Oder die Nettigkeiten,
mit denen er Neveo beschrieben hat? Danke vielmals, ich hänge an meiner
Gesundheit und daran, dass der Prozess auch stattfinden wird. Also sage ich dir
gar nichts. Oh doch, eins noch. Dumbledore ist auf dem Weg in seine Zelle
dummerweise gegen die Wand gerannt, von selbst. Ein paar Mal. Heftig.“ Mit einem
Grinsen lehnte er sich zurück, genoss das warme Wasser. Oh, auch er machte sich
Sorgen, aber er kannte den Jungen gut genug, um zu wissen, dass der nicht
sterben würde, nicht, wo er so viel Grund hatte, zu leben. Gut, er würde die
Öffentlichkeit meiden, wie eine ansteckende, schmerzhafte Geschlechtskrankheit,
aber ansonsten würde er wieder ganz der Alte sein.
Tom seufzte leise, schloss
den Jüngeren wieder in die Arme. Er wünschte sich in dem Moment, den Glauben des
Anderen zu haben. Aber er hatte schon mal sein Kind zu Grabe getragen, er konnte
nicht so positiv denken. Er würde bei Sev bleiben, bis der schlief und dann
wieder zurück zu seinem Sohn schleichen. Mit einer Hand griff Tom nach einem der
Schwämme, begann, den Anderen zu waschen, auch, um sich selbst abzulenken. Er
hasste es wirklich, wenn etwas so aus dem Ruder lief, wie es vor drei Tagen
geschehen war.
„Tom, hör endlich auf! Du
bist kein Übermensch! Du konntest das nicht vorhersagen.“ Na gut, es wäre
einfach gewesen, zu wissen, dass Neveo was Dummes tun würde, aber darauf wollte
er gerade nicht rumreiten. Das konnte er tun, wenn der Junge wieder auf zwei
Füßen in Chaos stolperte. Severus wusch den Anderen ebenfalls, stieg dann auf
und streckte sich stöhnend. Oh, er war müde, doch er musste auch sicher gehen,
dass Tom zuerst schlief, sonst würde der Irre nur wieder zurück schleichen,
einen weiteren Aufputschtrank einwerfen und da oben hocken. Und das würde unter
seiner Aufsicht nicht passieren!
„Nur weil ihr geschlampt
habt!“, brüllte Albus wütend, er rüttelte an der Zelle, so gut es eben ging, mit
den Händen, die man ihm allen Ernstes mit seinem eigenen Bart zusammengebunden
hatte. Schmerzhafterweise. Er hatte mindestens ein zugeschwollenes Auge, eines,
das auf dem Weg dahin war und außerdem eine gespaltene Lippe. Alles. All seine
Pläne waren torpediert worden, nur, weil er sich ein einziges Mal nicht auf sich
selbst verlassen hatte. All seine Pläne, der Luxus, indem er hatte schwelgen
wollen, die jungen Frauen statt der inzwischen auseinander gegangenen, mehligen
Molly, die Macht. Weg. Endgültig. Für immer.
„Geschlampt?!“, brüllte
Ginny wütend. „Ich hab getan, was ich konnte und Ron auch! Wir waren zu wenige!
Wir sind deine Kinder und du hast uns da rein geworfen! Du wusstest, dass wir
keine Chance haben! Du hättest nur eher zu uns stehen müssen, eher was machen
müssen! Du bist der größte Looser!“
„Wie kannst du nur deinen
Vater…?!“
„Und du“, zischte Ginny
aufgebracht. „Du bist zu dumm um zu sehen, dass der da schon eine Andere gesucht
hat! Er erzählt Ron immer von einem Harem, dass der hätte bekommen sollen! Und?
Das wollte der da doch auch! Du warst ihm nicht genug! Du hast zu viele Kinder
geworfen, Mutter, du siehst scheiße aus, bist fett und alt! Er steht auf Kinder!
Auf fünfzehnjährige Mädchen, die ihm ergeben sind! Das hat er sich erhofft! Und
Macht! Neue Jugend! Sicher nicht dich! Und wir… wir wären nur Staffage gewesen!
Oder, Alter? Da war ja der Looser von Arthur besser!“ Oh, Ginny war sauer,
unendlich. Denn auch sie hasste es, wenn etwas nicht nach ihrem Kopf ging! Sie
wusste, sie würde den Rest ihres Lebens hinter Gittern verbringen, doch sie
würde Alle mit sich nehmen, die sie nur irgendwie mitzerren konnte und der da,
der sie so hatte hängen lassen, das war der Erste. Der Kerl, der nie offen zu
ihnen gestanden hatte.
Molly starrte nur auf den
Mann, den sie einst so bewundert hatte und der gerade einfach nur lächerlich
aussah, der sich auch in den letzten Wochen vollkommen irre benommen hatte und
sie wusste, ihre Tochter hatte Recht. Sicher, Albus hatte mit ihr geschlafen,
doch nicht wie früher, nur im Dunkeln, ohne wirkliche Liebe, ohne Alles, rein,
raus, fertig. Da war nichts mehr von dem alten Feuer gewesen, sei hatte nur als
Ventil gedient. Für sie war es ebenso vorbei, wie für alle Anderen. Sie hatte
ihr Leben umsonst gelebt.
Und Ron… Ron hatte seit sie
hier waren, nicht ein einziges Wort gesagt, saß einfach nur in seiner Zelle und
starrte vor sich hin. Er war weggetreten, als habe man ihm die Seele bereits
ausgesaugt. Alles war zerbrochen. Nur, weil ihre Seite die gewesen war, die
verloren hatte und sie hatte es nicht rechtzeitig gemerkt. Statt wie Charlie
rechtzeitig das Land zu verlassen, war sie geblieben, damit hatte sie auch ihr
Urteil unterschrieben, eines, das sie nie hatte haben wollen.
Sie hatte einen Mann
geheiratet, den sie immer nur verachtet hatte, sie hatte Kinder geboren, die sie
nicht gewollt hatte, sie hatte Alles getan, was Albus je gewollt hatte, nur um
ihn zu behalten, doch es hatte ihr nichts genützt. Und ihre Tochter… Ginny war
so sehr wie Albus, dass es unheimlich war. Sie wäre eine großartige Königin
gewesen, eine Prinzessin, ein intelligentes Mädchen, doch nun saß sie hier und
ihr Leben war vorbei, bevor es begonnen hatte. Die Kinder, die ihr wirklich was
bedeuteten, würden nie ein Leben haben.
Albus starrte auf seine
Tochter, die er in dem Moment nur noch hasste, denn er erkannte sich selbst in
ihr. Er wandte sich demonstrativ um, so, dass er nur noch die Wand sehen musste.
Er ertrug nicht, was aus ihm selbst geworden war. Oder aus seinem genialen Plan,
an dem er so lang gearbeitet hatte, gescheitert, weil ein verdammtes Gör nicht
getan hatte, was er vorausgesehen hatte, trotz all der Erfahrung, die er in den
Jahren mit den Rotzgören gesammelt hatte. Es war ein einziger Alptraum. Warum
nur war es so schief gelaufen? Warum hatte der verdammte Bengel nicht
durchgehalten, war zu seinen Verwandten gegangen, um vollständig gebrochen zu
werden? Dann wäre er es jetzt, der auf einem Thron sitzen würde und alles wäre
gut! Er hätte Molly irgendwo entschädigt, mit einem netten Haus, dem Versprechen
von Zeit zu Zeit vorbei zu kommen und etwas Geld, Ginny hätte dazu genutzt,
politische Allianzen zu machen und Ron ebenfalls. Aber nein, wegen dem
verfluchten Bengel, der genauso dumm war, wie sein Vater, saß er nun hier…!
Percy wusste nicht, wie
spät es war. Sehr spät, sehr früh, er war sich nicht sicher, wischte erneut über
seine Augen, sah zu Neveo, der reglos dalag, wie die gesamten, letzten Tage. Es
war so klar gewesen, dass ihr Plan nicht so arbeiten würde, wie sie es sich
eigentlich ausgemalt hatten…
Es war zu einer Katastrophe
geworden und Ron und Ginny hatten leider gezeigt, dass sei nicht nur machtgeil,
sondern auch bis zu einem gewissen Grad durchaus intelligent waren. Seine eigene
Halbschwester hätte ihn fast umgebracht. Neveo hatte gewusst, dass der Fluch ihm
Schmerzen bereiten, ihn aber nicht töten würde, sich dazwischen geworfen, nur,
um eine Kopfverletzung und Brüche davon zu tragen, wegen der panisch werdenden
Masse. Neveo würde nie wieder irgendwo hin gehen, wo mehr als drei Leute
standen, doch selbst das wäre Percy Recht, wenn der Kleine wieder aufwachen
würde! Das hier, das war ein Alptraum und ja, er gab sich die Schuld, denn er
hatte sich mit dem, was Tom ausgekocht hatte, einverstanden erklärt. Gedacht, es
würde einfach werden, weil es ja nur zwei Teenies waren. Nie hätte er gedacht,
dass da noch so viele Anhänger waren, die sich zu so was hinreißen ließen.
Kurz stand Percy auf,
streckte sich selbst. Ihm tat gerade Alles weh, denn auch er hatte seinen Teil
abbekommen, als er versucht hatte, mit seinem Körper Neveo zu schützen, während
dessen Vater sich einen Weg freigeschossen hatte. Es waren aber nur Schmerzen,
die eigentlichen Wunden waren weg. Er blickte aus dem Fenster, sah dann auf die
alte Standuhr, die ihm nun anvertraute, dass es fünf Uhr morgens war und der
Lord war bis jetzt nicht wieder zurück, wie auch immer Snape das geschafft
hatte. Wobei – Percy war durchaus dankbar, denn die letzte Zeit hatten sie nur
damit zugebracht, sich gegenseitig in Grund und Boden zu starrten und er hatte
so fas Gefühl, er hätte geblutet, hätte der Andere damit nicht auch Neveo
verletzt.
Er seufzte leise, setzte
sich, allerdings jetzt nicht auf den Stuhl, sondern auf die Matratze, näher zu
Neveo, um seinen Kleinen zu sich zu ziehen. „Ich wünschte, du wärest wach“,
flüsterte er, strich über die noch immer zu warme Stirn. Er fühlte sich
schrecklich. Was war ihr dummer Sieg denn wert, wenn Neveo da lag, wie Gemüse
und Gregory hatte ihnen gesagt, dass es durchaus sein konnte, dass es immer so
bleiben würde. Percy merkte gar nicht, wie er selbst zu weinen begann…
Autsch. Das war das Erste,
was Neveo wahrnehmen konnte. Hämmerndes, höllisches Kopfweh, dazu ein vertrautes
Stechen im Brustkorb. Gebrochene Rippen. Besser gesagt, frisch geheilte, aber
noch nicht wieder schmerzfreie Rippen. Also hatte er überlebt. Oh, er wusste
dieses Mal genau, was geschehen war. Die Menschen, die Zauber, die Angst um
Percy. Und der Schmerz, erst da, wo der Zauber ihn getroffen hatte, dann am
Kopf. Nun, eines wusste er – er würde nicht wieder irgendwo hin gehen, wo so
viele Menschen waren! Das war ein Alptraum gewesen! Nie, nie wieder! Selbst
jetzt noch bekam er beim puren Gedanken daran einfach nur höllische Panik! Aber
er war nicht mehr draußen, er hörte keine Stimmen, keine Schreie, eigentlich gar
nichts. Allerdings… was war das? Was Nasses, das auf seine Wange tropfte.
Aber draußen war er nicht,
er spürte doch Laken unter sich! Und… und Percy! Das… das… weinte sein Gefährte
etwa?! Mühsam riss Neveo seine Augen auf, kämpfte gegen die vertraut
verschwommene Sicht, denn im Moment waren seine Arme oder auch nur die Finger
wenig kooperativ. Schließlich kam seine Umgebung in den Fokus. Es war dunkel,
Nacht. Und ja, er lag irgendwie auf Percys Schoß, allerdings sehr unbequem und
ja, der Andere weinte. Mit geschlossenen Augen. Was war denn geschehen? War etwa
was mit seinem Dad!? Er versuchte, was zu sagen, doch er bekam kein Wort heraus.
Wütend auf sich selbst versuchte er noch mal, seine Hände zu bewegen, bis
schließlich ein Arm sich als kooperativ zeigte. Genug, um ihn etwas anzuheben.
Es schien auf jeden Fall zu reichen, um die gewünschte Aufmerksamkeit zu
bekommen.
Es war ihm noch nie
passiert, aber jetzt wusste Percy, wie es war, vollkommen verzweifelt zu sein.
Er hielt seinen kleinen, reglosen Gefährten, wollte nur auf irgendwas
einschlagen. So hilflos! Er war noch nie so hilflos gewesen! Ja, er verstand
seinen Lord nun um Einiges besser, er hätte auch, nach dem Tod von Frau und
Kind, einen Amoklauf gestartet. Und das Leben seines Kleinen hing an einem
verdammten, seidenen Faden, denn in dem Zustand war nicht abzusehen, wie sehr
das Gehirn geschädigt war! Er ließ zu, das die Tränen schließlich seine Wangen
herab rannen, hielt sie nicht auf, merkte auch nicht, wie sie Neveo trafen. Bis
er etwas spürte. Was genau wusste er nicht, aber da war was! Erschrocken blickte
er auf – und sah es. Im ersten Moment glaubte er, dass das nur ein Wunschtraum
war, doch dann bewegte sich auch der Arm wieder und die Augen leuchteten ihm
immer noch blau und fragend in der Dunkelheit entgegen. „Neveo“, flüsterte er
mit rauer Stimme. „Neveo, bist… du wach?“, fragte er, spürte, wie sein eigener
Herzschlag rapide anstieg.
Ein weiteres Mal versuchte
Neveo zu sprechen, doch es war sinnlos. Alles tat ihm zu weh. Er verschränkte
sich auf eine unkoordinierte Bewegung und ein Blinzeln, doch das schien schon zu
reichen. Er spürte, wie der Andere ihn packte, drückte, hielt. Okay, er war wohl
etwas länger bewusstlos gewesen. Er bewegte den Arm erneut, wimmerte etwas, der
einzige Ton, den er produzieren konnte. Was war mit Dad? War der in Ordnung? Und
Snape? Warum weinte Percy?!
„Oh Merlin“, brachte Percy
heraus, bewegte seinen Zauberstab fast nebenher. „Du… du bist wach! Du… du hast
Schmerzen“, kam es dem Rotschopf, als er hörte, wie der Jüngere wimmerte. Es
klang schrecklich und er verzog die ganze Zeit das Gesicht! Hastig legte er
seinen Kleinen flach auf die Matratze, strich über dessen Stirn. „Ich… ich…!“
„Was bitte ist denn los?“,
murmelte Greg, vollkommen erschlagen, während er wie nebenher, Lichter
erscheinen ließ, sah auf das Bett. Erst jetzt wurde ihm klar, wo er war, hastig
trat er näher – und war überrascht. Auch, wenn er es nicht wirklich gesagt
hatte, er hatte den Sohn seines Lords abgeschrieben, die Verletzungen im
Hirnbereich waren heftig gewesen. Doch nun sahen ihn blaue Augen an, ein Arm
zuckte immer wieder. „Er… ist wach?!“
„Und er hat Schmerzen!“
Hastig rannte Greg nach
nebenan, klapperte durch seine Vorräte, kam dann mit einigen Tränken zurück, die
er schließlich in den Magen des Jungen zauberte, darunter natürlich ein
Schmerztrank. „Junge, kannst du mich verstehen?“
Neveo war unendlich
erleichtert, als sein Körper taub war. Als er seinen Arm dieses Mal bewegte, tat
es nicht mehr so weh. Erneut versuchte er zu sprechen. „Durst“, nuschelte er,
sah dann zu Percy. „Dad, gesund?“
Sofort griff Percy nach dem
Pitcher mit dem Wasser, goss etwas in sein Glas, richtete Neveo auf und gab ihm
zu trinken. „Er kommt gleich, denke ich“, lächelte er einfach. „Er ist gesund,
kein Grund zur Sorge.“
„Warum..?“, fragte Neveo,
ho seine Hand, strich über die Wange des Anderen. „Tränen…?“
„Oh, Neveo“, flüsterte
Percy, drückte den Kleinen an sich. „Ich… dachte, ich hätte dich verloren“,
erklärte er, lächelte erleichtert, während die Tür schon wieder aus den Angeln
flog. Dieses Mal rannte Tom rein, den Morgenmantel offen, nur bekleidet mit
einer Boxer, gefolgt von Snape, der selbst erschöpft wirkte, aber da war.
„Was?!“, verlangte Tom zu
wissen. „Was ist passiert? Hat sein Zustand..?!“, er starrte auf das Bett und
hätte vor Erleichterung am liebsten geheult. Denn da, in den Armen seines roten
Generals, lag sein Sohn, doch er hatte seine Augen offen! „Neveo“, flüsterte er,
während er spürte, wie seine Augen tatsächlich feucht wurden. „Du… du bist
wach!“, er gab es zu, auch er war vom Schlimmsten ausgegangen.
Verwirrt sah Neveo auf den
Auflauf, der hier herrschte. Was war denn hier los? Er verstand das nicht! Warum
waren die alle am Heulen, kurz davor und vollkommen aufgeregt? Er fühlte sich so
müde… er lächelte seinem Vater trotzdem zu, kuschelte sich aber weiter in die
Umarmung seines Gefährten. „Müde“, erklärte er, merkte, wie eine Decke höher
gezogen wurde.
„Dann schlaf“, bat Percy
leise, deckte seinen Kleinen zu und sah zu Tom, dann zu Zaibini, der gerade
Tests gemacht hatte. „Nun?“, fragte er.
„Der Junge ist über den
Berg“, erklärte Greg, wirklich überrascht, dass der Junge das überstanden hatte.
„Nach Schäden kann ich in ein paar Stunden forschen, aber erst mal soll er
schlafen. Er ist auf jeden Fall wach. Einige Wochen und er ist auch wieder ganz
fit.“
„Er ist aufgewacht, das
entbindet mich von der alleinigen Repräsentationspflicht“, knurrte Severus
sofort. „Du wirst sofort ins Bett gehen, noch zwei Stunden schlafen und morgen
selbst auftauchen! Ist das klar?!“
Mit den Worten zerrte der
Tränkemeister den Anderen aus dem Raum, erleichtert, froh und einfach nur
hundemüde. Mal sehen, was als nächstes kommen würde.
Percy sah den Beiden
hinterher, dann zu Neveo, der wieder tief zu schlafen schien. Vorsichtig legte
er seinen Mann auf die Kissen, sah zu Greg. „Gehen Sie von bleibenden Schäden
aus?“
„Ist schwer zu sagen“,
antwortete der Heiler, er rieb sich seine Augen, lächelte etwas. „Aber er kann
klar denken, er konnte wohl auch sehen. Natürlich hatte er Schmerzen, aber das
wird wieder. Gegen Schmerzen kann man was tun. Holen Sie mich, wenn er wieder
aufwacht und nur so ein Tipp am Rande – Sie sollten auch schlafen und auch das
Bett in diesem Krankenzimmer ist breit genug für zwei Leute.“
Das ließ Percy sich nicht
zwei Mal sagen, er legte sich zu dem Anderen, schickte aber noch zwei weitere
Patroni los, die er vermutlich in ein paar Stunden bereuen würde, aber auch
seine Brüder hatten gebangt und verdienten eine Entwarnung. Danach allerdings
sackte auch er nur noch in die Kissen zurück, schloss seine Augen…
Severus war einfach nur
erleichtert. Er hatte immer gewusst, der Krieg war nur die halbe Miete. Doch nun
waren sei an einem Durchbruch angekommen. Dabei, endlich wirklich etwas zu
erreichen. Nun, wo die Letzten des alten Regimes gefangen waren, konnten sie
wirklich beginnen, eine neue Zukunft zu gestalten und auch, wenn es schwer
gewesen war, Tom bei den Erzählungen des Alten, vor Allem über den Überfall auf
dessen Familie, still zu halten, der Andere hatte sich darauf eingelassen,
immerhin war er nicht derjenige, der die Strafen bestimmte, das war nun das
Wizgamont.
Aber das spielte keine
Rolle. Auch die waren nicht begeistert, was nun alles aus dem Mund des Mannes
kam, der sie einst vertreten hatte. Da war kein Wort mehr von Rücksicht und
Liebe, er brabbelte von Macht, Einfluss, Geld und ewiger Jugend, er hatte es von
Anfang an auf die Krone abgesehen, die ihm nie zugestanden war.
Minerva hätte ihm Schätze
bringen sollen, er gab zu, das Kind verführt zu haben, so, wie viele Andere vor
ihr, um an Dinge zu kommen, die ihm nicht gehörten, er gab auch zu, sie am
liebsten umgebracht zu haben, als die sich ihm verweigerte, doch das wäre zu
auffällig gewesen. Er hatte sie aber nie aus seinem Blickfeld gelassen, nur um
sicher zu gehen. Dann Molly, die ihm die Schätze der Prewitts zugänglich gemacht
hatte, auch die Lotusbrosche des kleinen, letzten Kindergeistes vom dritten
Stock kam zur Sprache. Der Alte hatte sich schon gedacht, dass diese Brosche
mächtig war und ja, er hatte das Kind bewusst als Opfer ausgewählt, als die
seinen kleinen Hort entdeckt habe. Er möge nun mal keine Kinder, sie seien zu
laut, dreckig und einfach nur im Weg. Auch seine eigenen Sprösslinge hätten nur
seiner Macht gedient.
All das hatte viele
Zweifler wohl endgültig aufgeschreckt. Sie hatten sich entschieden. Für das
Neue, auch, wenn sie das eben noch nicht kannten. Doch sie konnten nun, auf
einer ordentlichen Basis, einen Staat aufbauen, der funktionierte. Und das würde
Tom tun, das war sein Traum gewesen, den er ja auch immer noch, vielleicht mehr
als vorher, hatte.
Neveo hatte seinen letzten
Stunt überlebt. Er war noch schwach und konnte nicht aus dem Bett, aber er war
ansprechbar, wenn er nicht gerade schlief und auf dem Wege der Besserung. Tom
konnte seinem Kind eine neue Welt schaffen. Wer sonst konnte so etwas über sich
selbst sagen? Gut, der Bengel weigerte sich, unter Menschen zu gehen, aber das
war, selbst in seinen Augen, in dem Fall zu verstehen. Und es konnte sich auch
wieder geben, in ein paar Jahren. Bis dahin konnte Neveo tun, was auch immer ihm
gerade durch den Kopf ging, im Moment war es vor Allem wieder backen, kaum, dass
er stand.
Und er selbst? Er war
irgendwie, ohne zu wissen, worauf er sich einließ, Lordconsort geworden, mit
erschreckend großen Befugnissen. Er, über den so viele gelacht hatten, der so
oft Zielscheibe von Spott geworden war, war der zweitmächtigste Mann im Staat.
Er war nicht das dreckige Geheimnis geblieben, wie er gefürchtet hatte, sondern
stand bei allen Anlässen neben seinem Mann, unterstützte ihn und tat, was er
konnte, hatte auch seinen eigenen Wirkungsbereich. Forschung und
Weiterentwicklung von Tränken, Förderung der wirklich Begabten.
Lucius war weiterhin sein
bester Freund und einer aus dem inneren Zirkel, der Blonde managte, zusammen mit
Cornelius, das Ministerium da, wo Tom gerade nicht sein konnte. Draco… nun, das
Praktikum, das er mal hatte tun müssen, hatte ihn am Ende in die Richtung
gestoßen, in die er gehen wollte. Der junge Mann wollte Geistheiler werden,
nachdem er begonnen hatte zu begreifen, was er dem Jungen angetan hatte, der ihm
das Leben gerettet hatte. Sein Patenkind war erstaunlich schnell erwachsen
geworden, bereit, wirklich etwas beizutragen.
Percy… nun, Percy war so
was wie der dritte Mann, der Nachfolger für Tom und ihn, der Ehemann des
Prinzen, ein eigentlich vernünftiger Politiker, der es noch weit bringen würde
und der weiterhin seine Finger in Allem zu haben schien. Allerdings würde er in
einigen Wochen die verpasste Hochzeitsreise nachholen, incognito verstand sich,
um Menschenmengen und damit einher gehende Panikattacken zu vermeiden. Aber auch
um sich selbst etwas zu erholen. Den Besten hatte es ja auch erwischt und
außerdem musste er damit fertig werden, dass seine Halbgeschwister ihr
restliches Leben hinter Gittern oder in Strafkolonien verbringen würden und dass
sein älterer Bruder, Charles, aufgrund seiner Einstellung, englischen Boden nie
wieder betreten würde. Dazu das unabwendbare Urteil zum Dementorenkuss für seine
Mutter, die auch getötet hatte. Percy ließ es sich, wie immer, nicht anmerken,
aber so was nahm man nicht einfach hin. Es nahm einen mit, ob man nun wollte,
oder nicht, auch, wenn das Urteil noch verhältnismäßig milde war, bedachte man
das Schicksal, das dem Alten bevorstand. So etwas war einfach schwer.
Er sah wieder auf, direkt
zu Tom, der neben ihm auf dem Sofa saß, vor ihnen stand ein Teeset aus feinstem
Porzellan, ein neues Geschenk aus China, dazu Gebäck von Neveo. Es war ein so
ruhiger, so schöner Nachmittag. Er lächelte den Älteren an, der diese Geste
erwiderte und ihn schließlich küsste. Ja, die Zukunft zu erobern würde schwer
werden, mit Stress und Chaos verbunden, doch es würde eben auch diese Momente
geben, die Ruhe, hier zu sitzen, mit dem Mann, für den er so viel aufgegeben und
dafür noch mehr zurückbekommen hatte. Die Zukunft mochte voller Stress sein,
aber sie war, vor zehn Jahren noch undenkbar, auch voller Hoffnung und
Zuversicht. Es versprach ein ruhiger Abend mit einem gemeinsamen Essen und
netten Gesprächen zu werden. Ein guter Abend für einen Tag…
„Bitte“, bettelte Neveo,
sah seinen Gefährten groß an. Er mochte nicht mehr nur im Haus sein! Er wollte
raus, mit dem Anderen laufen! Es war Frühling! Überall roch es interessant und
er wollte mit Percy spielen! Er war wieder gesund, das hatte auch Greg ihm
bestätigt! „Ich will mit dir rennen, bitte?“
Percy wusste, er war
verloren. Neveo war erst seit zwei Wochen wieder wach und seit etwa einer Woche
überhaupt in der Lage, sich auf seinen eigenen Beinen zu halten. Doch zumindest
hatte sich dieses Mal sein magischer Haushalt nicht entleert, es war nur sein
Körper, den er mit seinem Stunt fast ruiniert hatte. Seitdem hatte er den
Kleinen nicht eine Sekunde lang aus den Augen gelassen, immer voller Angst, ihn
dann nicht mehr zu sehen. Zu Beginn war es auch einfach gewesen. Neveo war nicht
viel wach gewesen und hatte immer kuscheln wollen, dann, irgendwann, hatte ihn
nichts mehr im Bett halten können und er hatte backen wollen, seine Brüder,
Neville und Luna waren zu Besuch gewesen. Und jetzt… wollte der Kleine wieder
als Leopard durch den Garten toben. Er wollte morphen, Magie nutzen. Und er
würde wieder nachgeben. Greg hatte ja gesagt, der Jüngere war wieder auf der
Höhe und er sollte es einfach nur nicht übertreiben. „Ich…“
„Bitte, bitte, bitte,
bitte!“, bettelte Neveo, sah den Anderen mit großen Augen an. „Ein bisschen? Es
geht mir gut und dir auch, ich will wieder rennen! Da draußen riecht es so gut!“
Er klimperte mit seinen Augen. „Nur ein Bisschen?“
„Na gut“, murmelte Percy,
nahm den Jüngeren an die Hand, ging mit ihm in den Garten, wo er sich elegant
selbst wandelte, und mit seinem kleinen Gefährten etwas lief, spielte, den
Nachmittag genoss. Er war einfach nur so froh, dass Neveo wieder so quirlig war,
sich bewegen wollte. Denn jede Nacht hatte er Alpträume, von seinem reglosen
Gefährten, der nur noch vor sich hin vegetierte. Wenn er dann aufwachte,
verbrachte er eine kleine Ewigkeit damit, einfach nur seinen Kleinen zu
beobachten, der an ihn gekuschelt schlief, sich von Zeit zu Zeit bewegte und
kleine Geräusche von sich gab, um sich selbst zu beruhigen.
Oh, er wusste von den
Urteilen über seine Familie, es fiel ihm schwer, auch nur daran zu denken, doch
es war von Anfang an klar gewesen und ganz ehrlich, er hasste Molly für das, was
sie Neveo angetan hatte. Aber ihm taten Ron und Ginny einfach Leid, sie hatten
nie eine Chance gehabt, waren so stark beeinflusst, dass man sie kaum noch würde
retten können, sie waren und würden immer eine Gefahr für eine friedliche
Gesellschaft sein, sie mussten weggeschlossen bleiben.
Allerdings hatte er mit
Genugtuung die Erinnerungen seines Lords durchgesehen, am Tag der Hinrichtung.
Mitgehen war außer Frage gestanden, Neveo war zu schwach gewesen, um ihn allein
zu lassen und das hätte er auch nicht gewollt, dass Neveo mitging um so etwas zu
sehen. Denn auch, wenn er schrecklich gelitten hatte, Neveo wollte keine Rache,
einfach nur seine Ruhe und die dauernde Bestätigung, dass sie zusammen in eine
bessere Zukunft gehen würden.
Neveo genoss das Laufen und Toben, wurde
aber auch schnell müde, morphte zurück und kuschelte sich an den Älteren, der
Dasselbe tat. Er freute sich so sehr, dass sie in zwei Wochen endlich fahren
würden. Dann konnte er die Welt sehen mit seinem Gefährten. Percy erzählte ihm
jeden Abend etwas über ihre Ziele. Norwegen und Schweden mit den wilden Küsten,
Neuseeland mit seiner wunderschönen Landschaft, die Tempel Indiens, die in Lhasa
und China. Er konnte es kaum noch erwarten. Dinge, die er nie zu sehen auch nur
gehofft hatte, würde er nun doch erblicken können. Und anschließend würde er
hierher zurückkehren, in ein richtiges Zuhause, wo sein Vater und sein
Stiefvater auf ihn warten würden, seine Freunde, seine eigene Konditorei. Und
eine bessere Welt.
Sein Dad kämpfte für
magische Geschöpfe, wie ja auch er eines war. Er hatte sogar was Besseres als
Stummelflügel. Wenn er wirklich wollte, wurden sie nämlich groß und er konnte
sie benutzen! Was konnte es nur besseres geben? Sein Vater half Kindern, denen
es ging, wie es ihm gegangen war, die nicht gewollt waren, die Schule war nun
ein wirklich sicherer Ort mit einem netten Direktor, der seine Schüler verstand
und für sie da war, Menschen hatten eine Chance, wirklich etwas zu erreichen und
Dinge, die er nie verstanden hatte, wurden nun erklärt. Es war ein Aufbruch in
eine bessere Zukunft, eine, von der er vor einem halben Jahr nicht mal zu
träumen gewagt hätte. Na ja, er hätte nicht mal gedacht, einen so tollen
Gefährten zu haben, einen Menschen, der ihn so liebte, wie Percy es tat, was er
in jeder Bewegung fühlen konnte, selbst jetzt. Die Hand, die um seine Taille
lag, die Blicke, die der Ältere ihm zuwarf. Oder die Tatsache, dass der Andere,
von Anfang an, immer so besorgt um seine Gesundheit gewesen war. Ihn die letzten
Tage nicht hatte irgendwo hin gehen lassen wollen. Es war nervig und doch auch
der letzte Beweis, wie sehr Percy ihn liebte. Er wusste, er hatte immer einen
Ort, wo er hingehen konnte. Er wurde geliebt.
„Was ist?“, fragte Percy
sanft, als er merkte, wie der Jüngere ihn ansah. So… süß. So, wie er gekuckt
hatte, als er ihn am frühen Morgen mit Sex regelrecht überfallen hatte, etwas,
das Percy zurückgehalten hatte, weil er der festen Ansicht gewesen war, Neveo in
dessen zustand damit zu schaden. Nun, dann war er morgens aufgewacht, hatte nur
noch zusehen können, wie der Jüngere sich auf ihm niedergelassen und ihn eben
mit diesen großen Augen angesehen hatte, bis ihm die Zurückhaltung einfach
abhanden gekommen war und er getan hatte, was Dieser wollte, so oft, dass sein
Kleiner danach wirklich Sitzprobleme gehabt hatte, die vor Allem Severus sehr
amüsiert hatten, während Vater und Sohn denselben, peinlich berührten, roten
Farbton im Gesicht gehabt hatten. Nicht zu vergessen, der zufriedene Ausdruck in
Neveos Gesicht.
„Ich… liebe dich einfach“,
antwortete Neveo, küsste den Älteren und lachte leise, als der ihn rumrollte,
so, dass er mit dem Rücken auf dem Gras lag, der Andere über ihm.
„Merlin, Kleiner“, murmelte
Percy, als er das hörte, wie jedes Mal vollkommen überrumpelt von der Welle an
Liebe und Freude, die bei diesen Worten in ihm hochkam. „Du hast keine Ahnung,
wie viel du mir bedeutest…“ Allein die Vorstellung, dass das ihm fast genommen
worden wäre, war ein einziger Alptraum. Aber er wusste, so war es nicht. Sein
Kleiner war hier, unter ihm, strahlte ihn an, atmete, war da. Ohne Zweifel. Und
er würde dafür sorgen, dass das auch immer so bleiben würde…
The End ..
… or is it?
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